Es geht schnell, ein Dorf auf eine Abrissliste zu setzen und damit das Leben im Dorf an der Tagebaukante zum Erliegen zu bringen. Aber es dauert lange, so einen Stillstand wieder aufzulösen. Das ist auch in Pödelwitz so, das zwar seit 2021 gerettet ist. Aber viele Bewohner sind weggezogen, haben ihre historischen Gehöfte an die Mibrag verkauft. Die stehe bis heute leer. Der Ort braucht neue Impulse, um wieder zu richtigem Dorfleben zu erwachen.

Und dabei hat der Kampf um den Erhalt des Dorfes schon lange genug gedauert: „Pödelwitz bleibt!“ musste über zwölf Jahre lang eine Forderung bleiben. Am 21. Januar 2021 dann teilte das sächsische Wirtschaftsministerium mit, dass das Bergbauunternehmen Mibrag die Kohle unter dem Dorf Pödelwitz nicht abbauen wird.

Seither ist Pödelwitz Symbolort dessen, was gemeinsames Engagement bewegen kann. Für die Bewohnerschaft und Engagierte ist es ein großer Erfolg, dass das Dorf mit seinen rund 40 Häusern und Höfen nicht dem Braunkohletagebau weichen muss.

80 Prozent Leerstand

Da ein Großteil der Dorfgemeinschaft bereits umgesiedelt worden ist, verblieb zum Zeitpunkt des Erhaltes ein Dorf mit 80 Prozent Leerstand. Diese Lücken will der Verein Pödelwitz hat Zukunft e.V. gemeinsam mit der Bewohnerschaft mit sozial und ökologisch nachhaltigen Ideen füllen. Es soll ein „Dorf der kurzen Wege“ entstehen; ein Dorf, das von der Dorfgemeinschaft und für die Dorfgemeinschaft gestaltet wird.

Auch der Verein Pödelwitz hat Zukunft e.V. nähert sich dem dritten Geburtstag nach Vereinsgründung. Jens Hausner, der im Dorf trotz aller Umsiedlungspläne ausgeharrt hat, sagt: „Für uns ist das dreijährige Jubiläum des Erhaltes von Pödelwitz ein Moment zum Feiern. Die Kohle bleibt im Boden, die über 700 Jahre alte Dorfstruktur bleibt erhalten. Jetzt ist es an uns, ein enkeltaugliches Dorf für die nächsten 700 Jahre zu schaffen.“

Mit vielen Veranstaltungen und Projekten lässt der Verein die Visionen schon heute lebendig werden. Eine Blühwiese ist entstanden, ein Dorfkräutergarten, Obst und Nussbaumpflanzungen für ein „essbares Dorf“, ein gemeinschaftlich getragenes Dorfzentrum, einen Raum des Verschenkens von nicht mehr benötigten Dingen, die weitergenutzt werden können. Aktivitäten wie Konzerte, Kuchensonntage, Führungen, Filmabende oder ein Erntedankfest bringen viele Menschen nach Pödelwitz.

Das „Geisterdorf“ lädt zum Träumen ein, wie ein Pödelwitz von morgen aussehen könne. Im Miteinander entstehen lebendige Konzepte, die sich in bestehende regionale Strukturen einweben.

Die Rettung des Dorfes drängt

Seit dem vergangenen Jahr findet das Beteiligungsverfahren zur Wiederbesiedelung des Dorfes statt. Die Bewohnerschaft, der Verein PhZ e.V. und viele regionale Akteure und Entscheidungsträger sind Teil dessen. Im Zuge dessen soll ein Dorfentwicklungskonzept unter Berücksichtigung aller Beteiligten entstehen. Der Verein begrüßt die Entwicklungen, betont aber auch im gleichen Zuge die Notwendigkeit einer baldigen Wiederbelebung.

Denn leider ist die Gefährdung der zahlreichen kulturhistorisch wertvollen Gebäude durch Leerstand und fehlende Instandhaltung in Pödelwitz augenscheinlich. Viele (auch teilweise denkmalgeschützte) Gebäude haben beschädigte Fallrohre, fehlende Dachziegel oder offenliegende Fassaden.

„Die Gebäude sind in vielerlei Hinsicht eine wertvolle Ressource, die auf keinen Fall weiter, und schon gar nicht bis zur planmäßigen Beendigung des Tagesbaus 2035, ungenutzt bleiben und damit zerstört werden darf“, sagt Kea Weber.

„Besonders die alten Fachwerkhäuser müssen zeitnah bewohnt werden. Der fortschreitende Zerfall der Häuser kann den eigentlichen ‚Erhalt‘ des Dorfes wieder kippen. Darüber hinaus bietet die sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Wiederbelebung eine fast einmalige Chance, eine resiliente Dorfgemeinschaft mit Modellcharakter zu schaffen! Jetzt ist der Moment, den Erhalt mit der Wiederbelebung des Dorfes wirklich konsequent umzusetzen.“

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