Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat kann hartnäckig sein, wenn ihr ein Thema am Herzen liegt. Mehrmals in den vergangenen Jahren hat sie sich nach der Georg-Schumann-Straße erkundigt und den Wirkungen der 2012 beschlossenen neuen Straßenraumaufteilung. Im März hat sie noch einmal nachgehakt und gleich noch einen "Vorschlag zur künftig dauerhaften Straßenraumaufteilung" bestellt. "Nö", teilt ihr nun das Baudezernat mit. Sehr ausführlich.

Das “Nö” heißt: “Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln”. Denn erstens evaluiere man die Wirkung der 2012 vorgenommenen neuen Aufteilung des Straßenraumes regelmäßig. Und außerdem passe man die Straße kleinteilig immer wieder an, wenn es Handlungsbedarf gibt. Ansonsten sei der neu geschaffene Straßenraum nun mal ein echter Fortschritt.

“Grundlegende Änderungen der Straßenraumaufteilung sind auf Basis der Evaluation nicht notwendig und entsprechend nicht vorgesehen. Die sich noch über einen längeren Zeitraum erstreckende sukzessive bauliche Ertüchtigung der sich über 5 km erstreckenden Georg-Schumann-Straße läßt auch einen heute erstellten Vorschlag für eine  Straßenraumgestaltung über die ganze Georg-Schumann-Straße nicht als sinnvoll erscheinen, da notwendige Untersuchungen und entscheidende Rahmenbedingungen erst im zeitlichen Zusammenhang mit dann konkreten Realisierungsabsichten vorgenommen werden können und bekannt sind.”  So steht es in der Stellungnahme des Dezernats.

Zwei Mal wurde die Straßenaufteilung schon evaluiert – also gewissermaßen geprüft, ob sie auch so funktioniert, wie sie soll: 2012 und 2014.

Erste Überprüfung fand 2012 statt

2012 – direkt nach Fertigstellung der neuen B 6 weiter nördlich auf der Max-Liebermann-Straße – wurde schon einmal die erste Verbesserung sichtbar: Der Kfz-Verkehr auf der Georg-Schumann-Straße war deutlich zurückgegangen. Und das Baudezernat konnte feststellen: “Die anfänglichen Befürchtungen, dass der ÖPNV massiv behindert wird, haben sich nicht bestätigt. Nur im Abschnitt Chausseehaus bis zur Lützowstraße meldete die LVB GmbH Behinderungen für die Straßenbahn.”

Für zwei Verkehrsarten hat sich die Situation sogar deutlich verbessert: “Deutlich erhöht hat sich die Sicherheit des Fußgängerverkehrs. Vor der Neugestaltung mit klaren Regelungen wurden die Fahrzeuge regelmäßig verbotswidrig auf dem Gehweg abgestellt. Das ist durch das entsprechend des Beschlusses markierten Parkstreifens auf der Fahrbahn nur noch vereinzelt der Fall. Den Fußgängern, den schwächsten Verkehrsteilnehmern, steht nun ausreichend Platz zur Verfügung. Des Weiteren ist zu verzeichnen, dass seit der Markierung der Radverkehrsanlagen die bis dahin vorhandenen Konflikte zwischen Fußgängern und den Gehweg benutzenden Radfahrern praktisch nicht mehr existieren.”

Und besonders deutlich wurden die Verbesserungen für Radfahrer: “Bis zur Neuaufteilung des Straßenraumes wurde die Georg-Schumann-Straße zudem von Radfahrern gemieden. Mit den Radfahrstreifen wurde ein deutlicher Sicherheitsgewinn für den Radverkehr erzielt, die Anzahl der Radfahrer hat deutlich zugenommen und sich schon im September/Oktober 2012 in einigen Abschnitten sogar mehr als verdoppelt.”

Und auch die neu markierten Parkstreifen wurden angenommen – und von den Händlern auf der Straße sogar sehr begrüßt.

Tempo 30 hat viele Autofahrer aus der Kirschbergstraße vergrault

Die “Straßenmalerei” hat also schon gleich nach Auftragung gezeigt, welche positiven Effekte eine derart simple Straßenaufwertung haben kann.

An genau zwei Brennpunkten gab es dann trotzdem immer wieder Probleme. Aus Sicht der CDU-Fraktion jedes Mal Grund, das ganze Straßenraum-Thema wieder auszurollen – aus Sicht der Stadt eher ein Grund zum Nachsteuern.

Denn Fakt ist: So, wie die Georg-Schumann-Straße vor 2012 war, war sie trostlos, gefährlich, laut und unattraktiv. Das hat sich in weiten Teilen geändert. Da sie 5 Kilometer lang ist, wird sie künftig nicht in einem Stück saniert werden, eher in vielen kleinen Abschnitten, so wie 2016 zwischen Huygensstraße und S-Bahn-Brücke in Möckern.

