Für alle Leser/-innenAls vor drei Jahren einige hundert Antifaschist/-innen in Wurzen demonstrieren wollten, reagierten Einwohner/-innen, indem sie Geschäfte verbarrikadierten. Ähnlich unverhältnismäßig fielen nun die Reaktionen auf die Ausladung einer Kabarettistin in Hamburg aus, gegen die angeblich Linke gewaltsam vorgehen wollten. Die L-IZ fasst zusammen, was am Freitag, den 7. August 2020, in Leipzig und darüber hinaus wichtig war.

Normalerweise widmen wir uns in diesen Tagesrückblicken ja eher dem Geschehen in Leipzig und Sachsen. Aber manchmal lohnt sich auch ein Blick über den Tellerrand – vor allem im Sommerloch, das eine überschaubare Anzahl an Nachrichten produziert.

Eine dieser vermeintlichen Nachrichten kam heute aus Hamburg, wo die Kabarettistin Lisa Eckhart vom einem Festival ausgeladen wurde. Der angebliche Grund: Es drohe Gefahr durch linksradikale Gewalt. Eckhart ist wegen eines Auftritts umstritten, bei dem sie – je nach Sichtweise – Witze über Juden beziehungsweise Witze über Vorurteile gegen Juden geäußert hatte.

Eine solche Veranstaltung werde deshalb wohl nicht geduldet, zitierten verschiedene Medien aus internen Schreiben.

Drohungen, wo keine sind

Für andere Kabarettisten wie Dieter Nuhr, aber auch diverse Journalist/-innen in den großen Medien war das ein Anlass, um das Ende der Kunstfreiheit herbeizuschreiben. Viele waren sich auch einig, dass es „Drohungen vom schwarzen Block“ gegeben habe, obwohl dafür keine Belege existieren. Zudem ist der „schwarze Block“ keine feste Organisation, die irgendjemandem drohen könnte, sondern eine Taktik auf Demonstrationen. Manche sahen gar schon „Weimarer Verhältnisse“.

Problem an der ganzen Geschichte: Es gab keine Drohungen, keinen Mob, keinen „schwarzen Block“. Es gab lediglich „besorgte Warnungen aus der Nachbarschaft“, wie der Veranstaltungsort später mitteilte. Was bleibt? Der Eindruck, dass die Veranstalter/-innen mit Widerspruch zu ihrem Programm in der Form umgehen, dass sie eine Kabarettistin wieder ausladen. Das wäre wohl das eigentliche Skandälchen.

Wurzen lässt grüßen

Die ganze Geschichte erinnert etwas an die Kleinstadt Wurzen nahe Leipzig. Dort hatten Menschen vor drei Jahren ihre Geschäfte verbarrikadiert, nachdem bekannt wurde, dass es in der Stadt kurz nach G20 eine antifaschistische Demonstration geben soll. Manche sahen schon die halbe Stadt in Schutt und Asche, aber abgesehen von einigen Straftaten durch Rechtsradikale ist nichts Schlimmes passiert.

Was heute außerdem wichtig war: Im Fall der rechtsradikalen „Prepper“ aus dem Umfeld einer Leipziger Burschenschaft droht Verjährung, wie der MDR heute berichtet. Die Staatsanwaltschaften müssten bis Dezember ausreichend Anhaltspunkte für Straftaten gefunden haben, um das zu vermeiden. Außerdem ist seit heute offenbar klar, dass die Person, die gestern tot im Clara-Zetkin-Park gefunden wurde, Opfer eines Verbrechens wurde.

Morgendlicher Leichenfund im Clara-Zetkin-Park: Kriminalpolizei im Einsatz + Update: Mann wurde offenbar Opfer eines Gewaltverbrechens

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