Grenzüberschreitendes Verhalten und sexualisierte Gewalt gegenüber FLINTA*-Personen sind auch in Leipzig alltäglich. Der Vorfall beim Videodreh zu Flausens Song „Nein“ ist dabei nur die traurige Spitze des Eisbergs.

Auch Ali hat in den vergangenen Monaten einige Erfahrungen damit machen müssen. Deshalb hat die junge Leipzigerin nun die Initiative ergriffen und will eine FLINTA*-Ecke im Stadtteilpark Rabet im Leipziger Osten einrichten.

„Ich bin vor einem Jahr in den Leipziger Osten gezogen“, erzählt Ali im Gespräch mit der Leipziger Zeitung (LZ). „Davor habe ich in meiner Bubble im Süden gewohnt. Im Vergleich zum Süden nehmen die Übergriffe im Osten andere Dimensionen an.“

Einige Monate nach ihrem Umzug wurde die Security-Mitarbeiterin auf offener Straße angespuckt. Nach ständigen Catcalls und unangenehmen Blicken der Auslöser für Ali, etwas zu unternehmen. „Das hat mir gezeigt, dass man sich, vor allem im Leipziger Osten, connecten muss. Darüber reden, wie es Personen damit geht und was sie dagegen machen.“

Durch ihre Idee einer FLINTA*-Ecke möchte Ali mit anderen Personen Präsenz zeigen. Nachdem sie für den 9. Juli 2022 zu einem ersten Treffen mobilisieren wollte, bekam sie Dutzende Nachrichten von betroffenen Personen.

„Eine Person, die mich kontaktiert hat, hat seit einiger Zeit einen Stalker, der sogar schon versucht hat, bei ihr einzubrechen“, berichtet Ali. „Eine andere Person hat erzählt, dass sie sich verbal gegen einen Catcaller gewehrt hat, der dann auf sie zukam, ihre Arme festgehalten und sie einfach auf den Mund geküsst hat.“ Und die Liste geht so weiter: Beleidigungen, Verfolgungen, körperliche Gewalt.

Das LZ Titelblatt vom Monat Juli 2022. VÖ. 29.07.2022. Foto: LZ

Aufgrund des Wetters konnte das erste Netzwerktreffen dann aber leider nicht stattfinden. Ein nächstes Treffen ist für Mittwoch, 3. August, am Café Rabet geplant.

„Der Traum ist natürlich, dass das irgendwann ein Selbstläufer wird“, so Ali. Vorher möchte sie sich noch mit anderen Initiativen, wie „Catcalls of Leipzig“, verbinden. Außerdem soll eine eigene Seite für die „FLINTA*-Corner“ entstehen.

Auf die Frage, weshalb sich die Angriffe im Osten vor allem in den letzten Monaten häufen, weiß Ali auch keine eindeutige Antwort. Als Security-Mitarbeiterin hat sie jedoch eine Vermutung: „FLINTA*s treten zunehmend selbstbewusst auf, sagen ihre Meinung, sind laut. Davon scheinen sich doch viele Männer herausgefordert zu fühlen. Die emanzipierende Welle bringt leider auch toxisch männliche Gegenwehr mit sich.“

Gerade deshalb müsse man „zurückschlagen“ und zeigen, dass solche grenzüberschreitenden Verhaltensweisen Konsequenzen haben. Bedauerlicherweise gäbe es mit vielen sexistischen Leuten, die sich auf der Eisenbahnstraße und um den Rabet aufhalten, keine Gesprächsgrundlage.

Einige seien in Gesprächen mit ihr verständnisvoll gewesen, ein Großteil habe sie aber auch nur ausgelacht oder sei stur gewesen. „Das wird ein langer Kampf“, schließt Ali.

Nächste FLINTA*-Corner: 3. August 2022, 19 Uhr, Café Rabet
Kontakt für Interessierte: Instagram unter @alidohaeris

„‚Das wird ein langer Kampf‘: Initiatorin Ali erzählt von einer FLINTA*-Corner gegen sexualisierte Gewalt“ erschien erstmals am 29. Juli 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 104 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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