Peter K. (47) ist sich bewusst, dass er Hilfe braucht. Mit einem Urteil des Landgerichts Leipzig vom Donnerstag bekommt er sie jetzt in einer psychiatrischen Klinik. Der 47-Jährige hatte im Dezember 2014 seinen Vermieter bei einem Streit um die Rückzahlung von Nebenkosten mit einem Messer angegriffen. Die Staatsanwaltschaft Leipzig legte ihm versuchten Totschlag zur Last.

Auf den ersten Blick wirkte Peter K. am 22. Dezember 2014 noch relativ normal. Die Polizei wurde durch seinen Vermieter Fred R. (40) gerufen, weil es eine Auseinandersetzung mit K. gegeben hatte. Wegen einer Nebenkostenrückerstattung war man aneinandergeraten.

Fred R. hatte seit fast einem halben Jahr festgestellt, dass K. immer aggressiver wurde. Bis hin zur Todesdrohung hatte sich das Verhalten hochgeschaukelt. Ihm war bekannt, dass sein langjähriger Freund an Schizophrenie leidet. Wohl auch deshalb hatte er beim Verlassen und Betreten des Hauses sein Telefon öfters auf Aufnahme geschaltet.

Am Donnerstag verlas der Vorsitzende Richter der 1. Strafkammer, Hans Jagenlauf, ein verschriftlichtes Protokoll einer Aufnahme, die am 22. Dezember erstanden ist. „Gib’s mir in bar“, forderte Peter K. immer wieder in aggressivem Ton. „Du bist wohl nicht ganz dicht“, schallte es von Fred R. zurück. „Mit einem Messer!“, schrie er kurze Zeit später entsetzt auf. Nachdem Peter K. in Richtung des Halses seines Gegenübers gestochen hatte und dieser sich knapp wegdrehen konnte, floh R. in die Wohnung seines Vaters und rief die Polizei, was noch auf der Aufnahme zu hören war.

Die herbeigerufenen Beamten befragten beide. Schnell stellte man fest, dass mit K. etwas nicht in Ordnung war. Er äußerte, dass er mehrere Milliarden alt sei und von einem anderen Planeten stamme, so ein Beamter. Die Polizisten erklärten ihm die Festnahme. Der Angeklagte fasste sich gegen den Kopf, als seine damaligen Aussagen geschildert wurden.

Den gleichen verwirrten Eindruck erhielt die Kriminalkommissarin Karina H. (43). Sie sollte am Tatort die Spurensicherung übernehmen und anschließend den Beschuldigten befragen. Gemeinsam mit einem Arzt wollte sie den Zustand und die Aussagen des Beschuldigten aufnehmen. „Wir haben uns entschieden, einen Arzt hinzuzuholen, um die Gewahrsamsfähigkeit zu prüfen“, kamen beiden schnell zum Schluss.

„Haben sie nicht den eingestürzten Planeten in meiner Wohnung gesehen“, fragte er bei der ersten Begutachtung beispielsweise die Beamtin. Gegen die Maßnahme wehrte sich der Angeklagte damals nicht und war kooperativ. „Den klassischen Aufforderungen folgte er ganz normal.“

Matthias W. (34) betreute K. in der psychiatrischen Abteilung im Sächsischen Krankenhaus Arnsdorf bei Dresden seit seiner Festnahme. Er schilderte die Eindrücke aus seiner Arbeit mit dem Angeklagten.

„Durch die Medikamentenumstellung haben wir den Druck von ihm genommen“, schilderte der Mediziner. Zuvor hatte K. Suizidgedanken geäußert, weil er sich von Geistern verfolgt fühlte. „Wenn er nicht tue, was sie ihm sagen, sterben Menschen“, gab W. die Ängste seines Patienten wieder.

„Die Halluzination ist so intensiv“, führte er zum Genesungsweg einer so schweren psychischen Störung aus, „dass es schwierig für ihn ist, sie infrage zu stellen.“ Fast zehn Jahre lebte K. in dieser verdrehten Wirklichkeit, die sein aggressives Verhalten verursachte und damit eine Gefährdung für Menschen darstellte.

„Die Medikamente schlagen an.“ Aus geistiger Sicht zog der Psychologe allerdings eine negative Prognose. „Dass er sich intensiv mit der Erkrankung befasst, sehe ich nicht.“

Die 1. Strafkammer fand nicht genügend Argumente, damit K. wieder auf freien Fuß gesetzt werden konnte. Eine Haftstrafe musste er nicht erwarten, weil er das versuchte Tötungsdelikt aufgrund seiner psychischen Erkrankung im Zustand der Schuldunfähigkeit beging. Das Gericht erlegte Peter K. daher eine Maßregel auf.

Durch den Entschluss des Gerichts sei dem Angeklagten ein stationärer Aufenthalt aufzuerlegen, somit werde ein entsprechender Therapieplan möglich. Eine vollkommene Freizügigkeit schätze er allerdings als abwegig ein. „Wir sehen einen Betreuungsbedarf.“

Seine Mutter, die der Verhandlung beiwohnte, äußerte nur einen Wunsch: Er solle nicht in Dresden bleiben. „Wenn er dort bleibt, sehe ich ihn Jahre nicht.“

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