Mit Peter K. (47) ging es mehrere Jahre kontinuierlich bergab. Die Auswirkungen seines psychischen Verfalls durften die Hausbewohner erfahren, die mit ihm lebten. K.'s Stimmung wurde immer aggressiver und führte im Dezember 2014 zu einem Messerangriff auf seinen Vermieter. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm deswegen versuchten Totschlag vor. Am Freitag äußerten sich der Angeklagte und Zeugen zu seinem Zustand am Landgericht Leipzig.

Vermieter Fred R. (40) erkannte seinen langjährigen Bekannten Peter K. nicht mehr wieder. Im Dezember 2014 war er mit ihm wegen einer Rückzahlung von Nebenkosten in Streit geraten.

„Ich kenne ihn schon ziemlich lange“, bemerkte R. und erzählte im Zeugenstand des Landgerichts Leipzig am Freitag viel über K.’s Lebensgeschichte. Zu DDR-Zeiten arbeiteten sie zusammen bei der Bahn. Nach der Wende lebte man sich auseinander, bis dann 1997 Peter K. zusammen mit seiner Familie in das Haus des Arbeitskollegen einzog.

„Die Probleme haben begonnen, als seine Ehe in die Knie gegangen ist“, konnte sich der Vermieter erinnern. Grund dafür war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Bahn im Zuge der Umstrukturierungen nach der Wende. „Anfang 2004 hat er versucht, sich das Leben zu nehmen.“

„Es ist ein Auf und Ab“, berichtete der 40-Jährige vom geistigen Zustand, der sich über einen langen Zeitraum weiter verschlechterte. Ein Psychopharmakon auf das nächste folgte. Wegen der abflauenden Wirkung und der Nebenwirkungen waren die Ärzte irgendwann am Ende, so der Zeuge. „Es ging so bis 2012.“

„Dann wurde es so richtig schlimm“, erinnerte er sich an diverse Geschichten. „Das Auto stand quer auf dem Gehweg“, schilderte der Vermieter einen Vorfall. „Das Auto ist runtergefallen“, meinte K. damals nur zu ihm. „Da wusste ich, dass ich mit ihm nicht mehr reden kann.“

Nicht nur geistig ging es ihm schlechter, sondern auch körperlich. „Er war in einem furchtbaren Zustand.“ 2012 wies sich K. nach einem erneuten Zusammenbruch selbst ein. Als er wieder entlassen wurde bekam er Betreuer, die nach Fred R.’s Meinung ihren Schützling vernachlässigt hätten.

So kam es auch zu dem Streit über eine Nebenkostenrückzahlung. K. war der Meinung, sie in bar zu bekommen, wie es die Jahre zuvor immer geschah. R. hingegen überwies das Geld an das angegebene Konto der Betreuer. Schon Wochen zuvor war man in Streit geraten und die aggressiven Tendenzen von K. wurden immer bedenklicher.

„Ich will das Geld“, habe ihn dann der Angeklagte am 22. Dezember 2014 angeschrien und an den Schultern gepackt. Der Angegriffene kam los. „Ich sah in der anderen Hand das Messer.“ Dann drehte er sich noch rechtzeitig weg und floh in die Wohnung des Vaters.

„Es fehlten nur Millimeter“, stellte er im Gerichtssaal fest. Zunächst dachte er, K. hätte in die Luft gestochen. Herbeigerufene Polizeibeamte fragten genauer nach. Bei der Überprüfung der Kleidung stellte man Schnitte durch einen getragenen Mantel und am Pullover fest. „Wenn ich nicht reagiert hätte, würde ich heute nicht mehr hier sitzen.“

„Es ist ein ganz anderer Mensch“, wusste K.’s Schwester Antje K. (39) ebenfalls zu berichten. Bei den angeklagten Vorfällen war sie nicht anwesend. Im Zeugenstand sagte sie über die Entwicklung ihres Bruders aus. „Er hat Stimmen gehört und auch mit ihnen geredet.“

Aufgrund ihrer Kinder hatte sie nur wenig Zeit für ihn, seine Krankheit belastete die Beziehung. „2004 ist die Krankheit aufgetreten“, verortete sie die psychische Verschlechterung durch die Eheprobleme und anschließende Trennung.

„Herr K. ist es völlig bewusst, dass er eine psychische Störung hat. Er braucht Hilfe“, ließ der Angeklagte über seinen Anwalt Malte Heise zu seiner Einlassung zur Sache erklären. Zu den Vorfällen selbst kann er nicht beitragen. „Er weiß davon nichts.“

Im Verfahren wird es weiter darum gehen, welche Gefahr vom Angeklagten für die Allgemeinheit ausgeht und inwieweit diese durch eine medizinische Behandlung ausgeräumt werden kann. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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