Leipzig – Fahrradstadt: fast 30.000 Studenten allein an der Uni, viele von ihnen fahren mit dem „Drahtesel“, junge Familien ohne Auto, Sport- und Freizeitradler – kurzum: Die Zahl der Radfahrer ist in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. Für Unfälle gilt dies aber eben leider auch. "Fahrradunfälle werden unterschätzt", sagt Prof. Christoph Josten, Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie. Sein Appell jetzt im Herbst: Nehmt mehr Rücksicht aufeinander!

„Wir verzeichnen sehr viele schwer- und schwerstverletzte Radfahrer“, bilanziert Prof. Josten, „dabei sprechen wir von starken Schädel-Hirn-Traumata, Verletzungen der Wirbelsäule, multiplen Knochenbrüchen und schwersten Gesichtsverletzungen.“ An regnerischen Herbsttagen, wenn viel nasses Laub auf Straßen und Wegen liegt, verzeichnen die Unfallchirurgen des UKL pro Woche  mehr als 20 Frakturen nach Radunfällen. Die meisten Unfälle geschehen nach Ansicht von Prof. Josten durch Unachtsamkeit und seien oft vom Radfahrer selbst verschuldet. Allerdings gerieten diese auch nicht selten in gefährliche Situationen durch das Verhalten rücksichtsloser PKW- oder LKW-Fahrer.

Schwerere Verletzungen nach einem Unfall bedeuten in vielen Fällen Komplikationen, stationären Aufenthalt über viele Wochen oder manchmal sogar bleibende Schäden, vor allem am Schädel. „Bei einem Sturz selbst bei nur 20 Kilometer pro Stunde aus einer Fahrradhöhe von etwa einem Meter ist die Reaktionszeit in der Regel zu kurz für eine koordiniert-geschützte Landung“, erläutert Prof. Josten, „man fällt meist vornüber und schafft es nicht mehr, die Hände zum Schutz nach vorn zu bringen.“ Trotzdem oder gerade deswegen plädiert er, selbst Radfahrer, unbedingt dafür, einen Helm zu tragen: „Der Helm schützt den Schädel“, so der Unfallchirurg.

Aus seiner Erfahrung heraus kann Josten mittlerweile Radfahrer in vier Gruppen einteilen, was deren Gefährdungspotenzial betrifft: Da wären die relativ unauffälligen Kinder und Schüler. Schon gefährdeter seien Senioren, nicht zuletzt durch den Umstand der nachlassenden Koordination mit zunehmendem Alter. Gruppe Drei nehmen die gern in größeren Pulks auftauchenden Freizeit-Sportfahrer in Rennkleidung ein – hier sieht der Experte bereits größeres Gefährdungspotenzial.

Für diejenigen mit dem höchsten Potenzial findet er nur den Begriff „Fahrrad-Rowdys“ passend: in der Regel jünger, männlich, extrem rücksichtsloses Fahrverhalten. Dass viele mittlerweile ihr Zweirad auch im Winter nutzen, findet Prof. Josten „unverantwortlich“. Bei Eis und Schnee habe ein Rad nichts auf den Straßen einer Stadt verloren, so der UKL-Unfallchirurg.

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