Am Mittwoch, 8. Dezember, kam auch noch eine Petition mit dem, schönen Titel „Kurze Wege für kurze Beine im Schulbezirk Süd“ zum Aufruf, gestellt von Matthias Malok, der das Abstimmungsergebnis aus der Juni-Ratsversammlung aufgriff, in der sich die Stadtratsmehrheit gegen das geplante Tauschpaket mit der Rubin 72 GmbH für die geplante Grundschule an der Kurt-Eisner-Straße aussprach. Eine Petition, die in dieser Form scheitern musste, auch wenn das Anliegen nur zu verständlich war.

Denn das Abstimmungsergebnis aus dem Stadtrat ist ja nun einmal eine demokratische Willensbildung, die auch eine Verwaltung akzeptieren muss. Die Mehrheit fand das Tauschangebot mit der Rubin 72 inakzeptabel und kritisierte vor allem, dass der Grundstücksbesitzer der Stadt nicht mal ein Kaufangebot für das Grundstück unterbreitet hatte. So sah das Ganze nur wie ein Versuch aus, über das Schulgrundstück an mehrere andere attraktive Grundstücke im Stadtgebiet zu kommen.

Und die Verwaltung hat das Ergebnis auch akzeptiert und genau nach jenen Alternativen gesucht, die in der Stadtratsdebatte auch benannt wurden. Denn anders als es in der Verwaltungsvorlage klang,  ist dieser Standort nicht alternativlos für eine neue Grundschule im Leipziger Süden.

Es gibt Alternativen zu Schulstandort

Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau bestätigt das in seiner Stellungnahme zur Petition, in der es auch auf die Forderung der Petition eingeht, das Baurecht an der Kurt-Eisner-Straße zu sichern: „In diesem Zusammenhang ist die Sicherung des Baurechts am betreffenden Standort nicht erforderlich.

Hinsichtlich des erforderlichen Zeitraums ist festzustellen, dass im Fall eines freihändigen Erwerbs des Grundstücks, verbunden mit einer Genehmigung nach § 34 BauGB, mit erforderlichen Vertragsverhandlungen, der Durchführung eines Wettbewerbs und der Planungs- und Bauzeit, mit einer Projektrealisierung nicht vor 2028 zu rechnen ist.“

Das ist natürlich zu spät für die Eröffnung dieser dringend benötigten Grundschule. Die auch schon Jahre andauernde Verhandlung der Stadt mit dem eigensinnigen Investor hat schon wertvolle Jahre gekostet, in denen mit dem Schulbau nicht begonnen werden konnte.

Blick auf das Baugebiet an der Kurt-Eisner-Straße. Foto: Matthias Weidemann
Blick auf das Baugebiet an der Kurt-Eisner-Straße. Foto: Matthias Weidemann

Die Stadt hätte schon viel früher nach einem Alternativstandort suchen können. Auch das wurde in der Juni-Ratsversammlung angesprochen.

Und inzwischen hat sie auch gesucht – und gefunden, wie das Planungsdezernat mitteilt: „Neben diesem Szenario hat sich zwischenzeitlich die Situation durch verschiedene Ankäufe dahingehend geändert, dass der Standort an der Kurt-Eisner-Straße nicht mehr als alternativlos im Grundschulbezirk Süd angesehen wird, sondern andere Standorte, z. B. am Dösner Weg oder eine Fläche angrenzend an den Kohlrabizirkus, für die Projektrealisierung in Betracht gezogen werden können.“

Die Stadt ist also nicht gezwungen, ausgerechnet mit der Rubin 72 GmbH hier eine Lösung zu suchen.

„Der Beschlussvorschlag Nr. 1 der Petition schlägt die Wiederaufnahme der Verhandlungsgespräche mit der Stadtbau AG mit gleichen Inhalten und Zielsetzungen vor. Wie die Verhandlungen wiederaufgenommen und mit inhaltsgleichen bzw. mit bereits endverhandelten Vertragsbestandteilen ein anderes Abstimmungsverhältnis in der Ratsversammlung erzielt werden sollen, erschließt sich aus dem Petitionsantrag nicht“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Wie weiter mit dem Rittergut Großzschocher?

