Leipzig muss insektenfreundlicher werden. Gerade das Jugendparlament hat in den vergangenen Jahren immer wieder Druck gemacht, damit die Stadt mehr Schmetterlingswiesen anlegt und die Parks nicht mehr bewirtschaftet wie monotone englische Rasen. Mit der Anlage der ersten Blühstreifen 2019 deutete sich ein Wechsel in der Parkbewirtschaftung an. Jetzt folgen die ersten größeren Langgraswiesen.

Mit dem Frühling werden jetzt die ersten Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt im beliebten Johannapark umgesetzt, kündigt das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport an. Mit der aktuellen Kampagne „Unser Park – Vielfalt erleben“ sollen die geplanten Aktivitäten für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar gemacht werden.

„Wir arbeiten gemeinsam mit Umweltverbänden und Partnern aus der Wissenschaft an nachhaltigen Pflegestrategien für den Johannapark und den Clara-Zetkin-Park“, erklärt dazu Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal. „Diese sollen den vielfältigen und intensiven Nutzungsansprüchen, dem Natur- und Klimaschutz und den geschichtsträchtigen Gartendenkmalen Rechnung tragen.“

Als eine erste Maßnahme in diesem Jahr werden sieben Wiesenflächen im Johannapark, insgesamt rund 2,7 Hektar, zu Langgraswiesen entwickelt.

„Eine Langgraswiese bietet viel Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Das reiche Blütenangebot verbessert die Lebensgrundlage für Insekten“, erläutert Rüdiger Dittmar, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer. „Gleichzeitig besitzen Langgraswiesen eine hohe Regenerationsfähigkeit und Stresstoleranz gegenüber Hitze und Trockenheit.“

Im Park kenntlich gemacht sind diese Flächen seit Montag, 12. April, mit einer farbigen Info-Stele. Diese Stelen sind bereits seit 2019 auch aus anderen Parkanlagen im Stadtgebiet bekannt und verweisen hier auf angelegte Blühstreifen, die ebenfalls den Artenreichtum fördern.

Stele zur Kennzeichnung der ersten Langgraswiese im Johannapark. Foto: Stadt Leipzig, Christian Hüller
Stele zur Kennzeichnung der ersten Langgraswiese im Johannapark. Foto: Stadt Leipzig, Christian Hüller

„Eine Langgraswiese entsteht nicht einfach von allein, sie muss entwickelt und extensiv gepflegt werden“, betont Michael Mitterer, Abteilungsleiter Grünanlagen des Eigenbetriebs Stadtreinigung. „Im Gegensatz zu unseren Liegewiesen werden die Langgraswiesen nur zweimal im Jahr gemäht, damit sich das Leben in den Wiesen entwickeln kann.“

Ein erster Schnitt liegt nicht vor Beginn der Hauptblüte der Gräser und wird je nach Witterung ab Ende Mai erfolgen. Die zweite Mahd erfolgt im Spätsommer/Herbst. Da Langgraswiesen jedoch nicht sehr strapazierfähig sind, bittet die Stadt Leipzig um Unterstützung und Rücksichtnahme, die gekennzeichneten Langgraswiesen nicht zum Grillen, Bolzen und nicht als Liegewiese oder für Sport zu nutzen. Für diese Aktivitäten stehen viele alternative Flächen im Johanna- und auch im benachbarten Clara-Zetkin-Park zur Verfügung.

Ab der zweiten Jahreshälfte erfolgen weitere biodiversitätsfördernde Maßnahmen, kündigt das Umweltdezernat an. Dann werden auf ausgewählten Flächen im Johannapark gebietsheimische Blühpflanzen, Gräser und Kräuter ausgesät. Zur Artenanreicherung der Wiesen wird außerdem ein Mahdgut-Übertrag erprobt.

Darüber hinaus werden Strauchflächen nachgepflanzt bzw. neu angelegt sowie Gehölzsäume mit Hilfe gebietsheimischer Saatgutmischungen entwickelt. Auch diese Flächen werden für die Bürgerinnen und Bürger gekennzeichnet und über die Kampagne „Unser Park – Vielfalt erleben“ begleitet.

Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt unter Federführung des Amtes für Stadtgrün und Gewässer zusammen mit dem Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig und unter Beteiligung des Amtes für Umweltschutz und des Amtes für Wohnungsbau und Stadterneuerung. Weitere Partner sind der NABU – Naturschutzbund Deutschland, Regionalverband Leipzig e.V., der BUND Regionalgruppe Leipzig und der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. Gefördert werden die Maßnahmen durch das Bund-Länder-Städtebauförderprogramm „Zukunft Stadtgrün“.

Die aktuellen Maßnahmen sowie die Kampagne „Unser Park“ resultieren aus dem Entwicklungskonzept Clara-Zetkin-Park und Johannapark, das im Rahmen eines breiten öffentlichen Beteiligungsprozesses erarbeitet und 2017 im Stadtrat beschlossen wurde. Die Umsetzung des Entwicklungskonzeptes und die Parkbewirtschaftung wird seither begleitet durch ein Akteurstreffen, ein breites Netzwerk bestehend aus im Park aktiven Vereinen, Gastronomen, Umweltverbänden, politischen Vertretern und Verwaltung.

Die Stadt Leipzig ist Mitglied im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt e. V.“ und hat sich dem Schutz der biologischen Vielfalt verpflichtet.  

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Es gibt 6 Kommentare

Von der Idee her ist eine Langgraswiese wegen ihrem vielfältigerem Habitatpotential sehr gut. Umsetzbar ist das ohne Einzäunung wegen des hohen Nutzungsdruckes an dieser Stelle nicht.

Das stimmt, lieber J., aber eben beispielsweise im LV-Park ist die Hälfte der Rasenfläche völlig zernutzt worden, weil ihr nach dem Winter keine Chance auf ein “Erwachen” gegeben wurde.
Und diese Fläche wird weiterhin “genutzt”. Vielleicht sollte man sie einfach asphaltieren…
Neben dem breiten Hauptweg haben Hundebesitzer und Jogger eine Schneise in die Fläche zerlaufen, die sich garantiert nicht wieder erholen wird.
Wassermangel ist mit ein Grund – ja, aber zusätzlich müsste man geschundene Flächen absperren, wie im Kindergarten…

Also es sind nicht immer die Menschen direkt schuld… in den Parks wo ich unterwegs sind, sind diese Streifen weitestgehend ganz unspektakulär vertrocknet und seitdem wächst da halt das, was überall so wächst. Die Stelen wurden zwar beschmiert und eine wurde von Jugendlichen angekokelt. Aber dass diese Blühstreifen nicht so wirklich geblüht haben lag eben dennoch eher u.a. an Wassermangel. Wir werden sehen, ob es dieses Jahr besser wird.

Leider sehe ich es auch so wie André.
Man schaue sich den jetzigen Zustand der Parks und Wiesen an. Völlig desolat – weil niemand mehr Rücksicht nimmt.
Weder beim angefallenen Müll (LV-Park) wird das Gehirn eingeschaltet, noch bei der Nutzung und dem Zustand der Grünflächen. Die Idee von Wegen oder Abgrenzungen wird ebenfalls nicht verstanden oder vorsätzlich ignoriert.

Wie da eine Langgraswiese überleben soll ist mir schleierhaft.

Eigentlich müsste man die Leute in ihrem übel zugerichteten Umfeld so belassen, wie sie es selber verursacht haben. Aber es gibt – trotz dem – eben noch Visionäre, wie die Wiesenmacher.

So witzig: “Wir machen hier ne Langgraswiese” – “Yeah! – Ihr lasst das Gras wachsen!” – “Nee, wir werden erstmal die alte Kurzgraswiese abmähen, umgraben, ausbrennen, desinfinzieren, teuer nachimplantieren und dann die neue Langgraskultur mit einer Graszug-Einrichtung auf Länge bringen”

Es lebe die Technik!

Lebt denn der Blühstreifen von 2019 im Clarapark noch?

So sehr ich das begrüße, sehe ich auf Grund des hohen Nutzungsdrucks der Parkanlagen und weit verbreiteter “Nach-mir-die-Sintflut”-Einstellung (erkennbar unter anderem an den Müllhinterlassenschaften) das Projekt leider scheitern. Die Leute werden das niedertrampeln, plattliegen oder mit ihren Billiggrills versengen.

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