Wer misst eigentlich den Lärmpegel bei Konzerten und Festivals? Augenscheinlich niemand – nicht der Landkreis, nicht die Stadt Leipzig, nicht die Gemeinde Großpösna, auf deren Gebiet die Magdeborner Halbinsel liegt, auf der seit 2010 das Highfield Festival stattfindet. Doch die Halbinsel im Störmthaler See ist kein Schutz gegen den Lärm, der mittlerweile selbst die Bewohner in Lößnig wach hält.

„Auf die Anwohner kann der Lärm erhebliche Auswirkungen haben. Nachdem ich letzte Nacht kaum schlafen konnte, bin ich nicht in der Lage, meiner Tätigkeit nachzugehen. Ich bin nicht bereit, das ungesagt hinzunehmen“, beschreibt einer der Lärmbetroffenen das Problem, das sich natürlich in Hitzetagen wie derzeit verstärkt, weil erst nachts geöffnete Fenster etwas Abkühlung bringen.

Doch dann „rockt“ das „größte Indie-Rock-Festival Ostdeutschlands“ bis in die frühen Morgenstunden um fünf Uhr. „Sie erzeugen mit den nach Leipzig ausgerichteten Bühnen enorme Lautstärken. Selbst bei geschlossenen Fenstern war die Musik (und vor allem Schlagwerk und Bass) in Leipzig Lößnig teilweise noch so laut, dass an guten Schlaf nicht zu denken war. Wäre der Lärm in der Nachbarschaft, würde es sich um klassische Ruhestörung handeln.“

Und dabei wirbt das Festival sogar wie kein anderes mit dem Thema Nachhaltigkeit.

„Die Zukunft beginnt heute – und es liegt in unserer Verantwortung, wie wir unsere Zukunft erleben und auch unseren Kindern und Enkelkindern ein ökologisch, sozial und ökonomisch intaktes Gemeinwesen zu hinterlassen. Denn Nachhaltigkeit beginnt in unserem eigenen Lebensumfeld. Jeder kann und muss seinen Teil dazu beitragen. Ökologische, ökonomische und soziale Zukunftsfähigkeit sind keine Alternativen, sondern gehören zusammen und bedingen einander“, liest man auf der Website. Motto: „Grün rockt.“

Da geht es um Mülltrennung, ökologische Toiletten und Wasserschutz. Letzteres ein Thema, welches das Festival seit den Zeiten am Stausee Hohenfelden bei Erfurt begleitet, wo es 1998 gegründet wurde. Denn dort musste es 2009 seine Zelte abbrechen, „weil es Probleme mit der Verschmutzung der für das Campen und Parken benutzten Felder sowie Störungen des normalen Betriebs des Stauseegeländes gab.“

Richtig zynisch geriet dann freilich ein LVZ-Artikel mit der Überschrift „3 Tage wach“.

Aber wenn das dafür sorgt, dass die Anwohner selbst in weiter entfernten Orten nicht schlafen können, läuft etwas gewaltig falsch. Der LZ-Leser bringt es so auf den Punkt: „Warum sollte ich von Donnerstag, 17.08., 20 Uhr bis Montag, 21.08., 03 Uhr (was für mich mehr als 3 Tage sind) wach sein wollen? Das Programm sieht freitags und samstags jeweils eine Beschallung bis 5 Uhr morgens vor. Ich sehe keinen nachvollziehbaren Grund, warum Anwohner derartige Einschränkungen hinnehmen sollten.

Es handelt sich eben nicht um ein einmaliges Konzertereignis mit einer Länge von 2 bis 4 Stunden, für das ich Verständnis aufbringen kann. Ich stelle grundsätzlich infrage, ob es tagelange Open-Air-Ereignisse zum Schaden von Mensch und Natur geben muss.“

Sodass jetzt für das Highfield wieder eine elementare Frage auf der Tagesordnung steht: Wird der Lärm jetzt zum Problem? Oder ist es gar der Standort, der eben nicht in der Einöde liegt?

Denn zur Nachhaltigkeit gehört nun einmal auch, dass man Rücksicht auf die Anwohner nimmt. Und wenn das eben nur bedeutet, dass die für die Akustik verantwortlichen Techniker den Lärm auf ein erträgliches Maß dimmen. Oder ihre Anlagen so beherrschen, dass nur das Festivalgelände beschallt wird und nicht auch noch ein Großteil der Landschaft drumherum.

