„Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen! Wertvolle Grünflächen für LeipzigerInnen schützen!“ Das ist der Titel der Petition, die von der BUND Regionalgruppe Leipzig e.V., dem NABU-Regionalverband Leipzig e.V., dem Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. und dem Ornithologischen Verein zu Leipzig e.V. auf der Plattform openPetition online gestellt wurde. Die Petition richtet sich gegen die in Leipzig seit Jahren anhaltende Vernichtung von Grünflächen, die für Mensch und Natur wertvoll sind.

Dabei verzeichnet der Naturschutzbund NABU Leipzig, dass seit 2016 im Stadtgebiet mindestens 250 solcher wertvollen Grünflächen mit zusammen rund 100 Hektar durch Gehölzrodung und Bauarbeiten bereits ersatzlos beseitigt wurden. Am schlimmsten trifft es Vögel, Eidechsen, Amphibien, Igel, Fledermäuse und verschiedene Insekten, die keine entsprechenden Ausweichflächen finden. Sogar gesetzlich geschützte Tierarten sind betroffen. Dieser Tatbestand ist laut Bundesnaturschutzgesetz rechtswidrig, das wird jedoch in Leipzig vielfach ignoriert.

Neben zahlreichen anderen Fällen stellt aktuell die Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes, der eine der letzten großen innerstädtischen Brachflächen ist, eines der markantesten Beispiele für den Verlust von wertvollen strukturreichen Grünflächen in Leipzig dar. Dabei geht es den Verfassern der Petition nicht darum, die Bebauung grundsätzlich zu verhindern, sondern in ökologisch vertretbare Bahnen zu lenken und dem Artenschutz gerecht zu werden.

Der NABU Leipzig hat dazu bereits im Jahr 2016 besonders schützenswerte Flächen in den seitlichen Bereichen des Wilhelm-Leuschner-Platzes identifiziert und in einem Positionspapier an die Stadt darauf hingewiesen. In einem weiteren Positionspapier vom Januar dieses Jahres verweist der NABU darauf, dass 2018 29 verschiedene Vogelarten den Wilhelm-Leuschner-Platz als Lebensraum nutzten und davon 16 Vogelarten sogar dort brüteten.

Grüner Wilhelm-Leuschner-Platz. Foto: Ralf Julke
Grüner Wilhelm-Leuschner-Platz. Foto: Ralf Julke

„Es kam zwar zu Gesprächen, diese blieben jedoch ohne Erfolg“, stellt René Sievert vom NABU fest. „Die vorgesehenen Bebauungspläne für den ersten Bauabschnitt, Dreieck Brüderstraße/Grünewaldstraße/Windmühlenstraße, zeigen ein erschreckendes Bild im Stil einer Beton-und-Asphalt-Politik. Deshalb kam es, als der entsprechende Entwurf für diesen Bauabschnitt gefeiert wurde, zu Protesten vor dem Rathaus und zu der Petition. Die Initiatoren bitten nun die Bevölkerung um ihre Stimme – der öffentliche Druck wächst, bei der Schließung von Baulücken darf die Stadtverwaltung die Natur und das grüne, lebendige Wohnumfeld nicht vergessen!“

Die Petition:

Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen!
Wertvolle Grünflächen für LeipzigerInnen schützen!

Die Verfasser dieser Petition sind die BUND Regionalgruppe Leipzig e.V., der NABU-Regionalverband Leipzig e.V., der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. und der Ornithologische Verein zu Leipzig e.V.

In einer Stadt wie Leipzig, die wächst und in der viel gebaut wird, gehen dem Menschen die grünen und kühlen Wohlfühloasen verloren. Man erinnere sich nur mit Schrecken an die Hitzewellen des letzten Sommers. Noch schlechter ergeht es dabei den Wildtieren, deren Nahrungsgrundlage und Lebensräume verschwinden. Das Artensterben findet überall statt – auch hier bei uns in Leipzig! Leider wird es durch die Entscheidungsträger nicht gebremst, sondern mitverursacht. Bei Baumaßnahmen steht die Natur hintenan.

