Körperliche Aktivität wirkt gesundheitsfördernd, diese Erkenntnis ist allseits bekannt und unumstritten. Darüber hinaus ist körperliche Aktivität eine wichtige Säule in der Therapie von vielen Zivilisationserkrankungen, beispielsweise Bluthochdruck, Übergewicht, Zuckerkrankheit, Herzerkrankungen, Demenz, Depression, u.v.m. Jetzt haben Leipziger Wissenschaftler der LIFE-Gesundheitsstudie an über zweitausend Patienten aus dem Herzzentrum Leipzig den Zusammenhang von körperlicher Aktivität und dem Grad der Arterienverkalkung sowie von Stoffwechselparametern im Blut analysiert.

Erste Ergebnisse wurden kürzlich im European Journal of Preventive Cardiology publiziert. In diesem Zusammenhang lassen sich auch Empfehlungen für gesundheitsbezogene städtische Steuerungsprozesse ableiten.

Studienteilnehmer, die in der Vergangenheit bewusst sportlich aktiv waren, wiesen im Vergleich zu den Inaktiven weniger Arterienverkalkung auf. Die Analyse von über 60 Stoffwechselmetaboliten ergab komplexe Veränderungen auf metabolischer Ebene in Zusammenhang mit der körperlichen Aktivität und mit dem Grad der Arterienverkalkung. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese positiven Effekte in ihrer Gesamtheit ausschließlich durch reale Aktivität und nicht durch pharmakologische Ansätze auslösbar sind.

Die aktuellen Leipziger Studienergebnisse verdeutlichen erneut den Nutzen, sich bewusst sportlich zu betätigen. Sie zeigt aber auch, dass es vielen Menschen nicht gelingt, Sport in ausreichendem Maße in ihr Leben zu integrieren. Nur 29 % der Teilnehmenden gaben an, regelmäßig sportlich aktiv zu sein. In dieser Gruppe war der gefäßschützende Effekt am ausgeprägtesten.

Weitere 47 % der Teilnehmenden waren zumindest sporadisch aktiv und auch in dieser Gruppe konnten, wenn auch in schwächerer Ausprägung, weniger Arterienverkalkung nachgewiesen werden. Die beliebtesten Aktivitäten in dieser größten Gruppe waren Schwimmen, Radfahren und Laufen. Der häufigste Grund auf die Frage, warum die inaktiven und weniger aktiven Teilnehmer nicht mehr Sport treiben würden, war eine mangelnde Motivation und fehlende zeitliche Kapazitäten.

Dies führt zwangsläufig zu der Frage, wie diesen Hinderungsgründen Abhilfe geschaffen werden könnte. Radfahren und Laufen ließen sich gut als Alltagsbewegungen integrieren und stellen dadurch eine erfolgversprechende Schlüsselstrategie in der urbanen Gesundheitsprävention dar. In diesem Hinblick gilt es die infrastrukturellen Voraussetzungen kommunaler Verkehrsnetze zu beurteilen.

Dass diese in Leipzig aktuell alles andere als ideal sind, davon berichtet der Fahrradklima-Test 2020 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC e.V. Demnach fühlen sich 69 % der Leipziger gefährdet, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. Eine Optimierung und der Ausbau von Rad- und Laufwegenetzen ist in vielen Städten ein Thema. In Leipzig fordern der ADFC, BUND und Ökolöwe den Ausbau des Radwegenetzes. Der Ökolöwe hat dazu die Petition „Pop-up-Radwege für Leipzig“ gestartet. Im Fokus der Argumentation stehen dabei vordergründig die positiven klima- und verkehrspolitischen Effekte.

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist die Forderung nach dem Ausbau des Rad- und Laufwegenetzes ergänzend zu unterstützen. Für die Integration von körperlicher Aktivität in Alltagswege bedarf es einer motivierenden Infrastruktur, die zum Radeln und Laufen einlädt und dadurch selbst zum Motivator wird. Voraussetzungen dafür sind eine Streckenführung, die maximale Sicherheit gewährt, sowie eine ausreichende Dimensionierung, die Raum für unterschiedliche Nutzergruppen zulässt.

Das zukunftsorientierte Argumente-Trio urbaner Klimaschutz, urbane Verkehrspolitik und urbane Gesundheitsförderung könnte in seiner ganzheitlichen Betrachtung so noch mehr Menschen zu einer effektiven klima- und verkehrsfreundlichen sowie gesundheitsfördernden Alltagsbewegung motivieren.

Selbst die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sieht in dieser Transdisziplinarität die Chance für eine integrativ (human-)ökologische Perspektive für die Entwicklung neuer zivilgesellschaftlicher Arbeitsformen und der Gestaltung von urbanen Lebensräumen. Diese zukunftsorientierte Perspektive gilt es für Leipzig jetzt zu fördern und zu beschleunigen anstatt zu verhindern und zu verzögern.

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Radwege sind das eine und man kann den ADFC als Lobbyist vollkommen verstehen, schließlich möchte man seinen Mitgliedern auch etwas vorweisen und das sind ganz handfest Radwege. Und Radwege werden nun einmal von der Mehrheit der Radfahrenden positiv bewertet, auch wenn man dort objektiv unsicherer als auf der Fahrbahn unterwegs ist (Sicherung von Radfahrern an städtischen Knotenpunkten, BASt, 1992). Aber all die schönen Radwege nutzen nichts, wenn es Stückwerk bleibt und sich die Ordnungskräfte einen feuchten Kehricht um die Benutzbarkeit kümmern.

Infrastruktur kann nur ein Puzzlestück sein, ein funktionierendes Ordnungsamt (mit Rückendeckung eines Rechtsgutachten, welches Abschleppen von Falschparkern unterstützt) und eine nicht wegschauende Polizei gehören genauso dazu, wie auch regelmäßige Nachschulungen für Führerscheinbesitzer.

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