Dabei ging es in Maloks Petition eigentlich gar nicht so sehr um die Schule. Denn viel wichtiger war darin die Frage: Was passiert jetzt mit den Grundstücken im ehemaligen Rittergut Großzschocher und deren Nutzern weitergeht. „Der Stadtrat möge beschließen, dass das Projekt ‘Rittergut Großzschocher’ gemeinsam mit den Eigentümern weiter geplant und realisiert wird und die im Eigentum der Stadt befindlichen Flurstücke mit zur Verfügung gestellt werden. Ein Flächentausch wird nicht ausgeschlossen“, hieß es in der Petition, die dann vom Stadtrat am 8. Dezember auch einhellig abgelehnt wurde.

Da steckten einfach zu viele Anliegen auf einmal drin, die in dieser Form auch nicht umsetzbar wären.

Weshalb das Planungsdezernat in seiner Stellungnahme auch auf einen parallelen Antrag der SPD-Fraktion verwies. „Die Beschlussvorschläge 1.1, 1.2 und 2, mit den Unterpunkten 2.1 bis 2.3, befassen sich konkret mit dem ehemaligen Rittergut Großzschocher. Zu dieser Thematik gibt es einen aktuellen Antrag der SPD-Fraktion mit dem Titel ‚Sicherung des ehemaligen Rittergutes Großzschocher für den Leipziger Sport‘ (VII-A-02944).

Der hierzu erstellte Verwaltungsstandpunkt beinhaltet u. a. den Vorschlag der Entwicklung des Areals durch die Stadt Leipzig gemeinsam mit den beteiligten Grundstückseigentümern. Der Verwaltungsstandpunkt wird derzeitig in verschiedenen Ausschüssen behandelt, um anschließend in der Ratsversammlung zur Abstimmung gestellt zu werden“, stellte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau fest.

Der ehemalige Kuhstall des Ritterguts Großzschocher. Foto: Marko Hofmann
Der ehemalige Kuhstall des Ritterguts Großzschocher. Foto: Marko Hofmann

Am 8. Dezember kam deshalb auch der SPD-Antrag zur Abstimmung, der eigentlich ein wiederholter Antrag war, wie SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker in seiner Rede betonte. Denn ursprünglich war er zum Verwaltungsvorschlag für den Schulneubau an der Kurt-Eisner-Straße gestellt worden. Weil der vom Stadtrat abgelehnt wurde, kam auch der SPD-Antrag nicht zu Tragen.

Der Hippo-Sport-Club soll bleiben

Aber jetzt wurde er neu gestellt. Und Zenker verwies berechtigterweise auf das aktuell drängendste Problem – die langfristige Sicherung der „Pachtfläche des Hippo-Sport-Club Am Elsterbogen e. V.“, der im Rittergut seine Gebäude hat, aber auch dringend investieren muss, wenn er hier weiter Reitsportangebote machen möchte. Der alte Pachtvertrag läuft 2025 aus. Und nach der Ablehnung des Tauschgeschäfts mit Rubin 72, die ja auch hier Grundstücke von der Stadt haben wollte, ist die Zukunft des Geländes völlig offen, die Unsicherheit entsprechend groß.

Das Anliegen der SPD-Fraktion hat das Dezernat Stadtentwicklung und Bau deshalb auch wohlwollend kommentiert und einen eigenen Vorschlag gemacht, wie man das Wollknäuel auf dem alten Rittergut vielleicht aufdröseln kann. Denn ganz einfach wird das nicht, wie Zenker feststellte: nur ein Teil der Grundstücke gehört noch der Stadt, andere Grundstücke hat die Verwaltung schon in der Vergangenheit verkauft, wieder andere waren schon länger in Privatbesitz. Man hat es also mit einem richtigen Flickenteppich zu tun.

