Der größte Hörsaal der Universität Leipzig wird den dritten Tag in Folge von Aktivist/-innen des internationalen Bündnisses „End Fossil: Occupy!“ besetzt gehalten. Am Dienstag und Mittwoch fanden mehrere Verhandlungsgespräche mit Vertretern der Universitätsleitung statt, bei denen es nach aktuellem Kenntnisstand bisher zu keiner Einigung gekommen ist.

Seit zwei Tagen wird nun verhandelt

Seit Dienstagmorgen verhandeln vonseiten der Universität Roger Gläser, Prorektor für Talententwicklung, und Matthias Middell, Prorektor für Campusentwicklung, mit den Besetzer/-innen, teilweise öffentlich auf dem Podium im Auditorium maximum und teilweise hinter verschlossenen Türen.

Nach einem Gespräch am Mittwochmorgen mit dem Rektorat teilten die Besetzer/-innen mit, dass die Universität in Erwägung ziehe, „demnächst vom Hausrecht Gebrauch zu machen“. Sie stehe diesbezüglich in Kontakt mit der Polizei.

Am Mittwoch war aufgrund der womöglich drohenden Polizeiräumung dann ein neues Banner im Audimax zu sehen: „Keine Cops in der Uni!“, ist darauf zu lesen. Das Bündnis „End Fossil“ bat auf Social Media um Unterstützung vor Ort, woraufhin beispielsweise Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek vorbeischaute und sich die Verhandlungen zwischen Aktivist/-innen und Universität anhörte.

„Zu sehen, wie ernsthaft die Studierenden diskutieren, abwägen, vorschlagen und verwerfen ist schon beeindruckend“, schrieb Kasek heute auf Twitter. „End Fossil Leipzig streitet sehr ernst, sehr klar für Klimaschutz und eine Universität ist genau der richtige Ort.“

Die bisherigen Zugeständnisse der Universität an die Gruppe bezeichnete Kasek als unzureichend. „Es braucht klare, abrechenbare Umsetzungen. Die Uni rühmt sich damit, dass zwei Profs am IPCC-Bericht mitgeschrieben haben und reagiert derart. Unverständlich.“ Die Punkte, in denen sich die Aktivist/-innen und die Uni bisher nicht einigen konnten, sind laut Kasek „nicht unüberwindbar“.

Aktivist/-innen fordern Klimaneutralität der Uni

Die Besetzer/-innen von „End Fossil“, größtenteils Studierende, fordern die Universität auf, ihren Betrieb bis 2030 klimaneutral zu machen. Außerdem soll jeder Studiengang ein Modul beinhalten, in dessen Lehrveranstaltungen über die Klimakrise und mögliche Lösungen aus der jeweiligen Fachperspektive diskutiert werden soll.

Die Universität Leipzig zeigt sich seit Beginn der Besetzung im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulleitungen kooperativ und vergleichsweise gelassen. Man verstehe die Anliegen der Aktivist/-innen und wolle eine Eskalation wie beispielsweise eine Räumung durch die Polizei vermeiden, hieß es noch am Montag von Uni-Pressesprecher Carsten Heckmann.

Insgesamt wirken beide Parteien mittlerweile deutlich angespannter als noch am Montag, was angesichts der andauernden Besetzung nicht verwundert. Am Montag räumten die Aktivist/-innen ein Sofa, dass sie zuvor ins Audimax getragen hatten, sofort wieder heraus, nachdem der Baudezernent der Uni auf den Brandschutz verwiesen hatte.

Lage ist angespannt

Heute funktionierte das Uni-Wlan im Audimax nicht, was Zufall sein kann – oder aber eine Maßnahme der Universitätsleitung, um „End Fossil“ die Außenkommunikation zu erschweren.

Seit Beginn der Besetzung am Montagnachmittag nutzen die Aktivist/-innen das Audimax und das Neue Augusteum der Universität am Augustusplatz für vielfältige Veranstaltungen, beispielsweise wurden am Dienstag ein „Queerer Brunch“, mehrere Vorträge und ein Filmabend angeboten. Über Social Media und vor Ort am Campus ruft „End Fossil“ die Studierenden fortlaufend zum Vorbeischauen und Mitmachen auf.

„Da es gen Prüfungszeit geht und die Plätze in der Bibliothek eh oft knapp sind, könnt ihr euch auch gern mit eurer Lerngruppe im Audimax treffen, nutzt den Raum, kommt vorbei“, forderte eine Aktivistin am Dienstag ihre Kommiliton/-innen per Megafon-Ansage am Campus auf.

Für den morgigen Donnerstag rufen „End Fossil“ sowohl die Ortsgruppen von Extinction Rebellion, Fridays for Future und „Ende Gelände“ zu einer studentischen Vollversammlung im Audimax auf. Dabei soll über die Situation im ebenfalls besetzten Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen informiert werden.

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