Früher als ursprünglich geplant hat das Landgericht in Leipzig am Freitag sein Urteil gesprochen – und das fiel deutlich milder aus, als es die Anklagevorwürfe zunächst vermuten ließen: Ein 67-Jähriger aus Colditz sowie seine Söhne (35 und 38) müssen für jeweils vier bzw. drei Jahre hinter Gitter. Die Anklage hatte dem Trio bandenmäßigen Drogenhandel sowie illegalen Waffenbesitz zur Last gelegt.

Die Entscheidung ist gefallen: Ralf N. (67) muss für vier Jahre ins Gefängnis, seine Söhne Uwe (35) und Andreas (38) kommen mit jeweils drei Jahren Haft etwas besser davon. Die Familie aus Colditz bei Leipzig wurde am Freitag vor dem Landgericht des Drogenhandels mit Crystal Meth schuldig gesprochen, ein illegaler Waffenbesitz war dagegen aus Sicht der Strafkammer nicht nachweisbar.

Richter kritisiert gravierende Ermittlungspannen

Mit dem verhältnismäßig milden Strafmaß profitierte das Colditzer Trio nicht zuletzt von gravierenden Ermittlungsfehlern, die während des seit September laufenden Verfahrens auch zur Sprache kamen. Im Rahmen einer Großrazzia bei den N.s im März hatten Zoll und Polizei vor Ort Crystal Meth im Wert von etwa 500.000 Euro konfisziert, dazu eine Cannabis-Plantage mit etwa 2.600 Pflanzen, zwei teure Luxuswagen, Waffen und 32.000 Euro Bargeld.

Das Familienoberhaupt Ralf N. (67) in Handschellen beim Prozessauftakt: Er hatte die Verantwortung weitgehend übernommen und erhielt nun vier Jahre Haft. Foto: Lucas Böhme
Familienoberhaupt Ralf N. (67) in Handschellen beim Prozessauftakt: Er hatte die Verantwortung weitgehend übernommen und erhielt nun vier Jahre Haft. Foto: Lucas Böhme

Allerdings sollen unter anderem Durchsuchungsbeschlüsse dabei teils fehlerhaft gewesen sein, der vorbestrafte Uwe N. sei zudem nackt festgenommen und damit menschenunwürdig behandelt worden. Auch die Rechtsgrundlage der Festnahmen sei fragwürdig gewesen. Dazu kamen unvollständige Akten, selbst im Prozess. Es gäbe Dinge, die gingen in einem Rechtsstaat einfach nicht, das Erlebte mache „sprachlos“, musste folglich auch der Vorsitzende Richter Andreas Stadler in seiner Urteilsbegründung einräumen.

Der Vorwurf eines bandenmäßigen Drogenhandels, für den das Gesetz deutlich härtere Strafen vorsieht, war letztlich vom Tisch – hier fehlte der rechtlich sichere Nachweis. Zudem konnte auch die Lagerhalle mit dem Cannabis, die Familienvater Ralf N. vor etwa einem Jahr an einen Unbekannten vermietet haben will, den Angeklagten nicht klar zugeordnet werden. Im Prozess hatte Ralf N. die Verantwortung für das Geschehene großteils übernommen und seine Söhne weitgehend entlastet.

Urteil rechtskräftig, Haftbefehle aufgehoben

Die 6. Strafkammer blieb mit ihren Strafen unterhalb der Forderungen der Anklage, die auf fünf Jahre Haft für den Vater und je vier für die Kinder hinauswollte. Die Verteidigung des Seniors hatte auf drei Jahre und neun Monate für ihren Mandanten plädiert, ansonsten wurden jeweils zwei Jahre und neun Monate für die Söhne durch deren Rechtsbeistand beantragt. Das verhängte Urteil ist bereits rechtskräftig, da sowohl die Angeklagten und deren Anwälte als auch die Staatsanwaltschaft erklärten, auf eine Revision zu verzichten.

Ihre abzüglich der anzurechnenden U-Haft verbleibende Zeit im Gefängnis müssen Ralf N., Andreas N. und Uwe N. nicht sofort antreten: Das Gericht hob die Haftbefehle am Freitag auf, damit konnten die drei Männer zumindest vorerst in die Freiheit zurückkehren.

Rechtsextremismus kein Thema im Prozess

Mögliche Verbindungen der Angeklagten zum Rechtsextremismus waren im Prozess kein Thema. Laut Recherchen des MDR sollen die N.s einem Netzwerk angehört haben, in dem sich rechtsradikale Ideologie mit Gewalt- und Drogenkriminalität verband. Über Jahre hinweg seien politische Gegner, Polizeibeamte und alle, die sich dem Treiben der Familie in den Weg stellten, terrorisiert, eingeschüchtert und brutal angegriffen worden.

Trotz hunderter Strafanzeigen gab es bis zur Verhaftung der drei N.s im Frühjahr nur wenige Konsequenzen für die Verdächtigen. Das lange Wegschauen, das viele den Behörden vorwerfen, wurde denn auch bis hinauf in die sächsische Landespolitik zur Sprache gebracht.

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