Die Deutsche Bahn möchte mit den Besetzern des Grundstücks in der Arno-Nitzsche-Straße nicht verhandeln. Dies hat das Unternehmen dem Künstlerkollektiv in einer E-Mail mitgeteilt. Stattdessen forderte die Bahn erneut zur freiwilligen Räumung auf. Presseanfragen zur aktuellen Situation bleiben weitgehend unbeantwortet. Wie es nun weitergehen soll, ist unklar.

Die Besetzer des Bahn-Grundstücks in der Arno-Nitzsche-Straße 41f sehen sich erneut mit einer Räumungsaufforderung konfrontiert. Dies geht aus einer an das „Kulturkollektiv Arno-Nitzsche“ adressierten E-Mail vom 28. Juli hervor. Darin heißt es: „[…] möchten wir Sie wiederholt auffordern, das Grundstück zu verlassen […] Seitens der DB AG gibt es keine Verhandlungsabsichten bezüglich des von Ihnen widerrechtlich angeeigneten Grundstücks.“ Eine Frist enthält das Schreiben nicht.

Die Besetzer befinden sich ihren Angaben zufolge bereits seit Mai auf dem verwaisten Areal im Leipziger Süden. Früher wurden die Gebäude als Bahnkraftwerk genutzt. Nachdem ein Bahn-Mitarbeiter am 23. Juni die neuen Bewohner bemerkt hatte, forderte das Unternehmen diese dazu auf, das Grundstück zu verlassen. Eine dreitägige Frist verstrich allerdings fruchtlos. Die Bahn hatte für diesen Fall „weitere rechtliche Maßnahmen“ angekündigt. Eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch sei bereits zuvor erstattet worden.

Die Besetzer wollten mit der Bahn über eine Nutzung des Grundstücks verhandeln. Dabei sollte es auch um die Frage gehen, ob und wie das Unternehmen von der Haftung für mögliche Personen- oder Sachschäden ausgeschlossen werden kann. Die Bahn hatte in ihrer ersten Räumungsaufforderung darauf hingewiesen, dass das Gebäude teilweise einsturzgefährdet sei. Einen solch desolaten Zustand der Industriebrache hatten die Besetzer stets bestritten.

Versuche, mit der Bahn in Kontakt zu treten, seien mehrfach gescheitert. Schon Anfang Juli besuchten die Mitglieder des Kulturkollektivs gemeinsam mit einigen Unterstützern deshalb die Regionalgeschäftsstelle in Leipzig und warben mit Schildern und Konfetti für ihr Anliegen. Am 22. Juli baten die Besetzer per E-Mail erneut um einen Gesprächstermin: „Nur ein konstruktiver Dialog ermöglicht es eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu finden.“ Diesmal reagierte die Bahn – indem sie die Besetzer an die Räumungsaufforderung erinnerte.

Dass die Bahn in dieser Angelegenheit scheinbar auf Kommunikation weitgehend verzichten möchte, bekommen nicht nur die Menschen in der Arno-Nitzsche-Straße zu spüren. Auch die wiederholten Anfragen der L-IZ blieben zum großen Teil unbeantwortet. So war bis Anfang Juli lediglich zu erfahren, dass der „Sachverhalt bekannt“ sei, man die „Situation bewerten“ wolle und die „Gespräche laufen“ würden. Auf eine erneute Anfrage am Dienstagabend antwortete die Pressestelle des Staatsunternehmens lediglich, dass es sich um eine „illegale Nutzung des Grundstücks“ handle, die „nicht geduldet“ werde. Fragen zu langfristigen Plänen für das Areal, Gründen für die mangelhafte Kommunikation und möglichen Konsequenzen, falls die Besetzer der erneuten Räumungsaufforderung nicht folgen, blieben hingegen unbeantwortet.

Auch eine Bewertung der bisherigen Aktivitäten des Künstlerkollektivs wollte die Bahn nicht vornehmen. Dabei hat sich in den vergangenen Wochen auf dem lange Zeit ungenutzten Areal einiges getan. Die Bewohner veranstalteten Kino- und Konzertabende, errichteten eine Siebdruckwerkstatt und stellten die Räume auch Menschen von außerhalb zur Verfügung, welche sich nicht direkt an der Besetzung beteiligen. Auch Arbeiten, die in den Aufgabenbereich der Bahn fallen, stehen auf der Tagesordnung. Ein Mitglied des Kollektivs sagt dazu: „Wir legen hier Hand an, um den Bestand zu sichern und den Verfall zu stoppen.“

Daran soll sich bis auf Weiteres nichts ändern. Nun ist es an der Bahn, Tatsachen zu schaffen – in welcher Form auch immer. Wie die Besetzer mit der derzeitigen Situation und möglichen weiteren Maßnahmen der Bahn umgehen wollen, lassen sie offen. Nur eines stellen sie klar: „Wir sind auf eine Räumung vorbereitet.“

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Keine Kommentare bisher

Gibts denn in dem Unternehmen niemanden, der reden kann? Selbst ein Gespräch mit negativem Ausgang wär doch immerhin besser als dieses Schweigen von oben herab.
So langsam bin ich dafür, dass Gebäude und Grundstücke, die jahrzehntelang verfallen, wieder an die Allgemeinheit (Kommune, Stadt, Staat) zurückgehen und für soziale Zwecks genutzt werden. Wer sein Eigentum weder nutzt noch pflegt braucht es ja offensichtlich nicht.

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