Update, 20. August: Auf Nachfrage teilt das Highfield mit: “Selbstverständlich hat das Highfield ein Immissionsschutzkonzept, das seit Jahren vorliegt und bewährt fortgeführt wird.

Alle Normen vor Ort werden selbstredend eingehalten (siehe DIN 15905-5). All unsere Bühnen werden darüber hinaus mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde eingepegelt. Zudem ist ein Messingenieur dauerhaft vor Ort, der mögliche Lärmimmissionen an Anwohnendenpunkten misst und in stetigem Austausch mit unserer Bühnenproduktion ist. Unsere Acts haben auf unser Immissionsschutzkonzept und die entsprechenden Vorgaben keinerlei Einfluss.”

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Es gibt 3 Kommentare

Nachtrag:
Das Gelände gehört größtenteils der Gemeinde, die Einnahmen aus der Vermietung landen dort. Interessenkonflikte? Neiiin!
Das dafür 65 ha Wald und entstehender Wald gerodet wurden – so what.
Die Felder auf den die PKW stehen, gehören der Argrargenossenschaft Pötzschau. Denen es offensichtlich völlig egal ist, womit ihre Früchte gedüngt werden, Hauptsache die Kasse klingelt.

Zum die “Umwelt” betreffenden Lärm hätte “Politik” nicht besser “antworten” können. Wobei “Antwort” die falsche Beschreibung ist, es ist vielmehr eine Verhöhnung. Aber Veranstalter und Politik und Verwaltung verstehen sich sicher bestens. Zur angeführten DIN eine kurze Erläuterung:
https://www.production-partner.de/story/10-jahre-din-15905-5/
Mir ist es scheißegal, ob dem Publikum das Trommelfell wegfliegt und vor allem: es war nicht das Thema und sagt vor allem nichts zu Dauer und Uhrzeit.

The same procedure as every year…
Die Zivilisation endet offensichtlich am Ortseingang Großpösna. Wobei die dort im Gegensatz zu den Seeanliegern von dem Radau nichts mitbekommen. Wir (Dreiskau-Muckern) dürfen uns den Fluglärm, den Lärm von der S 242 (der nach der Eröffnung der Autobahn noch zugenommen hat), der rechtswidrig betriebenen Motocross-Strecke zumüllen lassen und bekommen on top das Scheiß-Highfield. (wenn man sich darauf verständigt, daß man sich über Geschmack nicht streiten kann, geht es nur um Frequenzen und Lautstärke – und die sind “scheiß”laut).
In der Zivilisation ist 22 Uhr Schluß. Und das ist schon unerträglich. Geschweige denn, in der Nacht. Gegen Bässe kann man sich nicht wehren. Die dröhnen durch jedes Mauerwerk.
In Großpösna hat Lantzsch (ehemalige Bürgermeisterin) erklärt, daß ihr die Forderungen der Bürger wurscht sind. Ihr ehemaliger Adlatus und Nachfolger macht natürlich so weiter. Wem es nicht paßt, der kann doch klagen.
Nein, 96 (!) Stunden nervtötender Lärm können nirgends zulässig sein. Das ist rücksichtslos, egozentrisch und unzivilisiert von den Teilnehmenden (egal ob auf oder vor der Bühne) und einfach menschenverachtend. (Ich meine das tatsächlich so, denn Lärm macht krank.)
Tja und LVZ – was soll man sagen… Als die M-Klasse an gleichem Ort (wie passend) weltweit vorgestellt wurde, jubelte “die Region (so wie heute” die Region” über Motorboote auf den Seen jubelt) und die LVZ applaudierte:”Den Lärm und den Dreck muß man hautnah erleben” – gleichsam wie heute….

Moinsen, die Musik schallte in der Tat bis zu uns, wir wohnen Nähe Wasserwerk in Stötteritz . Und das war das erste Mal, dass wir vom Highfield hier etwas gehört haben. Ich meine, dass man sich erst wieder an solche Geräuschpegel gewöhnen muss, während Corona war es ja sehr still . Rund um das Völkerschlachtdenkmal finden zahlreiche Veranstaltungen statt, auch die Spiele im Bruno-Plache-Stadion haben einen Geräuschpegel. Insgesamt empfinde ich den Lärm, der durch die PKWs bei An- und Abreise verursacht wird und die teilweisen lautstarken Unterhaltungen als störender.

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