Die Stadt Leipzig, welche bereits schon länger den Titel „Kommune der Biologischen Vielfalt“ trägt, muss endlich dieser Botschaft gerecht werden und ihre grünen Plätze der Biologischen Vielfalt erhalten und stärken. Deshalb bitten wir um Ihre Stimme für den Schutz der Lebensräume in der Stadt. Wir fordern:

  1. Keine Baumaßnahmen auf Flächen, die Lebensstätten geschützter Tierarten sind, wenn nicht zuvor nachweislich ausreichend funktionierende und geeignete Ersatzlebensräume in räumlicher Nähe geschaffen werden!
  2. Für alle Flächen (auch Baulücken, Brachflächen) eine frühzeitige artenschutzfachliche Untersuchung und qualifizierte Artenschutzprüfung, die nachweislich geeignet ist, den Bestand der geschützten Arten und ihrer Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang des Bauvorhabens zu erhalten.
  3. Frühzeitige Einbindung der Umwelt- und Naturschutzverbände. Frühzeitige dem Bauvorhaben vorausgehende Entwicklung von Artenschutzkonzepten. Der Öffentlichkeit muss Einblick in Artenschutzkonzepte gegeben werden. Eine Beteiligung der Umwelt- und Naturschutzverbände muss immer möglich sein.
  4. Erhalt wertgebender Grünflächen als Trittsteine im Biotopverbund und Festlegung als Tabuflächen, die nicht bebaut werden. Der Artenschutz und die Erhaltung strukturreicher Grünflächen muss im Rahmen der Bauleitplanung nachweislich Priorität haben.
  5. Das bestehende Grün (insbesondere Sträucher, Bäume, Blühflächen und Stauden) muss gefördert und naturnah gepflegt werden. Auch im Zuge der Pflege ist der Artenschutz durch eine artenschutzfachliche Begleitung zu berücksichtigen. Die Funktionen für Klima, Erholung und Biodiversität müssen gegenüber anderen Interessen vorrangig berücksichtigt werden!
  6. Das Fällen und Roden von Bäumen und Sträuchern für Baumaßnahmen darf nicht vor Erteilung einer Baugenehmigung erfolgen. Es ist grundsätzlich ein möglichst weitgehender Erhalt von Bäumen und Sträuchern anzustreben.
  7. Diese Forderungen sollen als Handlungsanweisungen ausformuliert, festgeschrieben und von der Stadtverwaltung umgesetzt werden!
  8. Da die Punkte 1 bis 6 für die Bauvorhaben am Wilhelm-Leuschner-Platz bisher nicht erfüllt sind, fordern wir die Überarbeitung aller Baupläne hinsichtlich dieser Punkte. Dazu gehört ein Artenschutzkonzept, welches sich an den aktuellen und tatsächlichen faunistischen Gegebenheiten am Wilhelm-Leuschner-Platz orientiert und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Vogelarten und deren Nahrungsgrundlage (z. B. Insekten, Regenwürmer) ableitet.

Begründung:

Seit 2016 wurden in Leipzig mindestens 250 Lebensräume mit zusammen rund 100 Hektar durch Gehölzrodung und Bauarbeiten ersatzlos beseitigt! Ausweichflächen für die vertriebenen Tiere gibt es nicht mehr, die Tiere verlieren ihre Heimat, Leipzig schrumpft!

Ein besonderes Beispiel ist der Wilhelm-Leuschner-Platz, die letzte große Brache in der Innenstadt. Während an vielen Stellen die Tiere unbemerkt ihren Lebensraum verlieren, ist dieser Platz vom NABU gut untersucht. Deshalb ist bekannt: Er ist ein Platz der Biologischen Vielfalt. Allein 16 Brutvogelarten sind hier zuhause! Bereits vor dem Beginn der Bauplanungen muss ein Ausgleich in unmittelbarer Umgebung geschaffen werden, damit Tiere eine Ausweichmöglichkeit haben.

