Am zweiten Verhandlungstag um bandenmäßigen Drogenhandel in Colditz sagten nun auch die zwei mitangeklagten Söhne des Verdächtigen Ralf N. (67) aus. Andreas N. (38) und sein jüngerer Bruder Uwe (35) räumten ein, von den Rauschmitteln gewusst zu haben. Angeblich war es jedoch der Vater, von dem sie sich unter Druck gesetzt fühlten.

5,5 Kilogramm Crystal, 32.000 Euro Bargeld, fünf Kurz- und zwei Langwaffen, ein Lamborghini, ein Mercedes-Benz G-Klasse AMG – und dazu eine professionell betriebene Indoor-Cannabisplantage mit etwa 2.600 Pflanzen: Die über 225 Beamten unter anderem von Bundespolizei und Zoll staunten nicht schlecht über die Ausbeute, die sie Ende März bei einer großangelegten Razzia in Colditz (Landkreis Leipzig) vorfanden.

Ralf N. (jetzt 67) sowie seine Söhne Andreas (38) und Uwe (35) wurden festgenommen und in U-Haft gesteckt. Sie sollen die Drogen besorgt und gewinnbringend veräußert haben, so der Vorwurf der Anklageschrift am ersten Prozesstag.

Söhne des Angeklagten: Fühlten uns unter Druck gesetzt

Da hatte Familienvater Ralf N., gelernter Fleischer, dem Gericht seine eigene Version der Dinge präsentiert. Demnach habe er die Halle mit den Cannabis-Pflanzen Ende 2022 an einen Mann vermietet und nur zufällig herausgefunden, was dort tatsächlich getrieben wurde. Den Namen dieses Mieters nannte Ralf N. nicht.

Das Crystal Meth wiederum will Ralf N. widerwillig für einen Dealer gelagert haben. Später habe er es verkaufen wollen, weil ihm die Sache zu heiß geworden sei. Wegen der schlechten Qualität des Stoffs habe sich jedoch kein Abnehmer gefunden und er habe die Substanz gestreckt, erklärte Ralf N. jetzt vor Gericht. Auch die Waffen hätten ihm gehört.

Seine zwei Söhne habe er eingeweiht, beide hätten aber nichts mit der brisanten Angelegenheit zu tun haben wollen. So beteuerten es auch Andreas N. (38) und Uwe N. (35) am Donnerstag im Landgericht. Letztlich hätten sie sich dem Druck doch gebeugt und den Vater geringfügig unterstützt, ohne selbst von dem Geschäft zu profitieren. Den Lamborghini habe er durch einen Kredit finanziert, so die Aussage von Uwe N., der angibt, als Schrotthändler tätig zu sein. Er war bereits vor Jahren mit Crystal Meth erwischt worden und musste dafür mehrere Jahre in Haft. Danach habe er sich von all dem losgesagt, wenn man den Aussagen der N.s folgt. Der ältere Bruder Andreas gab zu Protokoll, bis zu seiner Verhaftung als Handwerker selbständig gewesen zu sein.

Angst und Schrecken in Colditz: Die N.s sollen die Gegend jahrelang terrorisiert haben

Mit ihren Aussagen vor Gericht folgten die Brüder faktisch dem Narrativ des Vaters, der selbst die Verantwortung übernommen und seine Söhne als weitgehend unschuldig dargestellt hatte. Und auch, wenn dies im aktuellen Verfahren keine Rolle spielt, sehen die Anwälte des Trios die Vorwürfe von Rechtsextremismus offenbar als aufgebauscht an: Medial habe es zum Teil eine „Hetzjagd“ gegeben und die Familie sei in die rechte Ecke gedrängt worden, hatte Ralf N.s Verteidiger Curt-Matthias Engel zum Prozessauftakt gesagt.

Laut ausführlicher Recherchen etwa des MDR dagegen sollen die N.s die beschauliche Kleinstadt Colditz an der Zwickauer Mulde (rund 8.400 Einwohner) mit ihren Machenschaften über Jahre hinweg regelrecht terrorisiert haben. Von Stalking, Einschüchterung, Bedrohungen und Gewalt ist die Rede – gegenüber Andersdenkenden, politischen Gegnern, Nachbarn, Polizeibeamten. Sogar ein früherer Bürgermeister soll verprügelt worden sein.

Mehr als 400 Anzeigen wegen verschiedener Vorwürfe gab es über Jahre hinweg, doch nur wenige Verurteilungen. Ein Rechtsgespräch, um einen möglichen Deal zur Strafhöhe für die Angeklagten auszuhandeln, kam zunächst nicht zustande. Der Prozess vor dem Leipziger Landgericht wird im Oktober fortgesetzt.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar