Als sich um 10 Uhr die Demonstranten sammeln, ist eines schon klar. Der ÖPNV in Leipzig ist zum Erliegen gekommen, der Warnstreik hat die maximale Wirkung entfaltet. Bereits am Morgen, 4:22 Uhr, gab die LVB angesichts des 3 Uhr begonnenen Ausstandes bekannt, dass nun wohl doch bis zirka 14 Uhr ausnahmslos keine Bahnen und Busse in Leipzig fahren würden. Noch gestern am Abend hatte man offenbar gehofft, es würde nicht so dicke kommen, was so manchen Fahrgast erst am heutigen Morgen die Dimension klarmachte. Dafür erlebte Ver.di einen sehr erfolgreichen Tag.

Beim Verlesen der Demonstrationsauflagen hatten die rund 2.500 direkten Teilnehmer am heutigen Freitag das erste Mal in ernster Angelegenheit Spaß. „Das Betreten der Gleisanlagen ist verboten“, so Erik Wolf, DGB-Regionsgeschäftsführer für Nordsachsen, angesichts eines komplett stillgelegten LVB-Fahrbetriebs schmunzelnd.

Ex-Linken-Stadtrat Jens Herrmann-Kambach wusste als Mitstreikender gegenüber L-IZ.de auch warum: Viele Kollegen hätten sich über die Gewerkschaft hinaus solidarisiert und es seien auch nicht alle Gewerkschafter auf der Demonstration, da sie in den Depots darauf achten würden, dass auch wirklich keine Bahn auf die Strecke kommt. (Was die Streikenden fordern, kann man hier auf L-IZ.de nachlesen).

Gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Sachsen (GEW), Angestellten der Sparkassen und weiteren öffentlichen Angestellten kam es damit am 13. April zur bislang nachhaltigsten Aktion unter der Ver.di-Führung, um für die beginnende weitere Verhandlungsrunde vom 15. bis 17. April mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen (KAV) Druck aufzubauen.

Erik Wolf freute sich gegenüber L-IZ.de vor allem über das hohe Mobilisierungspotential in den Unternehmen, die Solidarität auch von Nichtgewerkschaftlern und die beeindruckenden Auswirkungen auf den Nahverkehr in Leipzig am heutigen Tage. Warum die LVB selbst so spät über die vollständige Lahmlegung des Verkehrs berichtete: Stefan Hilbig (Ver.di-Sprecher) vermutete auf Nachfrage, man habe wohl auf Arbeitgeberseite schauen wollen, was Ver.di und die Angestellten so zuwege bringen. Dies dürfte mit dem heutigen Tage eindrucksvoll klargestellt sein (weitere Impressionen auf L-IZ.de).

Sollte bis zum kommenden Dienstag, 17. April, also kein Durchbruch in den Verhandlungen zwischen den kommunalen Arbeitgebern und Ver.di gelingen, können sich die Leipziger also wohl auf die nächste Aktion gefasst machen: Erneut geschlossene Kitas und Horte wie heute in Leipzig sowie Sparkassenfilialen, Stillstand beim ÖPNV und fehlende Müllentsorgung könnten dann auch für mehr als ein paar Stunden anstehen.

So zumindest sollte man wohl das lächelnde Kopfnicken von Ver.di-Chef Frank Bsirske auf die entsprechende L-IZ-Nachfrage hin deuten. „Wir haben in dieser Woche bereits rund 150.000 Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gebracht“, so der Hauptredner des heutigen Tages. Angesichts der Milliardenüberschüsse in den öffentlichen Haushalten wäre nun Zeit für sechs Prozent mehr (mindestens aber 200 Euro) für die öffentlich Beschäftigten, so Bsirske bei seiner Rede zuvor.

Ruhe herrscht derzeit noch aufseiten des KAV, der zur derzeitigen Tarifverhandlung noch kein offizielles Statement abgab. Ab 14 Uhr wird sich also der Betrieb der LVB wieder normalisieren. Für wie lange wird sich ab Sonntag am Verhandlungstisch entscheiden.

Die Rede von Ver.di-Chef Frank Bsirske am 13. April 2018 auf dem Richard-Wagner-Platz (Vorredner ua. Dirk Wolf vom DGB)

Video: L-IZ.de

Was Ver.di fordert, kann man hier auf L-IZ.de nachlesen

Alle Räder stehen still …: Streik in Leipzig und Sachsen

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