Im vergangenen Jahr hatte einer der bekanntesten Leipziger Kapellmeister seinen 200. Geburtstag: Carl Reinecke (1824–1910). Was Mike Demmig zum Anlass nahm, die Stadt mit einer Petition daran zu erinnern, dass eine wichtige Würdigung für Carl Reinecke aus dem Stadtplan verschwunden ist und eigentlich bei der Gelegenheit wieder aktiviert werden sollte: die Benennung des Bereichs des Staudengartens im Clara-Zetkin-Park nach dem bekannten Gewandhauskapellmeister. Am 15. Januar war seine Petition Thema im Stadtrat.

Und: Es gab keine Diskussion. Denn der Fall ist eindeutig. Bis auf die Tatsache, dass die Benennung des Platzes nach Carl Reinecke von allen Leipziger Stadtplänen verschwunden ist. Auch auf dem Online-Stadtplan der Stadt findet man nur den Franz-Schubert-Platz, den Brahmsplatz und den Richard-Strauss-Platz. Nur der Reineckeplatz ist verschwunden.

Dabei wurde der Platz zu seinem100. Geburtstag ganz offiziell nach ihm benannt. Das bestätigt auch das Amt für Stadtgrün und Gewässer.

Wie Carl Reinecke zu seinem Platz kam

„Carl Heinrich Carsten Reinecke wurde am 23.06.1824 in Altona bei Hamburg geboren. Er wuchs in relativ ärmlichen Verhältnissen auf, wurde zu Hause von seinem Vater unterrichtet und unterstütze ab dem elften Lebensjahr den Familienunterhalt, indem er Musik unterrichtete. 1843 reiste er das erste Mal nach Leipzig, um zu musizieren. 1847/1848 war er als Hofpianist des dänischen Königs tätig.

1851 war er Lehrer am Kölner Konservatorium für Musik. 1860 bis 1895 war er Gewandhauskapellmeister in Leipzig und war gleichzeitig Kompositionslehrer am Leipziger Konservatorium. Er starb am 10.03.1910 in Leipzig“, schreibt das Amt für Stadtgrün und Gewässer zu Reineckes Leben.

Und: „Thematisch würde sich Carl Reinecke in die bestehenden Platznamen im Clara-Zetkin-Park gut einpassen. Die umliegenden Plätze sind alle nach Komponisten benannt, welche (unter anderem) im 19. Jahrhundert tätig waren: Franz Schubert (Franz-Schubert-Platz: Beschlussnr. 678 vom 30.03.1928), Richard Strauss (Richard-Strauss-Platz: Beschluss von 1925, Korrektur der Schreibweise 19.11.1991), Johannes Brahms (Brahmsplatz: Beschluss vom 05.10.1928).

Die in der Petition benannte Fläche wurde am 21. Juni 1924 nach Carl Reinecke benannt. Der Platzname war ohne Vornamen vergeben und hieß lediglich Reineckeplatz. Anschließend wurde der Platzname auch in Stadtplänen verzeichnet. Zuletzt konnte der Platzname in Karten von 1959 aufgefunden werden. Die umliegenden Plätze sind ebenfalls in diesem Zeitraum in den historischen Karten zu finden.

Ab den 1960er Jahren wurden die Namen Reineckeplatz und die Namen der umliegenden Plätze in den Stadtplänen nicht mehr aufgeführt. Diese sind erst ab 1991 wieder in den Karten zu finden. Lediglich der Reineckeplatz ist nicht mehr im Stadtplan verzeichnet worden.“

Da scheint also jemand 1991 den Reineckeplatz einfach wieder vergessen zu haben bei der Wiederaufnahme in die Stadtpläne.

Carl Reinecke: Erlebnisse und Bekenntnisse. Foto: Ralf Julke
Carl Reinecke: Erlebnisse und Bekenntnisse. Foto: Ralf Julke

Gewürdigt wurde Carl Reinecke übrigens auch 2005, als im Lehmstedt Verlag das von Doris Mundus herausgegebene Buch „Erlebnisse und Bekenntnisse“ erschien, das den oft im Schatten mancher seiner Amtskollegen stehenden Carl Reinecke für viele musikinteressierte Leipziger tatsächlich erst wieder ins Bewusstsein rückte.

Was tun?

„Im Bereich des damaligen Reineckeplatzes befindet sich heute der sogenannte ‚Staudengarten‘. Der auch als ‚Lesegarten‘ bezeichnete Parkbereich wurde 1955 nach Plänen von Gerhard Scholz angelegt und 2014/15 nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert“, schreibt das Amt für Stadtgrün und Gewässer.

Was eine Möglichkeit ist zu erklären, warum die Platzbezeichnung nicht wieder auf den Stadtkarten erschien. „Mit der Umbenennung des Albertparks und weiterer Parkanlagen in ‚Zentraler Kulturpark Clara Zetkin‘ im Jahr 1955 und der damit einhergehenden Neugestaltung des Parks nach Vorbild des Moskauer Kulturparks ‚Maxim Gorki‘ ging die Bezeichnung ‚Reineckeplatz‘ und auch dessen Flächengliederung verloren.“

Aber eigentlich gibt es keine wirklich stichhaltigen Gründe gegen die Platzbezeichnung, betont das Amt für Stadtgrün und Gewässer: „Aus gartendenkmalpflegerischer Sicht kann der Bereich des Staudengartens im Stadtplan wieder als ‚Reineckeplatz‘ bezeichnet werden. Carl Reinecke wurde in Leipzig bereits 1910 durch eine Straßenbenennung in Alt-West geehrt.

Diese wurde mit dem Beschluss 867 vom 30.04.1910 beschlossen. Carl Reinecke wäre damit in Leipzig durch eine Platz- und Straßenbenennung doppelt geehrt. Diese Ehre kommt bei den umliegend benannten Komponisten im Clara-Zetkin-Park außerdem Franz Schubert zu.“

Die Petition von Mike Demmig erhielt am 15. Januar also die einstimmige Zustimmung des Stadtrates.

Noch ein paar bürokratische Runden

Aber jetzt gibt es einmal wieder ein bürokratisches Problem. Denn eine offizielle Streichung des Platznamens gab es nie. Jetzt muss also ein Wieder-Bennungsprozess in Gang gesetzt werden, der auch wieder einen Stadtratsbeschluss vonnöten macht, wie das Amt für Stadtgrün und Gewässer erläutert: „Um den historischen Zustand der Benennung wiederherzustellen wird vorgeschlagen, den ‚Reineckeplatz‘ wieder in den Stadtplan aufzunehmen. Die Art der Wiederaufnahme hängt von den Rechercheergebnissen des Stadtarchivs zur Aufhebung des Platznamens ab.

Bisher konnte nur der Beschluss zur Benennung, nicht jedoch der Beschluss zur Aufhebung des Platznamens aufgefunden werden. Abhängig vom Rechercheergebnis des Stadtarchivs wird eine Wiederaufnahme per Stadtratsbeschluss oder über eine Information empfohlen. Beide Verfahrenswege könnten im Rahmen der nächsten Beschlussvorlage zur Straßenbenennung durchgeführt werden.“

Wenn der Platz also offiziell wieder den Namen von Carl Reinecke trägt, kann vor Ort auch wieder mit Ständchen an den langjährigen Gewandhauskapellmeister erinnert werden.

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