Im Oktober hob die Linksfraktion das Thema Elsterbecken wieder auf die Tagesordnung. Kann man im Elsterbecken nicht auch einen Fluss fließen lassen, war ein Antragspunkt. Das Umweltdezernat reagierte mittlerweile mit einer Stellungnahme, die man mit dem Satz umschreiben kann: „Darüber haben wir keine Lust nachzudenken.“ Am 5. Februar wird der Antrag wieder im Fachausschuss Umwelt diskutiert. Und der BUND Leipzig macht einen gut begründeten Beschlussvorschlag. Den die Ausschussmitglieder hoffentlich auch lesen.

Darin schreibt der BUND, dass das Integrierte Gewässerkonzept (IGK), wie es 2004 mit einem Höllentempo durch den Stadtrat gepeitscht wurde, ganz und gar nicht alternativlos ist, wie es der Umweltbürgermeister behauptet. Im Gegenteil: Der damals vorgelegte Affenzahn, um vor der Fußball-WM 2006 schnell noch die Jahnallee neu bauen zu können, hat zu einer Lösung geführt, die völlig überteuert ist und die Probleme nicht wirklich löst.

Tatsächlich plädierte damals auch die Landestalsperrenverwaltung dafür, das Elsterbecken in eine Flusslandschaft zu verwandeln. Der neue Fluss wäre dann problemlos in der Lage, die Sedimente abzutransportieren, die übers Palmgartenwehr ins Becken stürzen. Und das jährliche Ausbaggern hätte ebenso ein Ende.

Hier der Beschlussvorschlag des BUND Leipzig komplett:

Sehr geehrte Stadträt*innen,

im FA Umwelt steht der Antrag Perspektive Elsterbecken zur 2. Lesung an. Der BUND Leipzig empfiehlt Ihnen folgenden ergänzten Beschlussvorschlag weiterzuverfolgen:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit der obersten Wasserbehörde (SMUL) zu prüfen, ob das Elsterbecken in ein stehendes Gewässer umgewandelt werden kann. Alternativ ist zu prüfen, ob zwischen Palmengartenwehr und dem Luppewehr ein mäandrierender Flusslauf in einer Wiesenlandschaft angelegt werden kann.

Inhalt der Untersuchung sollen neben den ökologischen und hydrologischen Aspekten die Herstellungskosten, Betriebskosten, Finanzierung und Realisierungszeit für die Varianten im Vergleich zum Ist-Zustand sein. Zudem sind alle notwendigen Maßnahmen bei einer Elsterbeckenumgehung (u. a. Öffnung Alte Elster) einzubeziehen.

Zur Begründung finden Sie hier unsere Einschätzung der Situation:

Das IGK wurde mit der Zielstellung Olympiabewerbung (Ruderbecken) erarbeitet und 2004 unter dem Zeitdruck der Fußball-WM (Baustelle Jahnallee/Hohe Brücke) eilbedürftig beschlossen.

Der vorliegende Antrag ist mit Verwaltungshandeln nicht erfüllt, weil

in der Vorlage zum RBIII-1563/04 [1] eine Elsterbeckenumgehung als alternativlose Lösung dargestellt wurde und der im Antrag geforderte Vergleich zur Flusslandschaft bzw. zum Ist-Zustand nicht enthalten war,

gemäß Kooperationsvereinbarung von 2011 [2] wesentliche Änderungen durch den Stadtrat zu bestätigen sind und damit von ihm auch eingebracht werden können.

Das IGK mit Öffnung der Alten Elster ist keinesfalls alternativlos und birgt in der weiteren Umsetzung erhebliche Kostenrisiken und Nachteile für die Gewässer- und Auenentwicklung. Schon die Beibehaltung des Ist-Zustandes als durchflossenes Elsterbecken mit Fertigstellung des Elstermühlgrabens (kleines IGK) ist wirtschaftlich günstiger und ökologisch vorteilhafter.

Tonnen von Schwemmaterial im Elsterbecken. Foto: Ralf Julke
Tonnen von Schwemmaterial im Elsterbecken. Foto: Ralf Julke

Das Elsterbecken als Flusslandschaft wurde 1999 in der LTV-Studie [3] als Vorzugsvariante für Hochwasserschutz, Sedimenttransport und Gewässerentwicklung vorgeschlagen: „Die Vorländer brauchen nicht vollkommen als begrünte Trockenflächen ausgebildet werden, sondern können auch Tümpel und Teiche aufweisen“ und „das Gesamtbild einer großen Wasserfläche nahezu erhalten. Neben der Stabilisierung des Sedimenthaushaltes bringt diese Sanierungsvariante für das Elsterbecken auch aus ökologischer Sicht, zum Beispiel bezüglich der Artenvielfalt von Flora und Fauna, einen Gewinn mit sich.“ Mit kleinen Steinschüttungen als strömungslenkenden Einbauten ließe sich auch die gesamte Wasserfläche erhalten.

