Es sieht nur so aus, als würden in der Leipziger Verkehrspolitik Welten aufeinanderprallen. Tatsächlich passiert etwas völlig anderes: Die Stadt beginnt jetzt all jene Probleme zu spüren, die durch den Aufstau von wichtigen Verkehrsinvestitionen entstanden sind. Wichtige Jahre wurden vertan, um ein mitwachsendes und stadtfreundliches Verkehrssystem zu entwickeln. Und manche Straßen – wie die Lützowstraße in Gohlis – bekommen das tagtäglich zu spüren.

Was die seit drei Jahren vorgebrachten Anträge aus Bürgerverein und Stadtbezirksrat eigentlich nur thematisieren, wenn sie immer wieder auf die unübersichtliche Verkehrssituation an der Friedenskirche und die hohe Verkehrsbelastung in der engen Lützowstraße eingehen. Denn hinter den Vertröstungen der Stadtplaner steckt ja nur das Eingeständnis, dass es für dieses Verkehrsproblem derzeit kein Geld und keine freien Planungskapazitäten gibt.

Oder mal so gesagt: Auf dieser Betrachtungsebene der städtischen Verkehrsprobleme ist man noch lange nicht. Die Pipeline ist noch mit all den überfälligen Straßengroßprojekten verstopft, die seit über zehn Jahren darauf warten, endlich umgesetzt zu werden.

Aber darunter leiden die Knotenpunkte außerhalb der Großprojekte.

Tag für Tag verwandelt sich die Lützowstraße zwischen der Gohliser Straße und der Georg-Schumann-Straße in ein Nadelöhr, schieben sich Autokolonnen, Straßenbahn und Radfahrer durch diese schmale Gasse. Für Radfahrer ist das oft genug ein schweißtreibendes Unterfangen, denn wenn sie hier sicher fahren wollen, müssen sie zwingend zwischen den Straßenbahngleisen fahren – werden dort aber immer wieder bedrängt und angehupt.

Hier wird sichtbar, was „Radfahren im Nebenstraßennetz“ in Leipzig bedeutet. Alternativrouten? Nicht vorhanden.

Aber drei Jahre sind für ein Menschenleben eine verdammt lange Zeit. Erst recht, wenn einem die Verwaltung mitteilt, dass man nicht mal weiß, wann man sich mit einer Lösung des Problems beschäftigen werde.

Also ruft der Bürgerverein Gohlis e. V. auch in diesem Jahr zu einer Demonstration am heutigen Freitag, 22. September, für mehr Verkehrssicherheit auf der südlichen Lützowstraße auf. Mit der Fahrrad-Schiebe-Demo will er seiner Forderung Nachdruck verleihen, wenigstens die Geschwindigkeit auf dem engen Abschnitt der Lützowstraße zwischen der Friedenskirche und der Georg-Schumann-Straße auf Tempo 30 zu reduzieren.

Die Demonstration startet um 17 Uhr vor der Friedenskirche und führt zu den Gefahrenpunkten auf der Lützowstraße Richtung Georg-Schumann-Straße und wieder zurück bis zur Kreuzung Gohliser/Fritz-Seger-Straße.

Das Bürgerprojekt „Starke Nachbarschaften durch aktive Beteiligung“ unterstützt wieder diese Aktion.

„Nur 24 Sekunden würde eine Fahrt auf diesem 450 m langen Abschnitt länger dauern, wenn man 30 km/h statt der derzeitigen 50 km/h fährt. Aber es wäre ein großer Sicherheitsgewinn für alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für Fußgänger und Radfahrer“, erläutert Matthias Weidel vom Bürgerverein. Die Radfahrer würden sich damit weniger durch die Autos und Straßenbahn getrieben fühlen. Fußgänger wären auf den schmalen Gehwegen sicherer und könnten leichter die Straße queren. Schließlich befinden sich im unmittelbaren Umfeld auch zwei Schulen mit etwa 500 Schülern, die einen stressfreieren Weg zur Schule hätten.

Die Probleme seien der Stadt Leipzig seit Jahren bekannt. Doch für Tempo 30 sieht die Verwaltung keine Notwendigkeit, und für die Planung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsführung gibt es zwar mehrere Varianten, aber keine Entscheidung.

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Ein Blitzlicht in einen drögen Wahlkampf, in dem alle ungelösten Probleme unter den Tisch gelächelt werden

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