Deutschlandweit ist die Anzahl der von der Polizei registrierten Straftaten gesunken. In Sachsen ist sie gesunken. Und auch in der Polizeidirektion Leipzig sind die Fallzahlen – trotz Bevölkerungswachstum – deutlich zurückgegangen: von 105.907 auf 98.754 Fälle, in Leipzig selbst von 79.383 auf 72.045. Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze hat zumindest versucht zu erklären, woran das liegen könnte.

„Die für 2018 vorliegende Polizeiliche Kriminalstatistik weist mit 98.754 Fällen nicht nur den niedrigsten Stand der letzten Jahre aus, sondern lässt auch einen insgesamt rückläufigen Trend erkennen. Dies und die angestiegene Aufklärungsquote sind angesichts einer stetigen Bevölkerungszunahme, welche grundsätzlich eine andere Entwicklung der Kriminalitätslage erwarten ließe, besonders positiv zu bewertende Fakten“, sagte er am Freitag, 5. April.

Und dann wurde er ein bisschen theoretisch: „Die in der Vergangenheit vorgenommenen Änderungen der inhaltlichen Befassung zu Straftaten, beispielsweise die weitgehend gebündelte Bearbeitung eines Tatverdächtigen bei einem Sachbearbeiter, der verstärkte Rückgriff auf Auswertungsmöglichkeiten oder die auch mit Hilfsangeboten unterlegte Fokussierung auf jugendliche und erwachsene Intensivtäter, scheinen ebenso zu greifen, wie es für die Vernetzung und Kooperation mit externen Partnern sowie Schritte der Justiz gilt. Denn die aus beschleunigten Verfahren und der vehementeren Verfolgung von Bagatellkriminalität erwachsende Abschreckung wirkt sich nicht minder auf polizeiliche Präsenz, Auftragsdichte und Interventionszeiten aus, als es der personell-zeitliche Ausbau kommunaler Ordnungsdienste oder die mit Industrie, Handwerk, ÖPNV oder Kommunalebene erarbeiteten und gelebten Maßnahmen der Kriminalprävention tun.“

Da sind, wie man liest, mit ihm die Pferde textlich ein bisschen durchgegangen. Aber man kann nicht überlesen, dass sich Leipzigs Polizei schon viel früher systematisch um die Bagatellstraftaten gekümmert hat, für die der Sächsische Generalstaatsanwalt erst eine Rundverfügung verfassen musste. Denn da viele kleine Straftaten – insbesondere im Diebstahlsbereich – oft auf eine kleine Zahl Tatverdächtiger entfallen, macht es natürlich Sinn, die Bearbeitung bei einem Sachbearbeiter zu bündeln.

Entwicklung der Fallzahlen bei Diebstahl insgesamt. Grafik: Polizeidirektion Leipzig
Entwicklung der Fallzahlen bei Diebstahl insgesamt. Grafik: Polizeidirektion Leipzig

Das Ergebnis ist direkt in der 2018er-Statistik ablesbar (in der 2017er eigentlich auch schon), denn vor allem die Zahl der registrierten Diebstähle ging deutlich zurück: um satte 6.040 Fälle, was schon fast den kompletten Rückgang der Fallzahlen beschreibt.

Darin steckt dann im Speziellen der Rückgang von Ladendiebstählen um 1.536, der von Boden-und-Keller-Einbrüchen um 1.616 Fälle oder auch der von Fahrraddiebstählen um 1.246. Alles typische Fälle von Beschaffungskriminalität, die im Wesentlichen von der Armut der Diebe erzählen oder von ihrer Drogenabhängigkeit. Hier ist dann eine gut organisierte Prävention gefragt.

Weshalb Torsten Schultze auch extra betonte: „Wenngleich die Polizei in diesen Belangen stets maßgeblich mitwirkt, sind sinkende Fallzahlen dennoch kein allein ihr zuzuschreibender Verdienst. Ich bedanke mich daher herzlich bei allen Partnern, die sich in die regionale Sicherheitsarchitektur einbringen. Letztlich bleiben die objektive Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsgefühl auch künftig stark von diesem Engagement abhängig.“

Aber Leipzig hat damit erst wieder das Fallzahlenniveau erreicht, das vor dem massiven Anstieg der Zahlen in den vergangenen fünf Jahren typisch war.

Entwicklung der Fallzahlen bei einzelnen Arten von Diebstahl. Grafik: Polizeidirektion Leipzig
Entwicklung der Fallzahlen bei einzelnen Arten von Diebstahl. Grafik: Polizeidirektion Leipzig

Ob man so ein Niveau in einer florierenden Großstadt dauerhaft behalten möchte, ist die Frage.

Torsten Schultze jedenfalls will es lieber weiter senken: „Auch wenn die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik ein Stück weit optimistisch stimmen, stellen sie kein Ruhekissen dar – das Gesamtniveau ist weiterhin sehr hoch. Außerdem stehen quantitativen Schwerpunkten, gerade der Eigentumskriminalität, qualitative, weil das Sicherheitsempfinden besonders beeinträchtigende Delikte, der Gewaltkriminalität gegenüber. Daraus erwachsen insgesamt das Erfordernis und der Ansporn, den eingeschlagenen Weg konsequent und unter konzeptionell-strategischer Ausrichtung weiter zu verfolgen. Hierfür spielt selbstredend auch der ab diesem Jahr spürbar werdende und in naher Zukunft noch deutlicher ausfallende Personalzuwachs eine tragende Rolle.“

Und so betont die Polizeidirektion Leipzig denn auch: „Auch regional entwickelte sich die Eigentumskriminalität insgesamt rückläufig: Die abnehmenden Fallzahlen entfielen zum größeren Teil auf die Kreisfreie Stadt Leipzig (-6.040 Fälle), aber auch auf die Landkreise Nordsachsen (-108 Fälle) und Leipzig (-611 Fälle).“

Und wie sieht es mit den Tatverdächtigen aus? – „Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig wurden im vergangenen Jahr 30.322 Tatverdächtige und damit 460 weniger als im Jahr 2017 ermittelt. Die Anzahl nichtdeutscher Tatverdächtiger betrug 8.802 und mithin 90 (+1,0 Prozent) mehr als im Vorjahreszeitraum. Hiervon wurden 2.991 nichtdeutsche Tatverdächtige wegen ausländerrechtlicher Delikte registriert (Vorjahr: 2.948).“

Die Grafiken zur Leipziger Kriminalstatistik.

Sinkende Fallzahlen und berechtigte Kritik an einer Verschärfung des Polizeigesetzes

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