Leipzig braucht Wohnraum. Dafür müssen auch viele bislang grüne Brachen weichen. Eine solche gab es bislang auch in der Shakespearestraße in Zentrum-Süd. Im Mai startete eine Bürgerinitiative hier eine Petition zur Rettung der grünen Oase: „Die Grundstücke der städtischen LWB Shakespearstraße 17–19 und Bernhard-Göring-Str. 28 sollen zu einem zusammenhängenden Stadtteilpark umgestaltet werden.“ Doch das Planungsdezernat lehnte das Ansinnen vehement ab.

„Das Begehr, die derzeit unbebauten Grundstücksflächen Shakespearestraße 17–19 und Bernhard-Göring-Straße 28 (Flur 926f und 927) in einen Stadtteilpark umzugestalten, wird abgelehnt“, lautete der erste Satz in der Stellungnahme des Dezernats für Planung und Bau.

Und nachdem schon die Linksfraktion ihre Sympathie für das Anliegen der Petenten geäußert hat, sahen sich die Grünen durch die barsche Ablehnung der Verwaltung erst richtig animiert, sich die Sache vor Ort näher zu beschauen. Auch wenn sie betonen, das LWB-Projekt in der Shakespearestraße und Bernhard-Göring-Straße unbedingt zu unterstützen. Denn die Wohnungen werden dringend gebraucht.

Doch die Bewohner des Quartiers kämpfen ja nicht ohne Grund um eine Grünfläche. Stadtquartiere werden sehr ungemütlich. Gerade in Hitzemonaten, wenn es an Grün und Verschattung fehlt, die Straßen zugeparkt sind und es draußen partout keinen Aufenhaltsort gibt, der nicht dem motorisierten Verkehr gehört.

„Wir haben allerdings auch großes Verständnis für die berechtigen Belange des Petenten“, betonen die Grünen und finden die Stellungnahme der Verwaltung in diese Form mal wieder zu kurz angebunden. Sie haben in einem Änderungsantrag ihre Vorstellungen zu einem anderen Umgang mit dem Thema formuliert.

„Bezahlbarer Wohnraum wird dringend benötigt. Sozialer Wohnungsbau wirkt auf die Umgebung mietpreisdämpfend. Deshalb befürworten wir das Projekt der LWB, die einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hat“, betont Dr. Tobias Peter, wohnungspolitischer Sprecher der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

„Damit wird auch der zuletzt im INSEK verankerte Grundsatz ‚Innenentwicklung vor Außenentwicklung‘ berücksichtigt. Eine gute ÖPNV-Anbindung und die vorhandene weitere Infrastruktur befördern im Weiteren die ‚Stadt der kurzen Wege‘. Wir erwarten allerdings, dass die LWB ihre Ankündigung umsetzt, so viele Bestandsbäume wie möglich zu erhalten. Auch mit der geplanten Bebauung sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, den verbleibenden Freiraum auf den betreffenden Grundstücken als grün gestalteten Anwohner/-innentreff auch für die anliegenden Häuser zu gestalten.“

Jede Menge Platz für Autos, null Aufenthaltsqualität: die Shakespearestraße. Foto: Tim Elschner
Jede Menge Platz für Autos, null Aufenthaltsqualität: die Shakespearestraße. Foto: Tim Elschner

Aus Sicht der Grünen ist es auch vor dem Hintergrund eines starken öffentlichen Interesses sinnvoll, die qualifizierte Freianlagenplanung, welche neue Frei- und Grünflächen auf dem Grundstück der LWB vorsieht, dem Stadtrat und in öffentlicher Sitzung auch dem Stadtbezirksbeirat Mitte vorzustellen. „Sowohl LWB als auch Stadtverwaltung sollten proaktiv entsprechende Pläne veröffentlichen“, fordert Peter. „Transparenz schafft Vertrauen!“

Und dass die Stadt in Zeiten der Klimaerhitzung auch über den Umgang mit dem Straßenraum anders nachdenken sollte, betont Tim Elschner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: „National wie international beschäftigen sich viele Städte mit der Umgestaltung von (Neben-)Straßen. In Wien gibt es derzeit 18 temporäre und vier dauerhaft umgestaltete sogenannte ,Coole Straßen‘, die im Sommer Abkühlung und außerdem Freiraum für die Wienerinnen und Wiener schaffen. Weitere sollen folgen.“

Aber auch in Berlin wird über ähnliche Projekte nachgedacht.

Das ginge dann schon deutlich über den zaghaften Leipziger Ansatz hinaus, einen Teil der Gottschedstraße zur Freisitzmeile machen zu wollen. Leipzig tut sich schwer, auch nur darüber nachzudenken, dem Kfz-Verkehr Straßenraum zu entziehen.

Aber gerade in dieser Ecke so dicht beim Südplatz könnte noch mehr passieren, findet Elschner: „Zur Petition und zum verneinenden Verwaltungsstandpunkt schlagen wir alternativ vor: der Straßenraum Shakespearestraße – zwischen Bernhard-Göring-Straße und Karl-Liebknecht-Straße – und Shakespeareplatz soll zu einer Straße mit Aufenthaltsqualität, das heißt mit Aufenthalts- und Nutzungsmöglichkeiten für alle Menschen, umgestaltet werden.“

Der Änderungsantrag der Grünen-Fraktion zur Shakespearestraße.

Vom Gedanken, dass die Bernhard-Göring-Straße endlich zur Fahrradstraße umgebaut wird, hat er sich aber verabschiedet: „Außerdem ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, den nördlichen Streckenabschnitt der Bernhard-Göring-Straße als viel befahrene Einbahnstraße mit in den Blick zu nehmen. Dieser Streckenabschnitt ist endlich, wie längst vorgesehen, verkehrlich zu beruhigen und in beide Richtungen für den Verkehr (analog der Gustav-Adolf-Straße im Waldstraßenviertel) zu öffnen.“

Geht mit der Anlage der Grünfläche Rietzschke-Aue Sellerhausen jetzt ein unersetzbares Biotop verloren?

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