Er soll einen Boxtrainer (53) aus seinem früheren Verein brutal mit einer Stange attackiert haben, das Opfer überlebte: Seit Freitag, dem 19. September, steht ein Mann wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 43-Jährige wegen eines psychischen Leidens schuldunfähig und dauerhaft in einer Klinik unterzubringen ist. Der Prozessauftakt machte vor allem klar: Der Verdächtige ist auch für Verfahrensbeteiligte ein mehr als schwieriger Fall.

Er redet beim Auftakt im Gerichtssaal wortreich von einem missglückten Marihuana-Experiment, erwähnt Hitler, eine Stasi-Akte, Verschwörungen und staatliche Morde, beschimpft die Verfahrensbeteiligten: Seit Freitag, dem 19. September, steht Alexander K. vor dem Leipziger Landgericht.

Der 43-Jährige ist Beschuldigter in einem Sicherungsverfahren: Laut Staatsanwaltschaft beging er versuchten Totschlag sowie gefährliche Körperverletzung im Zustand einer „Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit akuter psychotischer Symptomatik.“ Sollte sich das bestätigen, würde Alexander K. wohl nicht bestraft, aber auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie untergebracht werden.

Geschädigter leidet bis heute unter eingeschränktem Sehvermögen

Es war am 24. März 2025 gegen 15:30 Uhr, als Alexander K. im Foyer eines Boxvereins am Leipziger Sportforum dem ihm bekannten Herrn M. aufgelauert haben soll: Erst habe er ihn bei dessen Ankunft gegen 16:30 Uhr beleidigt, dann mit einer metallenen Lenkerstange mindestens zehnmal auf das 53 Jahre alte Opfer brutal eingeprügelt, so Staatsanwalt Christopher Jusciak.

Letztlich habe M. den Angreifer mit seinem linken Arm abwehren können, ein weiterer Mann griff beherzt ein und konnte den mutmaßlichen Aggressor Alexander K. überwältigen. Die Folgen für den Geschädigten sind gravierend: Der 53-jährige Boxtrainer habe neben Schmerzen, Abschürfungen und Blutungen an Armen und Kopf auch ein Hämatom, eine Hautdurchtrennung sowie eine Prellung am linken Auge erlitten.

Hier sei das Sehvermögen des Mannes bis heute auf 60 Prozent reduziert, heißt es. Dem Verfahren am Landgericht hat er sich als Nebenkläger angeschlossen, ist aber am Freitag nicht persönlich vor Ort.

Konfuse Anschuldigungen gegen das Opfer

Wie wenig der mutmaßlich psychisch kranke Alexander K. von dem Verfahren hält, macht er umgehend deutlich, als er den Staatsanwalt verbal angreift, indem er ihm vorwirft, sich strafbar gemacht zu haben und „Scheiße zu erzählen.“ Alexander K. fordert, die Personalien des Staatsanwalts festzustellen. Den Tatablauf als solchen bestreitet er nicht, spricht aber lediglich von Körperverletzung und der Absicht, sein Zielobjekt zu erschrecken.

Gegen das Opfer erhebt er konfuse Anschuldigungen: Er referiert laut und wortreich davon, jahrelang von M. gemobbt, verleumdet und misshandelt worden zu sein, dann habe ihm der Geschädigte die Profilaufbahn als Boxer verbaut, sich zwischen ihn und seine Freundin gestellt.

Schließlich heißt es vom Beschuldigten, M. träfe die Schuld am Tod eines Freundes und einem missglückten Marihuana-Experiment. Dann war das Opfer plötzlich Mitwisser staatlich beauftragter Morde und von Verschwörungen. Bekannte Boxer, Hitler, seine angebliche Stasi-Akte und Geheimdienste erwähnt der 1981 geborene Alexander K. ebenfalls.

Der Mann, der nach eigenen Angaben in seiner Jugend als Boxer aktiv war und früher in der Gastronomie arbeitete, beschimpft auch den psychiatrischen Gutachter, beschwert sich über seine Hand- und Fußfesseln und darüber, dass man ihm im Maßregelvollzug mit Strom gefoltert habe. Er sei weder krank noch gefährlich, behauptet der EU-Rentner im Brustton der Überzeugung. Mehrfach wird er so laut, dass die Vorsitzende Richterin Antje Schiller ihn dringend auffordert, sich zu mäßigen. Er soll früher Mitglied des betreffenden Boxvereins gewesen und wegen diverser Vorkommnisse ausgeschlossen worden sein.

Beschuldigter wird vorerst ausgeschlossen

Zwischendurch wird die Zahl der Wachtmeister im Gerichtssaal von zwei auf vier erhöht, ein durchaus bemerkenswerter Schritt.

Als eine ermittelnde Kriminaloberkommissarin im Zeugenstand aussagt und Videos von Überwachungskameras abgespielt werden, bestreitet Alexander K. die Echtheit der Aufnahmen: „Seid ihr bescheuert? Das hat so nicht stattgefunden!“, ereifert er sich, ruft laut: „Ihr Dreckschweine!“, steht gar eigenmächtig auf, um den Saal zu verlassen.

Nach einer Sitzungspause verkündet die 16. Kammer, dass die Verhandlung wegen der Renitenz des Beschuldigten mindestens für heute ohne ihn fortgesetzt wird. Es sind bis 4. Dezember noch sechs Termine geplant.

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