Da werden auch die beiden Brennpunkte, an denen es immer wieder zu Rückstaus kommt, sicher Thema sein müssen.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben sich das Stau-Problem schon 2013 genauer angeschaut. Das Fazit, das das Baudezernat jetzt zitiert: “Als Ergebnis waren insgesamt nur wenige Fahrzeitverluste zu konstatieren: betroffen waren an einem Knoten stadtauswärts (Lützowstraße) und an einem Knoten stadteinwärts (Chauseehaus) einige Bahnen in der Nachmittags- bzw. der Frühspitze.”

Aus den Wortmeldungen der CDU-Fraktion ist herauszulesen, dass gerade dieses Steckenbleiben der Straßenbahn im Berufsverkehr für Unmut sorgt. Man kann es verstehen. Was für die LVB “nur wenige Fahrzeitverluste” sind, summiert sich für Fahrgäste oft genug auf verlorene Viertel und halbe Stunden, Anschlüsse werden verpasst, Termine nicht geschafft. Das Bewusstsein, dass auch die Straßenbahn ein Verkehrsmittel für Leute ist, die Termine schaffen müssen, ist in Leipzig noch nicht allzu sehr ausgeprägt.

2014 hat dann das Verkehrs- und Tiefbauamt die Straße noch einmal unter die Lupe genommen.

Denn in diesem Jahr gab es auf einer wichtigen Parallelstraße eine gravierende Änderung: Der Straßenzug Kirschbergstraße/Möckernsche Straße/Berggartenstraße wurde zur Tempo-30-Zone – und das brachte, wie das Baudezernat feststellt, “den erwarteten Verdrängungseffekt, so dass im Zuge der Georg-Schumann-Straße wieder eine Erhöhung der Verkehrsbelastung für den Kfz-Verkehr zu verzeichnen ist.”

Jetzt ist zumindest klar, warum die Stadt so sehr gegen eine Tempo-30-Zone auf der Möckernschen war. Sie kennt ihre Leipziger Autofahrer. Und die haben es immer eilig.

Aber das liegt in diesem Fall nicht an den Anwohnern der Straße, die auch aus Lärmgründen jahrelang um die Tempo-30-Zone gekämpft haben. Tatsächlich macht die Verkehrsverlagerung sichtbar, dass die Kirschbergstraße/Möckernsche Straße von vielen Autofahrern immer als Schnell-Abkürzung von Möckern zur Waldstraße genutzt wurde. Denn höhere Belastungszahlen auf der Georg-Schumann-Straße wurden “nur auf dem Abschnitt Kirschbergstraße/Wiederitzscher Straße” gemessen. “Insgesamt fallen die Anstiege des Verkehrsaufkommens in den inneren Abschnitten der Georg-Schumann-Straße geringer aus.”

Heißt im Klartext: Die Leute, die vorher gleich am “Anker” in die Kirschbergstraße eingebogen sind, fahren jetzt geradeaus bis zur Ampelkreuzung an der Wiederitzscher Straße und biegen dann rechts ab, um auf diese Weise wieder zur Waldstraße zu kommen.

Stauproblem an der Lützowstraße ist kleiner geworden

Und das leidige Stauthema an der Lützowstraße habe man auch 2014 angepackt, teilt das Dezernat für Stadtentwicklung und Bau nun mit: Man hat den Parkstreifen zwischen Bleichertstraße und Lützowstraße wieder zurückgenommen. Gebraucht hat den sowieso niemand. Aber er hatte genau den Platz gefressen, den Autofahrer dort brauchen, um auf ihre grüne Ampel zu warten, ohne der Straßenbahn dabei im Weg zu stehen.

Aber man will noch ein bisschen nachregeln: “Hierdurch konnten schon Verbesserungen für den Straßenbahnverkehr erreicht werden. Um noch auftretende einzelne Behinderungen des ÖPNV durch auf dem Gleis fahrenden bzw. wartenden Kfz-Verkehr auszuschließen, ist außerdem vorgesehen, mit einer Überarbeitung der Verkehrstechnik am Lichtsignalknotenpunkt Chausseehaus zukünftig eine Dosierung der Kfz-Mengen in Richtung Lützowstraße zu erreichen.”

Ganz wird man den Stau nicht beseitigen können: “Generell gilt ansonsten, dass gewisse Rückstauerscheinungen an lichtsignalgesteuerten Knotenpunkten in Hauptnetzstraßen in den Hauptverkehrszeiten nicht grundsätzlich auszuschließen und kein Spezifikum der Georg-Schumann-Straße sind. Größere Probleme sind ansonsten nicht bekannt.”

