„Das Ensemble ist ein aussagekräftiges Zeugnis der städtebaulich-architektonischen und der landschaftsarchitektonischen Auffassungen der frühen 1960er Jahre“, begründete das Umweltdezernat im August letzten Jahres seine Vorlage zur Sanierung der Grünanlage an der Karl-Liebknecht-Straße vis-à-vis vom Volkshaus. Eigentlich ist es eine langweilige Anlage. Irgendetwas muss passieren.

Eigentlich soll gar nicht viel passieren. Im Wesentlichen soll die spartanische Lösung aus den 1960er Jahren so wieder hergestellt werden, ergänzt um ein paar neue Elemente vorm Biomare. Ein paar Bäume sollen gefällt werden. Eine halbe Million Euro soll der Spaß kosten, der wohl beginnt, wenn das Wetter wieder Bauarbeiten zulässt.

Ein bisschen Bürgerempörung gab es noch. Recht spät, um an dem eigentlich schon für 2016 geplanten Projekt noch etwas zu ändern. Auch ein bisschen schräg und abwegig, weil damit wieder der eigentliche Knackpunkt vermieden wurde: Warum gab es im Vorfeld keine Bürgerbeteiligung? Nur weil der Denkmalschutz der Meinung war, die Anlage solle möglichst so bleiben, wie sie ist? Nicht der erste Fall, in dem der Leipziger Denkmalschutz die Notlösungen aus einer vergangenen Zeit zum Dauerbestand der Stadt erklärt hat.

Das führt natürlich selten zu guten neuen Lösungen, sondern eher zu manifest gemachter Langeweile. Die spannende Schönheit sozialistischer Stadtgestaltung zu entdecken, braucht es wohl wirklich eine besondere Brille.

Auch der Ökolöwe sprang dann noch auf den Zug und nutzte die Gelegenheit, wenigstens die Sache mit dem Grün ins Gespräch zu bringen.

„Uns ist es sehr wichtig, dass möglichst viele Bäume und Sträucher erhalten bleiben. Denkmalschutz – hin oder her. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer zeigte sich sehr gesprächsbereit und war offen für die vielen Einwände und Vorschläge“, sagt Anja Werner vom Ökolöwen Leipzig.

Der Ökolöwe nahm dann auch noch an einer Gesprächsrunde der Stadtverwaltung teil, bei der auch BürgerInnen sowie NABU und BUND anwesend waren. Das von den AnwohnerInnen geschätzte Stadtgrün konnte dabei gesichert werden: Von den 29 dort stehenden Bäumen werden nur noch fünf Bäume gefällt.

„Das sind zwar immer noch fünf Bäume zu viel, aber immerhin werden an anderer Stelle zum Ausgleich ein neuer Baum und vor allem auch Sträucher gepflanzt“, schätzt Werner das Ergebnis der Gesprächsrunde ein. Das erhaltene Stadtgrün wird zudem weiterhin Schatten spenden, Luft und Lärm filtern, Habitat sein und für ein angenehmes Klima sorgen.

Und dann brachte der Ökolöwe noch einen Aspekt ein, den die Planung völlig außen vor gelassen hatte: Wenn es schon einmal solche über 50 Jahre gewachsenen Grüninseln in der Stadt gibt, dann sind sie in der Regel auch Rückzugsraum für viele in der Stadt lebende Tiere. Da räumt man nicht einfach mal auf und bringt alles wieder in den aseptischen Zustand von anno Ulbricht.

„Die Umweltverbände fordern die Stadtverwaltung auf, die Fläche als Lebensraum und Nahrungsquelle für Vögel und Insekten durch heimische Blühstauden und Sträucher aufzuwerten“, erklärt Anja Werner dazu. Da braucht es neben der denkmalgeschützten Quadratur auch sehr naturnah belassene Grünbereiche, über die nicht alle paar Wochen der Rasenmäher knattert.

„Leipzig wächst rasant. Durch Bebauungen, Straßenverbreiterungen und Parkplätze verschwindet immer mehr Grün. Unser Ziel ist es daher, dass bei solchen Maßnahmen Natur erhalten bleibt und möglichst neue Bäume und Sträucher hinzukommen“, sagt Werner und erinnert daran, dass im ganzen Stadtgebiet seit ein paar Jahren die große Kahlrasur im Gange ist. „Gegen den grassierenden Kahlschlag muss noch viel mehr getan werden. Nur so gewinnt Leipzig mehr Grün und Stadtnatur.“

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