Die Dorfgemeinschaft aus dem vorm Braunkohletagebau geretteten Pödelwitz, offiziell einem Ortsteil von Groitzsch, will sich nicht damit abfinden, dass 80 Prozent des Dorfes noch über Jahre als trostlose leere Hülle in der Gegend stehen. Umso seltsamer wirkte dann der Beitrag, der in der LVZ am 16. April unter dem Titel „Pödelwitz, Kretschmer will Neubeginn erst in den 2030ern“ zu lesen war. Anlass waren wieder einmal sehr eigensinnige Aussagen von Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Für den Verein Pödelwitz hat Zukunft e.V. waren Kretschmers Aussagen wie Botschaften aus einer anderen, längst vergangenen Welt. Denn Sinn ergibt es aus Sicht des Vereins überhaupt nicht, die Rettung des Dorfes um Jahrzehnte zu verschieben.

Aus Sicht des Vereins ist Pödelwitz lebenswert und die leer stehenden Häuser sollten vor dem Verfall bewahrt werden und konzept-gebunden für eine zukunftsorientierte Wiederbesiedlung des Ortes freigegeben werden. Vorschläge, wie das gehen könnte, liegen auf dem Tisch.

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Das Statement des Vereins Pödelwitz hat Zukunft e.V.

In dem am 16. April 2024 veröffentlichten Artikel der LVZ konnten wir lesen: „Pödelwitz wird wieder leben und ein wunderschöner Ort am Wasser sein. Aber das wird erst mit Ende des Tagebaus in den 2030er-Jahren sein“. Die LVZ ergänzte: „Für Ministerpräsident Kretschmer ist Pödelwitz derzeit allerdings kein lebenswerter Ort“.

Das bedeutet, der Tagebau Schleenhain wurde besucht und dort wurde über die Zukunft von Pödelwitz nachgedacht. Dabei wurde über dessen mangelnde Lebenswürdigkeit berichtet. Pödelwitz selbst wurde nicht besucht und auch mit uns, der Dorfgemeinschaft, wurde nicht gesprochen.

Dächer von Pödelwitz. Foto: Sabine Eicker
Die Dächer von Pödelwitz. Foto: Sabine Eicker

Im Dorf leben ca. 35 Menschen, darunter auch neu Hinzugezogene. Pödelwitz ist so lebenswert, dass sich die Dorfgemeinschaft seit mittlerweile über zehn Jahren für den Erhalt und die Dorfentwicklung einsetzt. Bei einer ersten Veranstaltung im Jahr 2021 haben knapp 100 Menschen bekundigt, dass sie Interesse hätten, nach Pödelwitz zu ziehen und die von der Dorfgemeinschaft angestrebten Visionen zu verwirklichen.

Die immer mehr werdenden Besuchenden – z.B. zu den monatlichen Veranstaltungen im Dorf und bei unseren Dorffesten – und die vielen Wohninteressierten zeigen, dass der Wunsch Pödelwitz zu erleben, hier zu wohnen und das Dorf zu einem zukunftsfähigen gemeinwohlorienten Modelldorf zu entwickeln, vorhanden und stark ist. Die einzige Hürde: die Eigentumsverhältnisse der MIBRAG, welche die Gebäude derzeit verfallen lässt. Die
erste Scheune ist vor zwei Jahren zusammen gefallen, weiterer Verfall ist allgegenwärtig.

Bis in die 2030er zu warten heißt, das Dorf zu zerstören.

Seit längerer Zeit fordert die Dorfgemeinschaft: Die Eigentumsverhältnisse sind im Sinne des Gemeinwohls aufzulösen, etwa mittels Überführung in eine Stiftung oder in eine gemeinwohlorientierte Genossenschaft.

Nora Mittelstädt, hinzugezogene Dorfbewohnerin, fragt sich: „Warum nehmen wir momentan als Dorfgemeinschaft an einem Verfahren der KommStEG zur Wiederbelebung des Dorfes teil (gefördert über STARK), wenn gleichzeitig die Wiederbelebung erst für 2030 in Aussicht gestellt und der Ort bis dahin als nicht lebenswert betitelt wird?“

Jens Hausner, langjähriger Dorfbewohner, merkt an: „Die Flutung des Sees Peres wird laut MIBRAG (Informationsveranstaltung 19.04.21, Neukieritzsch) in den Jahren 2039–2050 stattfinden, was bedeutet, dass es für die nächsten 25 Jahre keinen tatsächlichen See neben dem Ort geben wird. Laut Regionalem Planungsverband Westsachsen ist momentan auch unklar, woher das Wasser für eine Flutung in der geplanten Größe überhaupt bezogen werden soll.

Die geäußerten Sätze von Ministerpräsident Kretschmer erinnern uns an die Worte, mit denen die Umsiedlung von Pödelwitz vorangebracht wurde. Treibend dahinter die MIBRAG, bzw. deren Hauptanteilseigner der Großinvestor EPH, welcher neben immensem Kapital im Gasbereich die gesamte Braunkohlesparte Ostdeutschlands besitzt.“

Uns führt die Erinnerung weiter: Nach seiner Zeit als Ministerpräsident von Sachsen und der Amtsübergabe an CDU-Parteigenosse Michael Kretschmer, ist Stanislaw Tillich in den Aufsichtsrat der MIBRAG gewechselt und amtiert dort bis heute als Vorsitzender.

Wir fragen uns daher: Wenn die Dorfgemeinschaft also nicht besucht wurde, wer wurde denn besucht? Welche Abstimmungen finden mit der MIBRAG bzw. EPH statt? Wie kommt es zu solchen Aussagen?

Wir, die Dorfgemeinschaft von Pödelwitz, möchten in die Pläne um unser Dorf und unser Leben mit einbezogen werden und finden den Ort schon jetzt sehr lebenswert.

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