Manchmal vergessen auch Autofahrer gern, dass Staus nicht nur durch Ampeln ausgelöst werden, sondern vor allem durch eine Zunahme der Autos im Berufsverkehr. Mehr Autos bedeuten schlichtweg mehr Stau.

Die Radfahrer jedenfalls sind an den Staus nicht schuld. Auch wenn sie in weiten Teilen der Georg-Schumann-Straße seit 2012 endlich geschützte Radfahrstreifen haben. Die übrigens – so betont das Planungsdezernat – gesetzlichen Mindestanforderungen genügen müssen. Punktierte “Schutzstreifen sind nur dann anzuordnen, wenn wegen zu geringer Fahrbahnbreiten der Platz für einen Radfahrstreifen nicht ausreicht.”

Und just da, wo die Staukreuzungen sind, gibt es gar keine Radstreifen mehr. Da müssen sich die Radfahrer in den motorisierten Verkehr einordnen. Auch an der Lützowstraße.

Ab 2018 soll der Straßenabschnitt Chausseehaus/Böhmestraße umgebaut werden

Ob es noch Verbesserungen im Detail geben wird, soll sich dann in den jeweiligen Einzelplanungen zeigen, betont das Dezernat in seiner Stellungnahme zum CDU-Antrag.

Der nächste Abschnitt, der umgebaut wird, ist der in Möckern. Und danach will die Stadt den Straßenabschnitt zwischen Chausseehaus und Böhmestraße modernisieren.

Hier will man (irgendwann nach 2016) “untersuchen, ob die an der Lichtsignalanlage am Chausseehaus angedachten Veränderungen zur Dosierung der Kfz-Mengen ausreichend sind, um auf Basis der heutigen Markierungslösung einen künftigen störungsfreien Straßenbahnbetrieb zu gewährleisten. Von der LVB GmbH wird für diesen Abschnitt hinsichtlich eines störungsfreien Betriebs und aufgrund der gegenwärtigen Förderbedingungen eine Lösung mit halbseitigem Bahnkörper in Richtung Lützowstraße favorisiert. Hierbei wäre ein zusätzlicher Eingriff in die Gehbahn erforderlich. Beide Varianten müssen im Zuge der Erarbeitung der Planung verglichen und die Vor- und Nachteile abgewogen werden. Des Weiteren gibt es von Seiten der LVB GmbH für diesen Abschnitt die Absicht, eine zusätzliche Haltestelle im Bereich Prellerstraße einzuordnen. Auch die Einordnung und deren Auswirkungen auf den Verkehrsablauf müssen noch planerisch untersucht werden. Von Seiten der LVB GmbH ist für diesen Abschnitt nach gegenwärtigem Stand ein Bau ab 2018 eingeordnet. Bei einem erforderlichen Mitbau von Seiten der Stadt ist aus heutiger Sicht eine Finanzierbarkeit erst ab 2020 möglich.”

Die Diskussion über einzelne Straßenabschnitte wird also immer dann passieren, wenn die Abschnitte auch reif sind zur Planung. Und das kann bei der Georg-Schumann-Straße ziemlich lange dauern, bis alles fertig ist.

“Aufgrund des Gleiszustandes ist aus gegenwärtiger Sicht der LVB GmbH ein kompletter Umbau weiterer Abschnitte der Georg-Schumann-Straße im ummarkierten Bereich erst in den Jahren nach 2020 erforderlich bzw. eingeordnet”, betont das Baudezernat. “Eine grundsätzliche Entscheidung zur künftigen Straßenraumaufteilung für den gesamten Bereich der Georg-Schumann-Straße ist somit heute noch nicht möglich und aufgrund sich ändernder Förder- und Finanzierungsbedingungen, Verkehrsverhältnisse und Gleiszustände in den einzelnen Abschnitten auch nicht sinnvoll.”

Die komplette Stellungnahme des Dezernats für Stadtentwicklung und Bau.

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“Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat kann hartnäckig sein, wenn ihr ein Thema am Herzen liegt.”

Die CDU als solches kann sehr hartnäckig sein, wenn ihr ein Thema am Herzen liegt.
Man bedenke nur, dass Frauen erst seit 40 Jahren Wählen und Verträge unterzeichnen dürfen.
Oder die Vermeidung der Gleisstellung von Mann und Frau oder die erheblich niedrigeren Löhne für Frauen.
Ja, ja, die CDU kann sehr hartnäckig sein und wenn es um die Vermeidung von Gerechtigkeit geht, ist sie besonders Hartnäckig.

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