Es war ein Hoffnungsschimmer für den Ortschaftsrat Lindenthal, als das Baudezernat Ende Oktober ankündigte, dass der alte Brückenpfeiler unter der Brücke in Verlängerung der Sesenheimer Straße stabilisiert werden muss, damit die Brücke nicht vor der künftigen Modernisierung zusammenbricht. Da könnte man doch auch gleich in einem Abwasch die Barrierefreiheit auf der Nordseite herstellen, beantragte der Ortschaftsrat.

„Die Brücke wurde kurze vor 1990 an der Südseite saniert. Dabei wurden ca. 2 Drittel der Brücke bis zum Pfeiler erneuert und eine barrierefreie und behindertengerechte Rampe an der Südseite errichtet. Durch die politischen Umbrüche wurden leider die restlichen Arbeiten damals nicht umgesetzt“, erzählte der Antrag des Ortschaftsrats Lindenthal die Vorgeschichte dieses mal wieder nur halb fertigen Brückenprojekts, das die Sternsiedlung mit Lindenthal verbindet.

„Mehrmals versuchten die Ortschaftsräte, Stadtbezirksbeiräte oder Bürger sowie Bürgervereine das Thema weiter voranzubringen, mit dem Ziel, den Rest der Brücke auch zu erneuern. Bis heute leider ohne jeden Erfolg, aber es wurde jedes Mal gesagt, sobald wir die Brücke baulich anfassen, soll der Umbau im Norden geschehen und der absolute Missstand am nördlichen Aufgang damit gelöst werden.“

Nun liege zwar eine Vorlage vor, doch diese verschiebe das Ganze wieder auf 2035.

„Eine Stadt, die sich der Inklusion verschrieben hat, kann nicht die einzige Verbindung aus den beiden Siedlungen ohne große Umwege weitere 12 Jahre so belassen“, stellte der Ortschaftsrat fest. „Und auch für Radfahrende wäre diese Brücke eine sehr verkehrsarme Möglichkeit, aus dem Norden Richtung Stadt oder umgekehrt zu kommen.“

Mehr als die Pfeilerversteifung ist nicht drin

Aber die werden ihr Rad auf der Nordseite weiterhin schultern müssen, um damit die Treppe zu absolvieren.
Das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) hat jetzt auf den Antrag reagiert und erklärt, warum man diesmal nicht mehr machen wird als den alten Pfeiler zu stabilisieren.

„Das Anliegen der Herstellung einer vollständigen Barrierefreiheit der Brücke Sesenheimer Straße ist verständlich und wird von der Verwaltung geteilt. Es ist allerdings erst mit dem für 2031 geplanten Ersatzneubau der Brücke realisierbar. Um die beanstandete Stolpergefahr bei Nutzung der mit Rasengitterplatten belegten Rampe zu minimieren, werden jedoch zeitnah in 2023 Füllsteine in die Öffnungen der Rasengitterplatten eingefügt“, erläutert das VTA.

Das Ursprungsbauwerk der Brücke wurde 1904 errichtet. Seitdem erfolgten an der Sesenheimer Brücke wiederholt Umbauten bzw. Erweiterungen. Unter anderem wurde 1985 der nördliche Stahlfachwerk-Überbau durch ein Bandbrückenteil ersetzt. Hierbei ist vermutlich auch die nicht barrierefreie nördliche Rampen- und Treppenanlage entstanden, meint das VTA. Als letzte Maßnahme wurde 1999 der südliche Brückenteil aus dem Jahr 1943 demontiert und durch einen Fachwerküberbau ersetzt, wofür eine ehemalige Behelfsbrücke der Baumaßnahme B2 genutzt wurde. Dabei wurde das Widerlager Süd erneuert und die barrierefreie südliche Rampe errichtet. Das nördliche Widerlager sowie der Pfeiler blieben seit der Errichtung 1904 unverändert.

Alles nur Einzelmaßnahmen, die einen Komplettneubau der Brücke nicht ersetzen. Aber der stützende Pfeiler macht jetzt schnelles Handeln notwendig.

„Bei der letzten Hauptprüfung wurden am Pfeiler Schäden und Schadensfortschritte festgestellt, welche die Dauerhaftigkeit des Pfeilers und damit des Gesamtbauwerkes derart infrage stellen, dass eine umgehende Notinstandsetzung zwingend erforderlich ist“, betont das VTA. „Um die Standsicherheit der Brücke und damit auch die Verkehrssicherheit für die Nutzer sowie für die unterführte Bahnstrecke zu gewährleisten, wurde eine autarke Stahlkonstruktion entwickelt, die den desolaten Pfeiler verstärkt und die Restnutzungszeit der Brücke erheblich verlängert.“

Und wann wird nun die Nordrampe umgebaut?

Der Umbau der nördlichen Rampe sei im Rahmen dieser Notinstandsetzung freilich nicht möglich, betont das VTA. „Für den Neubau der Rampe ist eine eigenständige Planung notwendig, die mit der Planung des Ersatzneubaus der Brücke Sesenheimer Straße in Einklang zu bringen ist, der für 2031 vorgesehen ist. – Auch wenn man den Rampenneubau vorher realisieren wollte, wäre eine eigenständige Planung aufgrund der konstruktiven Ausbildung als Ingenieurbauwerk und wegen des enormen Platzbedarfs (ca. 35 m Länge bei max. 6 % Steigung) notwendig. Die alte und die neue Rampe befinden sich auf einem Grundstück der Deutschen Bahn AG (DB AG). Hier sind umfangreiche Absprachen zu führen und ggf. ist ein entsprechender Grunderwerb zu veranlassen.“

Dabei geht das VTA davon aus, dass die neue Rampe im Zuge des Brückenneubaus 2031 abgebrochen und ersetzt werden müsste, da zum einen durchaus erhebliche Abweichungen in Höhe, Lage und Breite der neuen Brücke gegenüber der alten Brücke zu erwarten sein werden und zum anderen entsprechende Baufreiheiten für die Baugeräte benötigt werden.

Und so vertröstet das Amt den Ortschaftsrat Lindenthal erst einmal: „In Anbetracht der geschätzten Baukosten in Höhe von 300.000 Euro und einem Planungsvorlauf von ca. 2 Jahren kann die Rampe nicht im Zuge der umgehenden Notinstandsetzung mit errichtet werden. Deshalb soll der barrierefreie Ausbau der Rampen 2031 mit dem Ersatzneubau der Brücke realisiert werden.“

Die fehlenden Rasengittersteine will man aber noch 2023 auffüllen, um die Stolpergefahr zu beseitigen.

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