Nicht rot und golden, sondern orange leuchtete der Tannenbaum in der Mädlerpassage am Mittwochmorgen in Leipzig. Drei Aktivist*innen der „Letzten Generation“ hatten ihn gegen 10 Uhr mit der Warnfarbe besprüht, um auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam zu machen. Vor dem besprühten Baum hielten sie ein Banner mit der Aufschrift „Besinnlich in die Katastrophe? Nächstenliebe = Klimaschutz!“ in die Höhe.

Die meisten Passant*innen äußerten Unmut über den Protest und beschimpften die Gruppe. Ein Mann entriss den Aktivist*innen das Banner. Die „Letzte Generation“ zeigte dafür Verständnis: „Die Faktenlage ist eindeutig: Ob wir mehr Klimaschutz brauchen oder nicht, dazu gibt es keine Meinung, das ist physikalische Realität“, sagte Melanie Guttmann gegenüber der LZ. Sie ist Mitbegründerin der „Letzten Generation“ und war heute an der Aktion beteiligt. „Das Thema ist emotional aufwühlend und unser Protest auch, deswegen ist auch diese emotionale Reaktion auf unseren Protest verständlich“, so die 28-Jährige.

Die Polizei sperrte den Bereich um den Weihnachtsbaum ab und nahm die Personalien der Aktivist*innen auf. Ermittelt wurde vorerst wegen Sachbeschädigung. Für die Spurensicherung vor Ort rief die Polizei einen Kriminaltechniker herbei.

„Wir machen im Moment auf besinnliche Weihnachtszeit, obwohl wir weiterhin in die Klimakatastrophe rasen“, erklärte Guttmann vor Ort. „Unsere Regierung ist gerade in Dubai bei der COP 28 – der 28. Versuch, weltweit Klimaschutz zu veranlassen. Und der 28. Versuch, der scheitert.“

Die UN-Klimakonferenz in Dubai geht in diesen Stunden zu Ende. Mehr als hundert Länder, darunter Deutschland, konnten sich mit ihrer Forderung nach einem „Phase-out“, also einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, nicht durchsetzen.

„Dass unsere Regierung aktiv und wissentlich keinen Klimaschutz betreibt, obwohl sie anhand aller weltweit verfügbaren wissenschaftlichen Fakten wie beispielsweise den IPCC-Bericht weiß, dass wir in die Katastrophe rasen, geht gegen das Grundgesetz“, betonte die Aktivistin der „Letzten Generation“.

2021 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass das deutsche Klimaschutzgesetz teilweise verfassungswidrig sei, und verdonnerte den Gesetzgeber zur Nacharbeit. Begründung: Es fehle an Regelungen, wie nach 2030 Emissionen gemindert werden sollen, was zu Lasten der jungen Generation gehe.

Das größte Geschenk, das man seinen Liebsten diese Weihnachten machen könne, sei „Widerstand zu leisten gegen das, was unsere Regierung macht, denn das ist kriminell“, sagte Guttmann gegenüber der LZ.

Der Protest findet genau ein Jahr nach einer bundesweiten Razzia gegen die „Letzte Generation“ statt. Am 13. Dezember 2022 wurden auch Wohnungen von Aktivist*innen in Leipzig durchsucht.

In mehreren Städten deutschlandweit besprühte die „Letzte Generation“ heute Weihnachtsbäume, um auf die Klimakrise und das fehlende Handeln der Regierungen aufmerksam zu machen, beispielsweise in Kiel und Berlin.

Update 13 Uhr

Zwei Aktivist*innen wurden von der Polizei nach Personalienfeststellung vom Tatort entlassen. Die dritte Person befindet sich laut Angaben der Polizei in Gewahrsam zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Ob die Absperrung in der Mädlerpassage bereits aufgehoben ist und was mit dem orangefarbenen Weihnachtsbaum passieren wird, ist der Redaktion unbekannt.

Update 15:30 Uhr

Laut Informationen der Polizei wurde auch die dritte Aktivistin aus der polizeilichen Maßnahme entlassen. Der Sachschäden könne momentan noch nicht beziffert werden. Wegen des Verdachts der Sachbeschädigung habe der polizeiliche Staatsschutz Ermittlungen aufgenommen. Die Absperrung in der Mädlerpassage ist mittlerweile aufgehoben worden.

