Seltsame Anträge betreffend den Leipziger Osten beschäftigen derzeit die Leipziger Stadtverwaltung. Sie drehen sich alle um das 1999 eingemeindete Mölkau, das sich auch in allen Diskussionen um den Verkehr im Leipziger Osten wie ein kleines Königreich gebärdet und stets nur Vorschläge macht nach dem Motto: Wir wollen keinen Durchgangsverkehr, der soll woanders fahren.

Seit kurzem geistert ein gemeinsamer Antrag der Stadträte Jens Lehmann (CDU), Siegrun Seidel (CDU), Anja Feichtinger (SPD) und Marius Beyer (AfD) durch die Instanzen, der die Stadt dazu bewegen soll, den Neubau der Brücke im Verlauf der Geithainer Straße über die Gleise der Deutschen Bahn quasi zum größeren Teil aus der Stadtkasse zu bezahlen, auch wenn der Antragstext sich scheinbar nicht so liest: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemäß Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) das erforderliche Verlangen auf Ersatzbau des Brückenbauwerks (Kreuzung) in der Geithainer Straße unverzüglich gegenüber der DB Netz AG anzuzeigen, die seitens der Stadt Leipzig erforderlichen planungsrechtlichen Genehmigungsverfahren einzuleiten und die erforderlichen Mittel in den Haushalt einzustellen.“

Dass mit diesem „Verlangen auf Ersatzbau des Brückenbauwerks“ Kosten in Millionenhöhe auf die Stadt zukämen, war den Antragstellern vielleicht nicht bewusst. Sie haben wahrscheinlich auch nicht wirklich darüber nachgedacht, woher diese Forderung aus Mölkau stammt, denn den Mölkauern selbst würde der Brückenbau nichts bringen. Bestenfalls würde er einen Teil des Verkehrs, der derzeit durch Mölkau fließt, wieder über die Geithainer Straße lenken, die seit 2017 wegen nachlassender Standfestigkeit für den Kfz-Verkehr gesperrt ist.

Ob sie tatsächlich größere Verkehrsmengen aus Mölkau fernhalten würde, ist eher spekulativ.

Genauso wie die beharrlichen Forderungen insbesondere aus Mölkau, den Mittleren Ring zu bauen, kaum etwas mit den Durchgangsverkehren in Mölkau zu tun hat.

Und ein dritter Ansatz, aus anderer Richtung den Verkehr durch Mölkau zu drosseln, hat seit August das Leipziger Verkehrsdezernat beschäftigt.

Der Ortschaftsrat Mölkau hatte beantragt, „dass auf dem Verkehrshinweisschild an der Prager Straße vor der Kreuzung Prager Straße/Kommandant-Prendel-Allee die Angabe des Weges zur Autobahn A 14 durch Stötteritz und Mölkau dauerhaft entfernt wird sowie die Ausweisung des Weges zur Autobahn A 14 für alle Richtungen grundsätzlich erst an der Kreuzung Prager Straße/Gerichtsweg über die Bundesstraße 2 erfolgt.“

Das Verkehrsdezernat lehnt den Antrag auch wegen Gesetzwidrigkeit ab.

Das klingt erst einmal sehr trocken, aber doch auch ein wenig emotional. Denn für Verkehrswegweisungen hat der Ortschaftsrat schlicht keine Befugnis: „Wegweiser sind Verkehrszeichen gemäß der bundeseinheitlich geltenden Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Demzufolge unterliegt deren Anordnung, wozu auch die Festlegung der zu weisenden Ziele gehört, dieser Verordnung. Die Ausführung der StVO ist nach § 24 Sächsisches Straßenverkehrsrechtsgesetz eine Pflichtaufgabe nach Weisung. Sie obliegt den Straßenverkehrsbehörden im übertragenen Wirkungskreis und unterliegt der Fachaufsicht der oberen Straßenverkehrsbehörde (Landesamt für Straßenbau und Verkehr). Für die Erledigung dieser Weisungsaufgaben ist nach § 53 Abs. 2 SächsGemO allein der Bürgermeister zuständig. Eine Übernahme dieser Aufgaben durch den Stadtrat ist grundsätzlich rechtswidrig und zurückzuweisen.“

Und neu ist der Vorstoß aus Mölkau auch nicht: „In der Sache wurde der Vorschlag jedoch bereits geprüft, sodass auch ein Prüfauftrag entbehrlich ist.“

