Etwa 1.000 Menschen beteiligten sich am Mittwochabend, den 21. August, an einer antifaschistischen Demonstration des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ durch Connewitz. Anlass war eine Kundgebung von André Poggenburg auf der Richard-Lehmann-Straße. An dieser beteiligten sich zehn Personen.

Von einem solchen Betreuungsschlüssel wagen die Mitarbeiter in Pflegeheimen und Schulen nicht mal zu träumen: 100 zu eins. Für jede Person, die am Mittwochabend, den 21. August, zur Kundgebung des ehemaligen AfD-Politikers André Poggenburg erschienen war, gab es mindestens 100 Gegendemonstranten und in etwa genauso viele Polizisten.

Nach einem halben Jahr war es Poggenburg endlich gelungen, zumindest an die Grenze zu Connewitz zu gelangen. Letztlich stand er in der Südvorstadt, in Sichtweite die Stadtteilgrenze über die Kochstraße hinweg. Immer wieder hatte das Ordnungsamt seine Anmeldungen so beauflagt, dass die Kundgebungen nur in der Innenstadt stattfinden durften. Die Stadt begründete diese Entscheidungen stets mit Sicherheitsbedenken. In Connewitz sei für Poggenburg ein besonders heißer Empfang zu erwarten, hieß es.

Diesmal durfte er zwar erneut nicht am Linxxnet demonstrieren, aber zumindest auf der Kreuzung von Richard-Lehmann- und Kochstraße. Also an der Grenze zwischen Südvorstadt und Connewitz, nur halt auf der falschen Straßenseite. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hatte eine Gegendemo organisiert, die eine halbe Stunde vor der Poggenburg-Kundgebung am Connewitzer Kreuz startete.

Protest gegen Poggenburg. Foto: René Loch
Protest gegen Poggenburg. Foto: René Loch

Waren es zunächst nur wenige hundert Menschen, die sich dort versammelten, gelang es den Teilnehmenden während des Aufzugs durch Connewitz noch zahlreiche Menschen einzusammeln. Nach Schätzung der L-IZ beteiligten sich etwa 1.000 Personen an der antifaschistischen Demonstration.

Ein ganz anderes Bild bot sich bei Poggenburg, wo ebenfalls einige Menschen protestierten. Dort standen kurz nach 18 Uhr lediglich acht Teilnehmende herum. Neben Poggenburg waren unter anderem Egbert Ermer, ebenfalls früheres AfD-Mitglied, und der Neonazi Alexander Kurth anwesend. Letzterer war bereits in mehreren rechtsradikalen Parteien wie der NPD und „Die Rechte“, aber auch bei Organisationen wie „Thügida“ und der „Offensive für Deutschland“ aktiv.

Banner am Kundgebungsort von Poggenburg. Foto: René Loch
Banner am Kundgebungsort von Poggenburg. Foto: René Loch

Die Versammlung begann mit 40 Minuten Verspätung, weil es Poggenburg und Ermer zunächst nicht gelungen war, ein Notstromaggregat anzuwerfen. In der Zwischenzeit erhöhten eine als „OfD-Heidi“ bekannte Frau und ein Mann, dem angeblich ein GPS-Tracker in den Körper implantiert wurde, die Zahl der Teilnehmenden auf letztlich zehn.

Ermer beklagte „Linksterrorismus“ und kam auf die Ereignisse der vergangenen Tage zu sprechen. Gemeinsam mit Poggenburg war er vom Vorsitz der Anfang des Jahres von ihnen gegründeten Partei ADPM zurückgetreten. Die Mitglieder hatten sich geweigert, die Partei aufzulösen und für die AfD zu werben.

Wenn zwei Männer mit kotzenden Pferden vor der Apotheke kämpfen. Video: L-IZ.de

Laut Ermer wollte man die Kräfte eigentlich bündeln und hatte von zahlreichen „Bürgerbewegungen“ entsprechende Zusagen erhalten. Doch diese seien nicht eingelöst worden. So habe man erkennen müssen, dass der ADPM bei der kommenden Landtagswahl wohl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern werde. Ermer empfahl den Anwesenden deshalb: „Wählt patriotisch. Wählt sächsisch. Wählt nationalkonservativ. Wählt die AfD.“

Poggenburg ergänzte, dass sich die AfD mehr für Umweltschutz und soziale Themen einsetzen müsse. Allerdings sei sie die einzige Partei, die zum einen „Linksextremismus“, Islam und „Multikulti“ thematisiere und zum anderen in den Landtag einziehen werde.

Neun der zehn Teilnehmenden der Poggenburg-Kundgebung. Foto: René Loch
Neun der zehn Teilnehmenden der Poggenburg-Kundgebung. Foto: René Loch

Zum Abschluss der Veranstaltung lud sich Poggenburg ins Linxxnet ein, wo unter anderem die Landtagsabgeordnete und Stadträtin Juliane Nagel (Linke) ihr Abgeordnetenbüro hat. Bei einem „politischen Kaffeekränzchen“ wolle er mit ihr ins Gespräch kommen. Die Linkspolitikerin erteilte diesem Wunsch bereits eine Absage.

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