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Es gibt 15 Kommentare

Schon interessant, wie wichtig Symbole sind in Diskussionen und Auseinandersetzungen. Zur Coronazeit mussten vorm Rathaus die Kerzen der “falschen” gelöscht werden, andere wiederum bewachten sie. Der Aufmerksamkeit der Sache wegen beschmieren die einen das Herzenssymbol der anderen. Und witzische Kosenamen hohlen den letzten Rest Aussage aus einem Kommentar heraus…

Ermittelt man eigentlich auch zu den Beschimpfungen und zum dokumentierten Diebstahl? Ich hoffe es sehr, ansonsten wäre das ein super Beispiel für Polizei Willkür.

Hier kommt´s Basti: die Bäum*in und ihre Artgenoss*innen. (Bei mir hängt noch der ganze Baum voll Gendersternchen, da pflück ich dir noch welche 😉

Aber bitte doch nicht so inkonsequent sein, und “Artgenossen” den wichtigen Genderstern verwehren… Wir möchten doch schließlich nicht nur daran erinnert werden, woran wir zum orangenen Weihnachten zudenken haben, sondern wie viele Geschlechter die hatten, denen wir die Beschmutzung verdanken!

Dass sich Menschen so ernsthaft Gedanken über den Erhalt der Lebensgrundlagen auf unserem Planeten machen, gibt Hoffnung. Man hat den “Baum” als Symbol der Hoffnung wohl aus Tradition aufgestellt, damit er in der Passage weihnachtliche Stimmung verbreitet. Gerade das zu Ende gehende Jahr hat weltweit so vielen echten Bäumen das Leben gekostet; von Stürmen entwurzelt, abgeholzt und abgebrannt. So sieht menschengemachte Klimakatastrophe aus, wenn man den Kurs nicht ändert. Ich denke, der “Baum” sollte sein neues orangenes Kleid weiterhin mindestens genau so stolz tragen, wie seine bruchfesten (!) güldenen Plastikkugeln. (Die kannten wir schon.) Denn mit der neuen “Deko” aus der Hand der Klimaaktivist*innen erinnert er die Passant*innen stellvertretend an das Schicksal seiner echten Artgenossen und daran, dass auch der Klimaschutz lebendige Tradition werden muss.

Mich würde Mal interessieren ob wie im Video von den FFF-Jüngern gesagt, ihre Kinder ja Hunger und Durst erleben werden, ob sie selbst schon Kinder haben. Sonst ist das Problem auch nur virtuell. Man könnte ja Mal wie sie sich offensichtlich die Not erwünschen selbst mit dem Essen und Trinken aufhören , vielleicht bis Neujahr. Ich denke schon, dass dann einige Notsynapsen logischer verdrahtet werden und das Thema sich dann auch in Luft auflöst.

Die Journalisten und Fotografen der Liz haben eben ein Nässchen dafür und riechen schon bevor etwas passiert dass etwas passiert. Nicht nur die FFF-Spontanaktionen auch der Brandanschlag auf die Autos des Sachsenforstes hatte man frühzeitig im Kasten.

@Urs
Man weis doch das diese Gruppe eine Bühne braucht, die ihr von der L-iz gerne gegeben wird.

Beeindruckender, eigentlich verwirrender Nebenaspekt: André Kempner war es gelungen, genau in dem Moment für die LVZ zu photographieren, als die Sprüh-Aktion in vollem Gange war. Was für ein Riecher!

Wie kann man sich darüber nur aufregen? Es ist doch nur ein hässlicher Baum, der nun etwas anders geschmückt ist.

Diese Infantilen sollte eine verantwortliche Regierung vor sich selbst schützen. Aber bei dieser Regierung nicht zu erwarten, da man genauso kindisch denkt und handelt.

“Das größte Geschenk, das man seinen Liebsten diese Weihnachten machen könne, sei „Widerstand zu leisten gegen das, was unsere Regierung macht […]”
Wenn es noch eines Beweises bedurfte über die teilreligiöse, sektenartige und selbstreferenzierende Ausrichtung dieser Gruppe, dann ist er jetzt da.
Jesus spricht, denn er ist Leben. Und das größte Geschenk für die Lieben, das hat die letzte Generation. Tausende Menschen, die diesen “Baum” in den Festtagen fotografierten und mit Begeisterung ins Netz oder ihre Status’ stellten irren, denn schöner Schein ist nichts wert. *innen

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