Die Vorgänge um all das, was in der Silvesternacht am Connewitzer Kreuz passiert ist oder nicht passiert ist, haben mehrere Ratsfraktionen endgültig alarmiert und ihnen klargemacht, dass Stadt und Polizei hier einfach keine Lösung finden. Was auch zu erheblichen Teilen an einer Landespolitik liegt, die hier seit Jahren versucht mit dem Schlagwort „Linksextremismus“ Politik zu machen. Auf Kosten der Stadt Leipzig wohlgemerkt. Das Spiel wollen die Fraktionen von Linken, Grünen und SPD so nicht mehr mitspielen.

Teil der immer neuen und immergleichen Aufreger, die dann in den diversen konservativen Blättern der Region zu großen Randale-Geschichten aufgeblasen werden, ist seit ein paar Jahren der kleine umfriedete Basketball-Platz am Connewitzer Kreuz, an dessen Betonwand sich die Leipziger Polizei und diverse Sprayer einen veritablen Farben-Krieg geliefert haben. Zuletzt mit diversen Einfangerfolgen der Leipziger Polizei, die eine Zeit lang besonders auf die nächtlichen Graffiti-Künstler Jagd gemacht hat.

Vorher machte die Wand Schlagzeilen, weil – kaum war erneut ein Schriftzug „ACAB“ dort aufgetragen worden – sofort die Maler anrückten, um die Wand wieder weiß zu streichen.

Das Spiel könnten Polizei und Graffiti-Sprayer noch jahrelang spielen. Es gewinnt dadurch nicht mehr Sinn. Genauso wenig wie das mediale Spektakel um die Connewitzer Silvesterereignisse. Fast wäre man geneigt zu sagen: Das ist alles kindisch. Und zwar beiderseits.

Vier Stadträte haben sich deshalb jetzt zusammengetan, um für diese Betonwand einen Vorschlag zu machen, wie die Fläche tatsächlich einmal sinnvoll genutzt werden könnte.

Es sind Marco Götze (Die Linke), Thomas Kumbernuß (Die PARTEI), Monika Lazar (Grüne) und Christopher Zenker (SPD).

Ihr Vorschlag lautet: „Die Stadt Leipzig wird beauftragt, die Liegenschaft ,Basketball-Platz‘ (Connewitz) in die ideelle Trägerschaft eines Vereins zu übertragen, der eine besondere Verankerung im Ortsteil genießt. Die Wand dieses Basketball-Platzes wird zukünftig als legale Graffiti-Fläche genutzt. Das jeweilige Motiv wird durch den ideellen Träger in Kooperation mit einem lokalen Akteur der Jugendhilfe und in letzter Instanz mit der Stadtverwaltung (Amt für Stadtgrün und Gewässer) abgestimmt.“

Denn dass in Leipzig seit über zehn Jahren ein veritabler Graffiti-Krieg tobt, hat auch mit der falschen Entscheidung von Stadt und Polizei zu tun, gegen Graffiti-Sprayer eine harte Linie zu fahren. Die Strategie ist nicht aufgegangen – trotz aller von der Polizei auf frischer Tat ertappter Sprayer und all der teuren Wandbereinigungen, mit denen die beschmierten Häuserwände wieder zur weißen Tafel gemacht werden. Das Ergebnis ist eher, dass die Tags und Graffitis immer zahlreicher und aggressiver wurden.

Aber wie ändert man das?

So, wie man auch andere soziale Konflikte löst: Man schafft einen Kommunikationsraum, in dem nicht überbezahlte Beamte und Angestellte immer so tun, als wären sie mächtiger und gnadenloser als andere.

„Seit Jahren ist besagte Wand auf dem Basketball-Court am Connewitzer Kreuz ein Politikum. Hier fokussieren und materialisieren sich zahlreiche Konfliktlinien, deren weitere Verfestigung die AntragsstellerInnen verhindern möchten“, betonen deshalb die vier Stadträt/-innen. „Die ,Legalisierung‘ dieser Graffiti-Fläche soll eine symbolhafte Facette eines umfassenden und notwendigen Dialogprozesses im Ortsteil sein.“

An einem belastbaren Vorschlag zu den Silvesterfeiern wird in den Fraktionen – wie man hört – noch gearbeitet.

Kampf gegen „Linksextremismus“ in Leipzig: Ein Graffito in Connewitz als erstes Opfer

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