Bittere Pille für Sachsens Gastronomen. Das Oberlandesgericht urteilte am Dienstag, dass eine Betriebsschließungsversicherung nicht für coronabedingte Umsatzeinbußen zahlen muss. Den Versicherungsbedingungen sei nicht zu entnehmen, dass über die dort ausdrücklich aufgeführten Krankheiten und Erreger hinaus Versicherungsschutz auch für COVID-19 versprochen worden sei.

Der Kläger betreibt ein Restaurant in der Dresdner Innenstadt. Aufgrund der behördlichen Allgemeinverfügungen und Verordnungen zum Schutz vor COVID-19 musste er die Gaststätte während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 schließen. Gestattet war ihm ausschließlich der Außer-Haus-Verkauf. Für just so ein Worst-Case-Szenario hatte der Wirt bereits 2018 eine Versicherung abgeschlossen. Die weigerte sich, ihm den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Die Begründung klingt kurios: Betriebsschließungen durch das neuartige Virus seien nicht vom Versicherungsumfang gedeckt. Zwar verwiesen die Versicherungsbedingungen auf jene Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes, auf die die Behörden die Betriebsschließung angeordnet hatten. Sie benannten auch eine Reihe von Krankheitserregern. Das neuartige Coronavirus war freilich nicht aufgeführt. Es wurde schließlich erst Ende 2019 entdeckt.Das Landgericht wies die Klage erstinstanzlich ab. Bei einer Auslegung der Versicherungsbedingungen am Maßstab eines vernünftigen Versicherungsnehmers könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte auch für auf einer Allgemeinverfügung beruhende Betriebsschließungen infolge der Corona-Pandemie einstehen wollte.

Das Oberlandesgericht kam zu einer differenzierten Auffassung. Zwar sei zwar die streitgegenständliche Versicherung nicht auf Betriebsschließungen beschränkt, die ihren Ausgangspunkt in dem versicherten Betrieb hätten.

Vielmehr verspreche sie auch Schutz vor einer Pandemie und den damit einhergehenden großflächigen Schließungen der gesamten Gastronomie. Den hier maßgeblichen Versicherungsbedingungen sei aber nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass über die dort ausdrücklich aufgeführten Krankheiten und Erreger hinaus Versicherungsschutz auch für Covid-19 versprochen worden sei.

Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Nennung von Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes bedeute, dass auch alle nach Vertragsschluss in dieses Gesetz aufgenommenen Krankheiten und Erreger vom Versicherungsschutz umfasst seien.

Angesichts dessen könne offenbleiben, ob eine den Versicherungsfall auslösende Betriebsschließung begrifflich überhaupt vorgelegen habe, obwohl nur der stationäre Restaurantbetrieb untersagt worden, ein Außer-Haus-Verkauf aber weiterhin möglich gewesen sei.

Das letzte Wort ist mit dem Dresdner Urteil mutmaßlich noch nicht gesprochen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Fragen für zahlreiche Versicherungsverträge hat das Gericht die Revision zugelassen. Die Dresdner Entscheidung reiht sich ein in eine Reihe abschlägiger Urteile verschiedener Oberlandesgerichte. Dass sich der Bundesgerichtshof demnächst mit der Thematik befassen wird, gilt als ausgemacht.

OLG Dresden, Urteil vom 08.06.2021, 4 U 61/21.

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