Es ist eine der abgelegensten Brücken in Leipzig – die Brücke Sesenheimer Straße, die die Sternsiedlung in Möckern mit Lindenthal verbindet. Eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke, deren Pfeiler freilich noch daran erinnert, dass hier einmal eine breite Straße über die Gleise der Bahn führte. Doch der Pfeiler ist mürbe und braucht dringend eine Notreparatur.

Und die soll jetzt im Dezember starten. Das Verkehrs- und Tiefbauamt hat die notwendigen Reparaturkosten von 340.000 Euro in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters angemeldet. Der Stadtbezirksbeirat Nordwest wird sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. November, mit dem Thema beschäftigen. Der Ortschaftsrat Lindenthal ist informiert.

Dabei soll die Brücke sowieso perspektivisch neu gebaut werden. Eingetaktet ist sie für 2035. Aber so lange hält der Mittelpfeiler im jetzigen Zustand nicht mehr durch.

„Im Zuge der letzten Bauwerksprüfung und einer objektspezifischen Schadensanalyse wurden am Brückenpfeiler ausgeprägte und sich vergrößernde Risse und Abplatzungen festgestellt, die nicht nur auf das Verblendmauerwerk begrenzt sind, sondern sich ins Pfeilerinnere ausbreiten.

Diese Schäden führen kurzfristig zu einer Beeinträchtigung der Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Verkehrssicherheit des Brückenbauwerkes sowie zu Einschränkungen des Fußgänger- und Radverkehrs auf der Brücke und einer Gefährdung für den Bahnbetrieb. Hierdurch besteht zwingender Handlungsbedarf“, stellt das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) fest. „Die Überführung des Geh-/Radwegs über die Anlagen der DB AG ist die einzige Wegverbindung in diesem Gebiet.“

Die Notsicherung

„Die Brücke ‚Sesenheimer Straße‘ wurde 1904 errichtet. Der betroffene Brückenpfeiler stammt noch aus dem Jahr der Erbauung. Die derzeitigen Überbauten stammen aus den Jahren 1957 und 1985“, schreibt das VTA. Aber während die jüngeren Überbauten noch unbeschadet aussehen, bröckelt der gemauerte Pfeiler von 1904 sichtlich vor sich hin.

Auf der Brücke Sesenheimer Straße. Foto: Ralf Julke
Auf der Brücke Sesenheimer Straße. Foto: Ralf Julke

„Die Notinstandsetzung und somit die Sicherung des Pfeilers muss zeitnah durch eine Stahlkonstruktion erfolgen“, stellt das VTA fest und begegnet auch hier wieder der Tatsache, dass die Baupreise in den letzten Jahren massiv angezogen haben. Das hat auch in diesem Fall die Kostenschätzung der Stadt ausgehebelt:

„Im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung wurden Stahlbauunternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Es wurde nur ein Angebot abgegeben. Dieses Angebot (325.808,95 € brutto) überschreitet die Kostenschätzung und auch die Wertgrenze von 250.000 €, sodass die Erstellung dieses Bau- und Finanzierungsbeschlusses gem. DA 41/2012 erforderlich ist. Die Ursachen der Kostensteigerung liegen u.E.n. in der geopolitischen Lage, Lieferproblemen, der Verknappung der Baumaterialien, Energiepreissteigerungen und in der allgemeinen Inflation begründet.“

Was aber nicht hilft, wenn die Betriebssicherheit der Brücke erhalten werden soll. „Aufgrund der hohen Dringlichkeit und eines zeitnah nicht zu erwartenden kostengünstigeren Ausschreibungsergebnisses sowie der weit fortgeschrittenen Vorbereitung zur Beantragung der Bahngenehmigung und der benötigten Bahnsperrpausen, sollte die Leistung zeitnah beauftragt werden“, mahnt das VTA.

Was genau gemacht werden soll, beschreibt die Vorlage so:

„Zur Notinstandsetzung und Sicherung des Pfeilers werden Risssanierungen mit einem Betonersatzsystem durchgeführt und der Pfeiler beidseitig mit einer Stahlkonstruktion verstärkt, die durch den Pfeiler hindurch miteinander verankert werden. Um diese Leistungen durchführen zu können, muss um den Pfeiler ein Behelfsgerüst errichtet werden.

Zum An- und Abtransport des Materials wird über die Böschung eine Zuwegung zum Gleisbereich und eine Gleisquerung bis zum Pfeiler hergestellt und nach der Instandsetzung wieder rückgebaut. Diese Arbeiten können nur innerhalb der drei beantragten und festgelegten Sperrpausen der DB AG durchgeführt werden. Für den täglichen Zugang zum Gerüst am Pfeiler wird von der Fußgängerbrücke aus ein verschließbarer Zugang hergestellt.“

Gebaut werden soll vom 5. Dezember 2022 bis zum 28. April 2023.

„Bei Nichtbeschluss breiten sich die Schäden weiter aus, was zum Versagen des Brückenpfeilers führen kann. Dies hätte zur Folge, dass die sofortige Sperrung der Brücke erforderlich wird. Durch die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit für den Bahnbetrieb kann durch die DB AG die Forderung zum Rückbau der Brücke erhoben werden“, so das VTA.

Der dann tatsächliche Neubau der gesamten Brücke soll 2035 erfolgen.

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