Das Amtsgericht Borna hatte im vergangenen April zwei Aktivist/-innen freigesprochen, die bei der Anreise zum Klimacamp in Pödelwitz über Mibrag-Gelände gefahren waren. Die Staatsanwaltschaft bewertet das Geschehen jedoch weiter als Hausfriedensbruch. Am Landgericht Leipzig ist deshalb am Dienstag, den 14. Januar, der Berufungsprozess gestartet.

Klimaaktivist/-innen sehen sich immer wieder mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil sie beispielsweise Kohlebagger besetzen oder unerlaubt einen Tagebau betreten. Doch auch eine Fahrradfahrt zu einem Klimacamp kann bereits zu einer Anzeige führen. Diese Erfahrung mussten im August 2018 mehrere Personen machen.

Zwei von ihnen – die 41-jährige Petra Bohm* und der 48-jährige Maik Jäger* – waren am 4. August 2018 auf dem Weg zum Klimacamp in Pödelwitz bei Leipzig. Dabei fuhren sie auch über das Gelände der Braunkohlengesellschaft Mibrag. Diese erstattete daraufhin Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Das Amtsgericht Borna hatte die beiden Angeklagten im April vergangenen Jahres freigesprochen. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass sie das Gelände irrtümlich betreten hätten, argumentierte das Gericht. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen dieses Urteil ein, sodass es nun am Landgericht Leipzig zu einem erneuten Prozess kam.

Google Maps irrte wohl

Die Angeklagten schilderten am Dienstag, den 14. Januar, dass sie die Anreise mit Google Maps geplant hätten – und dieses die Route offenbar mitten durch das Mibrag-Gelände gelegt habe. Zudem sei vor Ort der Zaun teilweise offen gewesen.

Für Richterin Gabriele Plewnia-Schmidt war entscheidend, ob die Aktivist/-innen wussten beziehungsweise wissen konnten, dass sie das Gelände nicht betreten dürfen. Doch diese Frage ließ sich aus ihrer Sicht am ersten Verhandlungstag nicht klären.

Klimacamp in Pödelwitz im August 2018. Foto: L-IZ.de
Klimacamp in Pödelwitz im August 2018. Foto: L-IZ.de

So konnte ein Mibrag-Mitarbeiter, der als Zeuge aussagte, keine exakten Angaben dazu machen, wo genau sich entsprechende Hinweisschilder befinden. Diese seien im Abstand von etwa 100 bis 150 Metern aufgestellt.

Laut einem Polizisten hatten die Angeklagten bei der Identitätsfeststellung gesagt, dass sie über einen heruntergetretenen Zaun auf das Gelände gekommen seien. „Das haben wir definitiv nicht gesagt“, entgegnete Jäger. „Es ist unglaublich, dass sich jemand so etwas ausdenkt. Das hat nichts mit einem Rechtsstaat zu tun.“

Tagebauleiter soll helfen

Das Gericht möchte nun den Tagebauleiter als Zeugen laden. Von diesem erhofft sich insbesondere die Staatsanwaltschaft nähere Angaben zu dem Gelände und dessen Umzäunung. Der Vertreter der Behörde sagte, dass es ihm vor allem darum gehe, grundsätzlich zu klären, ob es sich bei solchen Vorgängen um Hausfriedensbruch handelt. Schließlich habe es nach dem ursprünglichen Freispruch am Amtsgericht irreführende Aussagen gegeben, dass so etwas erlaubt sei.

Das Klimacamp hatte 2019 auf die juristischen Auseinandersetzungen reagiert und auf seiner Homepage explizit darauf hingewiesen, nicht Google Maps für die Anreise zu nutzen. Im vergangenen Jahr gab es mehrere Verfahren in dieser Sache, die teilweise mit Einstellungen endeten. Der Berufungsprozess am Landgericht soll Anfang Februar fortgesetzt werden.

*Namen geändert

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