Weshalb der Verwaltungsvorschlag dann aus zwei Punkten bestand.

Der erste war natürlich der wichtigste: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, das an den Hippo-Sport-Club Am Elsterbogen e. V. vergebene Erbbaurecht zu verlängern, damit der Sportverein notwendige Investitionen tätigen kann.“

Was eben auch ein städtisches Zugeständnis ist: Man will die Nutzung für den Sportverein hier langfristig sichern.

Es braucht einen Runden Tisch

Beim zweiten wird es noch deutlich mehr Abstimmungsbedarf geben: „Die Stadtverwaltung entwickelt gemeinsam mit den Eigentümerinnen und Eigentümern der angrenzenden Grundstücke ein Nutzungskonzept für das Areal des ehemaligen Rittergutes Großzschocher, welches neben naturschutzrechtlichen Belangen auch die Sicherung des Reitsports gewährleistet und die Vorgaben des Denkmalschutzes einbezieht.“

Es soll also eine Art Runden Tisch geben, mit dem der SPD-Gedanke aufgegriffen wird, für das gesamte Ritterguts-Areal eine Gesamtkonzeption zu entwickeln, in der sich alle Beteiligten wiederfinden.

Das Planungsdezernat formulierte dazu: „Die anstehende Verlängerung des Erbbaurechts und des Besitzüberlassungsvertrages mit dem Hippo-Sport-Club sollen zum Anlass genommen werden, um auf Grundlage der vorhandenen mittelfristigen Leitbildentwicklung die Gespräche mit allen beteiligten Grundstückseigentümern zur Entwicklung eines Nutzungskonzeptes für das Areal wieder aufzunehmen. Beispielhaft dafür steht bereits ein vorhandenes Nutzungskonzept eines Grundstückseigentümers zur Etablierung eines ökologischen Landwirtschaftsbetriebes mit Hof-laden sowie die Unterbreitung von Angeboten der Erlebnispädagogik und Umweltbildung. Bei der Konzeptentwicklung sind insbesondere naturschutzrechtliche Bestimmungen der Schutzgebietskulisse zu beachten.“

Und weiter: „Das ehemalige Rittergut Großzschocher sowie die angrenzenden Weideflächen am Elsterbogen befinden sich im Landschaftsschutzgebiet „Leipziger Auwald“ und im EU-Vogelschutzgebiet (SPA) „Leipziger Auwald“. Die „Weiße Elster“ mit ihren Uferstrukturen ist Bestandteil des FFH (Flora-Fauna-Habitat) „Leipziger Auensystem“. Im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Nutzungskonzeptes ist zusätzlich die Lage im archäologischen Relevanzbereich sowie der für das kulturlandschaftsprägende Ensemble geltende Denkmalschutz zu beachten.“

Entwicklungskonzept bis Ende 2023

Und während mit dem Hippo-Sport-Club noch in diesem Jahr eine Verlängerung des Pachtvertrages unterschrieben werden soll, wird der andere Teil des Vorschlags deutlich mehr Zeit brauchen. Trotzdem formulierte das Dezernat sportlich: „Die Entwicklung eines Entwicklungskonzeptes für das Areal wird bis Ende 2023 erfolgen.“

Und so wurde im Grunde auch der Petition genügt, die ja gerade auf das Rittergut einen besonderen Fokus gelegt hatte. Einstimmig stimmte die Ratsversammlung am 8. Dezember dem Verwaltungsvorschlag zu.

Und den kleinen Schlenker konnte sich auch Christopher Zenker nicht verkneifen: Hätte die Verwaltung schon früher signalisiert, dass sie diesem Weg zustimmte, wäre ein neuer Antrag gar nicht notwendig gewesen. Aber damit ist erstmals seit Jahren für das ehemalige Rittergut eine Zukunftsperspektive eröffnet. Jetzt kann man gespannt sein, wie sich die verschiedenen Grundstückseigentümer einbringen und zusammenraufen.

Die Debatte vom 8. Dezember 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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