Für den Hochwasserabfluss wird die Alte Elster nicht benötigt. Er erfolgt über das Elsterbecken, unabhängig von dessen Gestalt bei Nicht-Hochwasser. Die Durchgängigkeit zur unteren Weißen Elster wird bereits durch Öffnung des Elstermühlgrabens hergestellt.

Hauptargument des IGK waren die eingesparten Kosten der zyklischen Sediment-Entfernung im Elsterbecken. In der Vorlage 2004 [1] wurden diese mit jährlich 4 bis 5 Mio. Euro angegeben. Tatsächlich sind es weniger als 300.000 Euro pro Jahr [4]. Die erforderlichen Investitionskosten sind damit nicht ansatzweise refinanzierbar. Dabei sind große Mengen Kiese und Sande, die durch Hochwasserereignisse wie 2013 eingetragen werden und sich auch nach Fertigstellung des IGK im Elsterbecken ablagern würden. Zudem ist für die künftige Bewirtschaftung des Elsterbeckens als Standgewässer die Stadt Leipzig zuständig [2]. Der Aufwand (u.a. für Belüftung zur Vermeidung des Umkippens durch Sauerstoffmangel) dürfte sich im Bereich der heutigen Betriebskosten der LTV bewegen. Gewässerökologische Auswirkungen und technische Umsetzung wurden dafür bisher nicht untersucht.

Die Alte Elster wird wohl mehr als 100 Mio. Euro kosten und als großer Kanal in zentraler Lage ca. 40.000 m² Fläche beanspruchen. Angesichts des problematischen Niedrigwasserdargebots, dem Elsterbecken und weiterer Gewässer in unmittelbarer Nähe weist der städtebauliche Ansatz Fragezeichen auf. Hinzu kommen weitere Aufwendungen in ähnlicher Größenordnung für Brücken, Wehre, die Überleitung zur Neuen Luppe, die Erweiterung des Elstermühlgrabens ober- und unterhalb sowie die Profilierung des Elsterbeckens. Eine etwaige Herrichtung des Elsterbeckens als Ruderbecken würde weitere Eingriffe in die Altsedimente erfordern und ist nicht Aufgabe der LTV [2].

Bisher nicht berücksichtigt: Mit Öffnung der Alten Elster kann linksseitig der Neuen Luppe das natürliche Wasserdargebot die Aue nicht erreichen. Das Projekt Lebendige Luppe verliert damit seine von der Landesdirektion (Genehmigungsbehörde) geforderte Planrechtfertigung: Teil eines wirksamen hydrologischen Gesamtkonzeptes für die Aue zu sein und dabei Änderungen des IGK mit zu betrachten. Ein Festhalten am IGK würde die Gewässer- und Auenrevitalisierung im Leipziger Nordwesten dauerhaft blockieren. Die „Lebendige“ Luppe als Bach sowie sporadische Hochwassergaben können die Defizite der Bestandsgewässer (WRRL-Verbesserungsgebot) und der Aue (FFH/SPA-RL-Verschlechterungsverbot) nicht beheben.

Im Übrigen wäre ein Verzicht auf das IGK mit Alter Elster noch keine Entscheidung für oder gegen das Elsterbecken in seiner Gestalt. Eine fundierte Abwägung zwischen dem Fortbestand als durchflossenes Becken oder einer Flusslandschaft kann zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden.

Die ursprünglichen Zeitpläne des IGK sind bereits ein Jahrzehnt überschritten.

Wir halten es angesichts der weitreichenden Konsequenzen der Entscheidung um die Zukunft des Elsterbeckens für erforderlich, die Öffentlichkeit mit einzubeziehen und werden diese Informationen daher auch der Presse zur Verfügung stellen.

[1] Vorlage DS III/3021 zum Beschluss RBIII-1563/2004; Integriertes Gewässerkonzept – Ziel: Hochwasserschutz; 20.01.2004

[2] Vorlage DS V/2023; Kooperationsvereinbarung zur schrittweisen Umsetzung des Integrierten Gewässerkonzeptes Leipzigs; 25.10.2011

[3] Horlacher, H.-B.; Variantenuntersuchung zur Stabilisierung des Sedimenttransportes im Elsterbecken Leipzig; LTV, TU Dresden; April 1999

[4] LTV Sachsen; Medieninformation; 01.03.2016

Mit freundlichen Grüßen

Justus Wulff
Vorstand

Umweltbürgermeister hält stur an Alter Elster und beräumtem Elsterbecken fest

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