Natürlich kämpfen weder Linksfraktion noch Grünenfraktion noch NABU allein, wenn es um das Grün in der Stadt geht. Sie stehen eher dafür, dass sich die Akteure mittlerweile stärker und besser vernetzen als in den Vorjahren, als alle Vorstöße, die Stadtverwaltung zu einer echten Klimaschutzpolitik zu bewegen, wie an einer Mauer abprallten. Der Ökolöwe hat seine Seite zum Wert der Baumscheiben in Leipzig jetzt noch einmal aktualisiert.

Denn das Potenzial ist groß, wenn man es denn einmal sehen will: In Leipzigs Straßen stehen rund 60.000 Bäume in Baumscheiben. Das sind 180.000 Quadratmeter blühendes Baumbeet-Potenzial.„Gerade in Zeiten massiven Artensterbens gilt es mehr denn je, dieses Potenzial zu nutzen. Doch jedes Jahr aufs Neue! Ob liebevoll angelegtes Baumbeet oder spontaner Wildkräuterwuchs: die Stadtreinigung sowie die beauftragten Pflegefirmen rücken aus und entfernen fein säuberlich jegliches Grün von Baumscheiben. Das muss endlich aufhören!“, fordert der Ökolöwe, der sich zu dem Thema mittlerweile mit dem NABU Leipzig vernetzt hat.

Und mit seinem Appell „Mehr Grün für Leipzig“ gewinnt er auch immer mehr Leipziger/-innen, die sich bewusst werden, wie wertvoll jedes Grün in der Stadt ist: für die Artenvielfalt, die Luftreinhaltung, die Kühlung der Stadt im Sommer.

Über 21.500 Unterzeichner/-innen hat der Appell mittlerweile gewonnen.

Der Ökolöwe und der NABU Leipzig fordern jetzt gemeinsam: „Stadtreinigung und Amt für Stadtgrün und Gewässer, stoppt endlich die Kahlrasur – Leipzigs Baumscheiben müssen blühen! Dies gilt für die Baumscheiben, die mit viel bürgerlichem Engagement von Leipziger/-innen bepflanzt und gepflegt werden. Zudem müssen die Wildkräuter, die sich auf Baumscheiben spontan angesiedelt haben, stehen bleiben! Denn auch ein Löwenzahn leistet seinen eigenen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.“

Und der Ökolöwe appelliert auch zum wiederholten Mal an die Stadt, dass sie sich dem Bündnis Kommune biologische Vielfalt verschrieben hat und aktiv für den Erhalt der Artenvielfalt agieren muss. Aber egal, ob das der Umgang mit Brachen oder mit Baumscheiben ist: Das alte Denken der von Grün freigeschlagenen Fläche herrscht noch immer vor.

Die Argumente der Stadtveraltung sind auch aus Sicht des Ökolöwen reine Ausrede: „Ob Anfragen von Bürger/-innen oder unsere Gespräche mit der Stadtreinigung sowie mit dem Amt für Stadtgrün und Gewässer – immer wieder werden für das gründliche Vorgehen die Verkehrssicherheit und die Reinigungspflicht herangezogen, beruhend auf Paragraphen des Sächsischen Straßengesetzes und der Satzung über die Straßenreinigung der Stadt Leipzig. Die Stadtreinigung argumentiert, sie sei verpflichtet, Wildkräuter von Baumscheiben zu entfernen, da dies zur ,Reinigung‘ von Gehweg und Fahrbahn gehöre. Der Begriff Reinigen sei so zu verstehen, dass alles beseitigt werden müsse, was nicht zur Straße gehört. Dazu zählen neben Müll und Hundekot eben auch Wildkräuter.“

Aus Sicht des Ökolöwen aber ist diese Argumentation haltlos: „Denn weder im Sächsischen Straßengesetz noch in der Satzung der Straßenreinigung ist das Entfernen von Wildkräutern und Baumbeeten aufgeführt! So kann sich die Pflege von Baumscheiben maximal auf den Rückschnitt von Gewächsen beschränken, die eine Wuchshöhe von mehr als 70 Zentimetern aufweisen, dornig oder rankend sind.“

Darüber hinaus werde seitens der Stadt argumentiert, dass der Bewuchs der Baumscheibe in Konkurrenz mit dem Baum stehe.

„Diese Begründung ist bei Jungbäumen (in den ersten drei Jahren) auch statthaft. Aber generell dient ein Baumbeet als schützende Pflanzendecke“, erklärt der Ökolöwe eine eigentlich offenkundige Tatsache. „Die Wildblumen im Baumbeet lockern den Boden auf und ermöglichen dem Baum Sauerstoff, Wasser und Nährstoffe leichter aufzunehmen.“

Das Engagement des Umweltverbunds erstreckt sich ja nicht nur auf Baumscheiben. Wenn Leipzig das Thema Bewahren der Artenvielfalt in der Stadt wirklich ernst nimmt, dann hat das eine ganze Palette von Änderungen zur Folge. Einige haben in der jüngsten Vergangenheit schon zunehmend den Stadtrat beschäftigt, der auch bei diesem Thema längst zum Taktgeber für eine Verwaltung geworden ist, der es gerade bei überlebenswichtigen Themen schwerfällt, ein angewöhntes Verhalten zu ändern.

Der Ökolöwe: „Straßengrün ist sehr vielfältig: bepflanzte Baumscheiben, Straßenbäume, Blühstreifen, grüne Verkehrsinseln bis hin zu grünen Gleisbetten, Kletterpflanzen an Masten und Lärmschutzwänden oder Dachbegrünung der Haltestellen. Diese Vielfältigkeit am Straßenrand kann einen enormen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten, denn nur so werden kleinräumige und bisher isolierte Lebensräume miteinander verbunden.“

Man ahnt erst in Konturen, was es eigentlich bedeutet, in einer von Beton, Stein und Reinigungsfahrzeugen dominierten Stadt wirklich Artenschutz zu betreiben und die bedrohten Bestände an Insekten und Tieren zu schützen, die bei einer rücksichtslosen Bautätigkeit einen Lebensraum nach dem anderen verlieren.

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