Der Artikel zur bevorstehenden Schließung der „Study Hall“ in Leipzig Grünau hat Aufmerksamkeit erregt, auch in der Stadtpolitik. Das entsprach auch unserer Absicht: Es soll nicht sein, dass ein Projekt für benachteiligte Schülerinnen und Schüler sang- und klanglos verschwindet. Allerdings stellt sich die Frage: Passiert jetzt etwas, springt die Stadt doch noch ein oder gibt es eine andere Variante, um den Kindern und Jugendlichen zu helfen?

Nachfrage beim Amt für Schule

Aufgrund der uns unzureichend erscheinenden Antworten des Amtes auf unsere ersten Fragen haben wir nachgehakt.

Gibt es eine Evaluation zum Projekt? Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam diese?

Antwort: Es gibt ausschließlich eine Dokumentation zu Nutzerzahlen und eine Nutzerbefragung.

Wurden während der Laufzeit Bemühungen unternommen, eine Anschlussfinanzierung, mit städtischen oder anderen Mitteln, zu finden? Wenn ja, woran scheiterten diese Bemühungen? Wenn nein, warum nicht?

Antwort: Es handelt sich um eine freiwillige Leistung. Angesichts der prekären Haushaltssituation und zu geringer täglicher Nutzerzahlen der Study Hall wurden andere schulische Projekte und Angebote priorisiert. Adäquate Fördermittelprogramme für eine Anschlussfinanzierung sind aktuell nicht verfügbar.

Es gab also für ein Projekt mit fast 3-jähriger Laufzeit keine richtige Evaluation und während der Laufzeit wurden keine Bemühungen für eine Weiterführung unternommen. Eine Möglichkeit für eine Weiterführung wäre beispielsweise die Gründung eines Vereins gewesen, der sich dann um Fördermittel bewirbt. Wir haben auf eine weitere Nachfrage verzichtet, die Erklärung dafür steht im nächsten Abschnitt.

Stimmen aus dem Stadtrat

Nach Erscheinen des ersten Artikels haben wir bei einigen Fraktionen im Stadtrat Leipzig nachgefragt und Antworten bekommen.

Anna-Lisa Möbius, schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion schrieb:

„Der Wegfall der Study Hall in Grünau ist ein großer Verlust für die Bildungsgerechtigkeit in Leipzig. Dieses innovative Projekt bot Schülerinnen und Schülern wichtige Unterstützung, gerade dort, wo es an Lernorten mangelt. Wir brauchen dringend eine Perspektive für den Fortbestand solcher Angebote. Als schulpolitische Sprecherin meiner Fraktion habe ich für den nächsten Fachausschuss Jugend, Schule und Demokratie eine Anfrage zu diesem Thema eingereicht.“

Sören Pellmann, Fraktion Die Linke, erklärte:

„Mit der Schließung der Study Hall wird der Stadtteil Grünau einmal mehr abgehängt. Wie eine Anfrage der Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig schon in 2022 aufzeigte, ist die Anzahl der Schulabbrecher*innen vor Ort im Gegensatz zu anderen Stadtvierteln besonders hoch. Auch die Zahlen bei Auffälligkeiten in Bezug auf Sprachentwicklung und Motorik sind alarmierend. Wir befürchten, dass das im Jahr 2025 nicht anders aussieht. Gerade deshalb muss mit aller Kraft, mit Zusatz- und Unterstützungsangeboten gegengesteuert werden. Es braucht mehr konzertierte Unterstützungsangebote, um die Spirale der Benachteiligung zu durchbrechen!“

Die Linke nutzte das Thema auch, um eine Stadtratsanfrage mit dem Titel „Schließung der Study-Hall in Leipzig-Grünau und Daten zur Lage von Kindern und Jugendlichen“ zu stellen. Der Punkt 6 der Anfrage „Wie ist die Nutzungsbilanz der Study Hall seit ihrem Bestehen?“ veranlasste uns, von Anfragen nach dem Ergebnis der Dokumentation zu Nutzerzahlen und der Nutzerbefragung abzusehen.

Ute Köhler-Siegel und Frank Franke von der SPD-Fraktion sagten: „Wir sind von der Schließung der Study Hall überrascht und werden in den Ausschüssen nachfragen, wie das Projekt genutzt wurde und warum es keine Anschlussfinanzierung gibt. In Anbetracht der Haushaltslage müssen wir jedoch Prioritäten setzen und liegen bei der SPD-Fraktion ganz klar bei der Schulsozialarbeit.“

Jan-Paul Helbig (Piratenpartei), der die Freie Fraktion im Jugendhilfeausschuss vertritt, äußerte sich wie folgt: „Die Study Hall ist ein besonderes Projekt, das gezielt Jugendliche erreicht, die im häuslichen und schulischen Umfeld keine für sie geeigneten Lernmöglichkeiten haben. Sie bietet einen geschützten Lernort in einem sozial benachteiligten Stadtteil. Wir haben gesehen, dass viele Kinder das Angebot der Study Hall aktiv genutzt haben, um dort zu lernen. Es wäre schade, wenn dieser erfolgreiche Ansatz abrupt endet. Es sollte einen Weg geben, dieses Angebot fortzuführen.“

Fazit: Trotz des zu erwartenden Einsatzes einiger Stadtratsfraktionen ist eine Weiterführung des Projektes „Study Hall“ durch die Stadt Leipzig sehr unwahrscheinlich. Gibt es noch eine Chance? Dazu mehr im nächsten Artikel.

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