Zusätzlich kann die Vegetation der unbebauten Platzbereiche auch in die zu schaffende, ökologisch wirksame Begrünung integriert und damit an Ort und Stelle erhalten werden. Dazu hat der NABU Leipzig schon 2016 einen Vorschlag ausgearbeitet. Dieser ist unter folgendem Link nachzulesen. www.nabu-leipzig.de/stellungnahmen/leuschnerplatz/

Schon bald kann niemand mehr in der Innenstadt eine Nachtigall singen hören, vor kurzem hatten sie hier noch mehrere Brutplätze. Ganze Wohnquartiere haben keine Spatzen mehr, keine Amseln, obwohl es früher noch „Allerweltsvögel“ waren. Auch Insekten, Fledermäuse, Igel, Amphibien und Eidechsen verlieren ihre Lebensräume in der Nachbarschaft der Menschen. Und die Menschen verlieren ebenfalls ihr grünes Wohnumfeld, was sich negativ auf das Stadtklima auswirkt. Grüne Erholungsräume dienen dem Wohlbefinden und der Umweltbildung.

Abgesehen davon ist die anhaltende Vernichtung der Lebensräume gesetzlich geschützter Tierarten nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz rechtswidrig! Wir brauchen Hecken, Sträucher, große, höhlenreiche Bäume, Laubstreu, ökologisch wertvolle Blühflächen und offene Bodenstellen. Im Zuge von Baumaßnahmen müssen solche Flächen so weit wie möglich erhalten oder neugeschaffen werden. Artenarme Landschaftsrasen und ein paar kleine neugepflanzte Bäumchen oder exotische kleine Sträucher sind noch kein Ersatz für die gewachsenen wichtigen verlorenen grünen Rückzugsräume.

Die Haltung in der Stadtverwaltung sollte von Respekt für die Natur geprägt sein und diese als Bereicherung anstatt als ausschließliches Hindernis der baulichen Entwicklung sehen. Gehölzstrukturen und Grünflächen erhöhen den Wert unserer Wohn- und Gewerbeflächen, denn sie sorgen für die mittel- und langfristige Bewohnbarkeit der Stadt und den Erhalt von Lebensqualität!

NABU protestiert mit einer Verzweiflungsaktion gegen die Laubbeseitigungspolitik der Stadt

NABU protestiert mit einer Verzweiflungsaktion gegen die Laubbeseitigungspolitik der Stadt

 

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Es gibt 2 Kommentare

Es gibt städtisch inszenierte Beteiligungen. An denen wird aber nur beteiligt, wer nicht gegen die Stadt klagt. Vielleicht klagen diese Verbände ja deshalb nicht.
Allerdings stehen bei diesen inszenierten und durch ordentlich finanzierte Beraterverträge gefaketen “Beteiligungen” die Ergebnisse von vornherein fest.

Es gibt wohl inzwischen eine
Arbeitsteilung der Verbände zwischen denen, die die Lebensräume der
Arten in der Stadt schützen wollen und jenem, die wegen der Bäume und
der Arten im Auwald vor Gericht ziehen? Was soll das denn, sind nur die
Bäume in der Stadt ODER im Auwald wichtig? Gehört das nicht irgendwie
zusammen?? Oder soll im Auwald gebaut werden, damit die Brachen in der
Stadt bleiben können? Das gefiele sicher dem einen oder anderen mit
Immobilienmogulen Golfenden. Außerdem besteht die Forderung der Linken
und Grünen, dass es sozialen Wohnungsbau geben soll: Man kann nicht
blasen und das Mehl im Maul behalten. Nur schade, dass es, wie immer,
keine Beteiligung gibt, wo die Verbände und die sich für sozialen
Wohnungbau engagiernenden WahlkämpferInnen miteinander reden. So ist das
halt, leider.

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