Gut Ding will Weile haben. Oder doch Eile? So jedenfalls klang es in der Leipziger „Bild“, die schon einmal forsch vermeldete: „Blitz-Bauplan für Leipzigs neue Markthalle. Der Investor hatte das 7.300 Quadratmeter große Grundstück für 2,5 Mio Euro gekauft, kann endlich bauen.“ Warum hat die Stadt das selbst noch nicht gemeldet? Da hat die L-IZ mal nachgefragt.

Immerhin schwebte das ja in der Luft, seit die Stadtverwaltung im Herbst ein paar Leitlinien zum Wilhelm-Leuschner-Platz aus dem Hut zauberte und dann deutlichen Druck auf die Stadtratsfraktionen ausübte, die Leitlinien schleunigst zu beschließen. Sozusagen als einen Ersatz für einen Bebauungsplan, der hier das Bauen ermöglichen würde, auch wenn es gar nicht um den Wilhelm-Leuschner-Platz geht, sondern um das alte Markthallenviertel.

Aber einer trappelt ja nun seit Jahren mit den Füßen: Das ist der Investor, der hier das von den Grünen einst ins Gespräch gebrachte Projekt einer neuen Markthalle umsetzen will: Patrik Fahrenkamp, Geschäftsführer der Stadtbau AG, der hier mit der Tochtergesellschaft Markthalle GmbH plant. Die Website für das Projekt ist seit 2010 im Netz.

Und wenn die Stadt nicht die wilde Idee gehabt hätte, das Freiheits- und Einheitsdenkmal auf den Platz zu bringen und mit einem am Ende gescheiterten Wettbewerb wertvolle Jahre zu verplempern, hätte im Gelände der ehemaligen Leipziger Markthalle eigentlich schon längst was passieren können.

Die Gespräche und Verhandlungen über das Grundstück liegen nun auch schon wieder zwei Jahre zurück. Sie bauten auf einem Verkehrswertgutachten des öffentlich-bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. Jens Vollrath vom 14. September 2012 auf, das den Verkehrswert des Markthallengrundstücks damals auf 360 Euro je Quadratmeter bezifferte.

Was sich dann auch in den beiden Geboten von 2013 niederschlug: Die Markthalle GmbH bot 2,5 Millionen Euro für das 9.433 Quadratmeter große Grundstück, von dem rund 7.300 Quadratmeter benötigt werden. Einen zweiten Bieter gab es noch mit der EDEKA Nordbayern Bau- und Objektgesellschaft mbH, die 2,475 Millionen Euro bot. Schon 2013 gab die Dienstberatung des OBM grünes Licht zur Kaufverhandlung mit der Markthalle GmbH. Aber dann platzte der Denkmalswettbewerb und die Diskussion um die Gestaltung des ehemaligen Markthallenviertels (in den städtischen Unterlagen immer wieder fälschlich als Ostteil des Wilhelm-Leuschner-Platzes angegeben) entbrannte erneut.

Eigentlich sollten die fast beiläufig entwickelten „Leitlinien“ erst einmal eine Struktur in die Diskussion bringen, waren so eine Art Arbeitspapier. Aber der Druck in der Verwaltung scheint hoch gewesen zu sein, hier endlich einen Pflock einzuschlagen. Die „Leitlinien“ wurden kurzerhand vom Stadtrat am 16. Dezember beschlossen. Mit durchaus brisantem Inhalt, denn sie ermöglichen am Rossplatz (direkt östlich des Bowlingtreffs) nicht nur eine hoch aufschießende Bebauung, die die Dimension der Bauten aus der Stalinzeit auf der Ostseite der Grünewaldstraße erreichen kann, auch die Markthalle soll höher werden als bislang geplant: „Die Gebäudehöhe der Markthallenbebauung soll zum Platzraum mindestens 18 Meter und nicht mehr als 21 m betragen. Einzelhandel ist nur im Erdgeschoss zulässig.“

Heißt: In den Geschossen darüber wären dann entweder Büros oder Wohnungen unterzubringen. Das noch existierende Kellergeschoss der im 2. Weltkrieg zerstörten Markthalle wird wieder genutzt.

Ein wenig orakelte die „Bild“ auch über alle fünf Grundstücke, die nun im Paket verkauft würden, was so erst einmal nicht zutrifft. Denn beschlossen ist seit 2013 erst einmal nur der Verkauf des Grundstücks 1182a. Das ist das Grundstück, auf dem die alte Markthalle stand. Es grenzt im Süden an die Brüderstraße, im Osten an die Grünewaldstraße und im Westen an die Markthallenstraße. Im Norden durchschneidet es den noch existierenden Parkplatz. Die vier (je nach Zählweise auch fünf) nördlich davon liegenden Grundstücke sind jedenfalls von dem 2013 gefällten Beschluss nicht erfasst. Unter anderem auch nicht, weil die Stadt nach wie vor auch eine Verlängerung der Leplaystraße bis zur Markthallenstraße favorisiert – eine Straßenführung, die es so historisch nicht gab.

Ebenso noch nicht erfasst sind die Grundstücke auf dem Winkel zwischen Brüderstraße, Windmühlenstraße und Grünewaldstraße (wo die „Leitlinien“ auch teilweise reine Wohnbebauung für möglich halten) und die Grundstücke zwischen Markhallenstraße und Wilhelm-Leuschner-Platz, die die Stadt am liebsten gar  nicht wieder bebaut sehen möchte.

Aber warum vermeldet nun die Stadt keinen Verkauf? Der Grund ist simpel: Die „Bild“ war zu schnell, der Verkauf „besagter Flächen“ sei noch nicht erfolgt, teilt das Rathaus mit. „Weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können weitere Auskünfte derzeit leider nicht gegeben werden.“

Die Beschlussvorlage von 2013.

Die zugehörige Karte mit dem eingezeichneten Markthallen-Grundstück.

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Schön, dass die Bild mal die Bettdecke gelupft hat und gesehen hat, mit wem die Stadtverwaltung kop… äh gekuschelt hat. Ein alter Bekannter also. Immer dieselben, und die Stadtverwaltung hält Bürger und Stadtrat nach wie vor nicht nur treudoof und naiv, sondern für grenzdebil.

Was nun für den Artikel gut gewesen wäre, ist, zu erfahren, ob diese Millionen ein üblicher Marktpreis sind oder im Zusammenhang mit der fortgesetzten Kop… äh Kooperation ein Gefälligkeitspreis ist, um weiterhin warm miteinander unter der Decke zu stecken.

Sicherlich wurde auch der eine Kugelschreiber oder die andere nicht-leere Pralinenschachtel auf dem Investorenstammtisch im Rathaus “liegenlassen”…

Dass die politische Kultur in Leipzig vor die Hunde gekommen ist, interessiert ja weder Stadtrat noch OBM noch der Stadtverwaltung sowieso.

Macht weiter so. Leipzig wird nicht mal ein Stuttgart des Ostens werden, sondern eine ganz irrelevante Provinzstadt. So Krefeld oder so.

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