Eine Mail ging ans Veterinäramt, eine ans Amt für Umweltschutz: Am Montag, 18. dem September, hat Karsten Peterlein vom Nabu Leipzig ein neues Fischsterben, diesmal auf der Neuen Luppe, dokumentiert. In dem kurzen Flussabschnitt der Neuen Luppe zwischen den beiden Brücken „Am Pfingstanger“ bis zur „Gundorfer Linie“ hat in der Mittagszeit 400 tote Fische gezählt. Auch zwei verendete Waschbären lagen am Gewässerrand.

Es war nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass er an den Gewässern in der Nodwestaue auf Hunderte toter Tiere stieß. Zuletzt war er am 28. August an der Weißen Elster unterhalb des Klärwerks im Rosental unterwegs.

„In diesem Abschnitte waren 270 tote Fische sichtbar, allerdings ist der Fluss an den meisten Stellen durch dichte Vegetation nicht einsehbar, die Dunkelziffer damit sicher höher“, stellte er fest. Die Ursache scheint auf der Hand zu liegen: Bereits am 17. und am 25. August kam es, wie regelmäßig nach Starkregen, zum Einleiten ungeklärter Abwässer aus dem Klärwerk direkt an der Heuwegbrücke in die Weiße Elster. Auch darüber hatte der Nabu Leipzig die städtischen Ämter informiert.

Ungeklärt in die Flüsse

Fäkalien und Tausende Binden spülte der Regen in die Elster. Rückstände davon blieben auch am Gewässerufer liegen. Angler hatten diesen Befund schon in den Vorjahren immer wieder gemeldet. Die Ursache dafür ist: Bei Starkregen kann das Klärwerk die anfallenden Wassermassen gar nicht aufnehmen. Ein Großteil davon fließt dann unbehandelt in die Flüsse. Auch wenn das Bild, wie es Karsten Peterlein diesmal wieder vorfand, so eigentlich nicht aussehen darf. Denn bergeweise schwemmten die Flüsse dann auch Damenbinden und andere Dinge ans Ufer, die im Abwasser überhaupt nichts zu suchen haben.

Ein Zeichen dafür, dass auch etliche Leipzigerinnen und Leipziger einen gehörigen Anteil daran haben, dass unsere Gewässer sich in Kloaken verwandeln.

Und das ist längst ein Zukunftsproblem. Denn die Starkregenereignisse werden sich mit der Klimaerwärmung häufen.

Extremwetterereignisse nehmen zu

Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Stadtrat, führt nun die neuen Funde von toten Fischen und Tieren auf eine Havarie vor einer Woche im Klärwerk Rosental zurück, in dessen Folge abermals Mischwasser, also ungeklärtes Schmutz- und Regenwasser, abgelassen wurde. Eine Information der Öffentlichkeit und zeitnahe Schritte, die Tierkadaver aufzunehmen und die Verunreinigungen zu beseitigen, waren nicht feststellbar, kritisiert Kasek.

Verendete Fische in der Neuen Luppe. Foto: Karsten Peterlein/Nabu Leipzig
Tote Fische in der Neuen Luppe. Foto: Karsten Peterlein/Nabu Leipzig

„Sollte es so sein, dass Mischwasser aufgrund einer Havarie abgelassen wurde, muss geklärt werden, warum es keine Information der Öffentlichkeit gab, in welchem Ausmaß Abwässer abgelassen wurden und welche Umweltauswirkungen dies hat. Es handelt sich um einen Notfall, sodass unverzüglich weitere Schritte zur Beseitigung der Tierkadaver und der Verunreinigungen eingeleitet werden müssen, was offenbar bislang nicht geschehen ist“, sagt der Grünen-Stadtrat. „Ebenso muss geklärt werden, ob geschützte Populationen betroffen sind und welche Maßnahmen zu ihrem Schutz getroffen werden können.“

Gerade vor dem Hintergrund der allgemeinen Zunahme von Extremwettereignissen wie Starkregen, Orkanböen und allgemein bei Gewittern sei immer öfter damit zu rechnen, dass regelmäßig Mischwasser in unsere Flüsse eingeleitet wird, da die Klärwerke mit den Wassermassen überfordert sind, so Kasek. „Seit Jahren weisen sowohl Angelverbände als auch der Naturschutzbund auf die Problematik hin, ohne dass bislang nennenswerte Schritte zur Behebung der Probleme unternommen wurden.“

Seit 2017 arbeiten die Wasserwerke an einer Vorsorgestrategie für Starkregenereignisse. Aber eine nachhaltige Lösung ist noch nicht gefunden.

Das aber ist aus Kaseks Sicht unbefriedigend und nicht zu rechtfertigen. „Wir erwarten, dass zeitnah Antworten gegeben werden, auch auf die Frage, wie künftig die Einleitung von Mischwasser und Verunreinigungen minimiert werden können.“

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Es gibt 3 Kommentare

So blod wie es klingt, aber: Kacke ist wasserlöslich. Das macht den Unterschied, auch am Sieb.

Wenn die Menschen es auf die sanfte Tour nicht lernen, keinen Müll ins Klo zu werfen, sollte man evtl. darüber nachdenken, Siebe in die Abflüsse schon hausseitig (also vor der Einleitung in den Abwassersammler) zu installieren, die den Kram, der da nicht reingehört, zurückhalten. Wenn dann die Scheiße in den Häusern/Wohnungen stehen bleibt, begreifen die Leute es vielleicht…

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