Das gab es noch nie in der BRD-Geschichte: Trotz geschmiedeter Koalition reichte es Dienstagvormittag für Friedrich Merz bei der Bundestagsabstimmung nicht, um zum Kanzler gewählt zu werden. Insgesamt 18 Abweichler verweigerten zunächst die Gefolgschaft. Nach stundenlanger Hängepartie klappte es dann aber im zweiten Anlauf am Nachmittag. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 6. Mai 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Friedrich Merz scheint am Ziel seiner politischen Träume: Der CDU-Vorsitzende wurde am Dienstagnachmittag durch den Bundestag mit 325 Stimmen zum zehnten Bundeskanzler Deutschlands gewählt. Für die „Kanzlermehrheit“ waren mindestens 316 Stimmen nötig. 289 votierten gegen den 69-Jährigen, dazu gab es eine Enthaltung.
Paukenschlag am Dienstagvormittag: Noch keine Mehrheit für Merz
Ganz anders die Lage am Dienstagvormittag: Für viele überraschend hatte der Sauerländer die „Kanzlermehrheit“ um sechs Stimmen verfehlt, kam nur auf 310. Dass ein designierter Kanzler oder eine designierte Kanzlerin im ersten Wahlgang nicht durchkommt, ist ein in der Geschichte der Bundesrepublik bisher einmaliger Vorgang.
Nach der historischen Schlappe unterbrach Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (52, CDU) die Sitzung des Parlaments für mehrere Stunden. Die Nerven lagen bei vielen Spitzenpolitikern blank, im Hintergrund wurde über einen weiteren Wahltermin beraten. Laut Grundgesetz gibt es eine Frist von bis zu zwei Wochen, die Abstimmung zu wiederholen.
Nach ersten Informationen, wonach heute kein zweiter Wahlgang mehr stattfindet, verdichteten sich am frühen Nachmittag die Hinweise, dass man sich doch auf eine neue Runde noch für Dienstag geeinigt hatte. Um dies zu ermöglichen, war zuvor die Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit geändert worden. Dies hatte ein Antrag von Union, SPD, Grünen und Linken möglich gemacht.
Linke und Grüne unterstützten geänderte Geschäftsordnung
Vorab appellierten Vertreter von Union und SPD an die Verantwortung der Abgeordneten, dass Deutschland angesichts internationaler und innerer Krisen schnell eine handlungsfähige Regierung benötige. Auch Grüne und Linke schlugen in diese Kerbe. Sie machten gleichwohl deutlich, dass sie einen schnellen Zweitwahltermin im Sinne der Stabilität unterstützten, nicht aber Friedrich Merz als Kanzler.
Schon kurz nach der geglückten Abstimmung erhielt Merz am späten Nachmittag durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69, SPD) im Berliner Schloss Bellevue die Urkunde als Kanzler überreicht. Die künftigen Ministerinnen und Minister werden folgen. Etwa 18:15 Uhr ist die Vereidigungszeremonie im Bundestag angesetzt.
Merz und die neue Regierung wollen sofort loslegen
Viel Zeit zum Durchschnaufen bleibt Merz nach dem nervenaufreibenden Tag nicht: Bereits morgen will der neue Kanzler offenbar zu Antrittsvisiten nach Warschau und Paris reisen, um mit den europäischen Nachbarn ins Gespräch zu kommen.
Ob eine Wende in der Migrationspolitik, die Ankurbelung der angeschlagenen Wirtschaft oder die Stärkung internationaler Allianzen – die Aufgaben für Merz und Co. sind immens. Seiner künftigen Regierung gehören 17 Ministerinnen und Minister an. CDU und SPD stellen jeweils sieben, die CSU drei. Noch heute soll die erste Kabinettssitzung stattfinden.
Die ehemalige Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP unter Olaf Scholz (66, SPD) war vor einem halben Jahr aufgrund von Haushaltsstreitigkeiten nach langem Hickhack vorzeitig zerbrochen. Letztlich kam es im Februar nach einer absichtlich verlorenen Vertrauensfrage zu einer vorgezogenen Bundestagswahl.
Worüber die LZ heute berichtet hat:
Nachgefragt: Was bedeutet die Krankenhausreform für Leipzig und das Umland?
Offene Zukunft für die Villa Davignon: SPD-Fraktion beantragt ein „Haus der Inklusion“
Riesaer Straße: Was steckt hinter den Neupflanzungen auf dem alten Radweg?
Lebensversicherung: Lauter lakonische Notizen über ein rundum versichertes Leben auf dem Dorf
Was sonst noch wichtig war:
Das Amtsgericht in Grimma verurteilte einen bekannten Sozialarbeiter fast zwei Jahre nach dem sogenannten Tag X zu einer Geldstrafe, nachdem der Mann personenbezogene Daten eines Staatsanwalts publik gemacht haben soll.
Im Brandenburg wurde der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz entlassen.
Weiterhin keine Entspannung im Nahostkrieg: Jetzt wurden Pläne Israels publik, den gesamten Gazastreifen zwanzig Jahre nach dessen Räumung komplett einzunehmen.
Die EU-Kommission plant ein Komplettverbot russischer Gaseinfuhren.
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