Und dass das Schild an der Prager Straße besonders viele Kraftfahrer ausgerechnet durch Mölkau lotsen würde, ist aus Sicht der Verkehrsplaner einfach nur an den Haaren herbeigezogen: „Mit der Fertigstellung des Autobahnringes erfolgt die Führung des Fernverkehrs vorrangig über diese leistungsfähigen und schnellen Verbindungen. Die Weisung der Fernziele am Knoten Prager Straße/Kommandant-Prendel-Allee erfolgt für den innerhalb der Stadtgrenzen entstehenden Quellverkehr und betrifft dementsprechend nur eine sehr geringe Verkehrsmenge. Dieser geringe Verkehr wird auf dem kürzesten Weg zum übergeordneten Netz, insbesondere zu den Autobahnen, geleitet. Dadurch werden unnötige Fahrstrecken im Stadtgebiet verringert und eine zusätzliche Verkehrsbelastung der höchstbelasteten zentrumsnahen Straßenabschnitte vermieden.“

Das könnte man schon als kleine, amtliche Rüge lesen an einen Ortschaftsrat, der sich der Verkehrsbelastung einfach entledigen will, indem er sie in andere Stadtteile abschieben möchte. Das ist weder fair noch solidarisch.

Und was haben die Verkehrsplaner für Mölkau ermittelt? – „Entsprechend einer aktuellen Verkehrserhebung treten in 24 Stunden nur 1.000 Fahrzeuge auf, die von der Prager Straße kommend in die Kommandant-Prendel-Allee rechts abbiegen. Dabei muss auf Grundlage des integrierten Verkehrsmodells festgestellt werden, dass die Fahrbeziehung über Mölkau und weiter über die B 87 bzw. B 6 zur A 14 eine untergeordnete Bedeutung hat.“

Heißt im Klartext: Die meisten Fahrer, die hier abbiegen, wollen eher in die Stötteritzer Wohngebiete und ganz bestimmt nicht durch Mölkau zur Autobahnauffahrt.

Und die Entscheidungen zum Mittleren Ring werden auch nicht in Mölkau getroffen. Das kann man aus dieser Aussage des Verkehrsdezernats herauslesen: „Beschlüsse zum Mittleren Ring Südost betreffen Ausbauplanungen für ein zukünftiges und leistungsfähigeres Straßennetz. Die Nutzung des bestehenden Hauptstraßennetzes einschließlich der Wegweisung steht nicht im Widerspruch dazu.“

Heißt im Klartext: Den Mittleren Ring wird es geben, wenn er im gesamten Straßennetz des Leipziger Ostens wirklich eine entlastende Rolle haben sollte. Einen entsprechenden Prüfauftrag hat ja die Freibeuter-Fraktion im Stadtrat initiiert – aber nicht in Hinblick auf die Entlastung im Dorf Mölkau, sondern auf die Entlastungswirkung zur Innenstadt hin.

Ortschaftsrat Mölkau beantragt die Entfernung des A14-Hinweises an der Kommandant-Prendel-Allee

Ortschaftsrat Mölkau beantragt die Entfernung des A14-Hinweises an der Kommandant-Prendel-Allee

 

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. Oktober 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 450 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 3 Kommentare

Also bei mir steht immer noch Heiterblickallee…

So verkehrt finde ich die Nachfrage aber nicht.
Warum sollte die Brücke nicht wieder instandgesetzt werden??
Sieht man sich die Wegebeziehungen der Gegend einmal an, ergibt sich durch die Sperrung sehr wohl ein Loch im Straßennetz, welches einen Teil des Verkehres nach Norden oder Süden ausweichen lässt.
Im Süden geht’s durch Mölkau.

Momentan ist es in Mölkau noch schlimmer, weil auch die Zweinaundorfer Straße gesperrt ist, da geht’s also auch durch Mölkau.

Viele von der A14 kommende Fahrzeuge, die ins südliche Stadtgebiet wollen, fahren auch diese Route, kenne ich gelegentlich von mir selber.

Fakt ist – Mölkau ist durch die Lage der Straßen schon ein Nadelöhr.

Kann es sein, dass statt “wieder über die Heiterblickallee lenken” eher die Geithainer Straße gemeint ist?

Dort ist die gesperrte Brücke, die im Sinne des obigen Berichtes am ehesten zutreffen würde.

Schreiben Sie einen Kommentar