Achtundvierzig Stunden halten die Studierenden der Martin-Luther-Universität in Halle nun bereits deren größten Hörsaal besetzt. Während die Stimmung in der Besetzung gut ist, fanden bereits erste Verhandlungen mit der Universitätsleitung statt. Auch aus Studierendenschaft und nahestehenden Organisationen kommen erste Reaktionen – kritische wie befürwortende. 

Der Besetzung am Montagabend folgte am Dienstag ein Gespräch mit dem – dem Rektorat unterstellten – Nachhaltigkeitsbüro, am Mittwoch gab erste, direkte Verhandlungen zwischen den Studierenden und der Rektorin. „Das Gespräch fand in wohlwollender und respektvoller Atmosphäre statt“, so Sprecherin Lynn aus der Besetzung. Gleiches erklärte auf Nachfrage auch die Pressesprecherin der Universität. 

Da die Forderungen der Besetzerinnen und Besetzer nicht nur den direkten Zuständigkeitsbereich des Rektorats, sondern auch die einzelnen Institute betreffen, waren auch einige Dekane an den Erstverhandlungen beteiligt. „Das macht es uns natürlich auch leichter, unsere Forderungen, vor allem nach der Schaffung neuer Module, vorzubringen“, meint dazu Besetzungssprecher Marten.

Dass die Universitätsleitung auch die Institutsdekane in die Verhandlungen mit einbezieht, wertet er als Zeichen ernsthafter Gesprächsbereitschaft. Man sei aus dem heutigen Gespräch mit einem positiven Eindruck herausgegangen und blicke ebenso den weiteren Verhandlungsrunden entgegen. 

Solidarität und Unterstützung

Beide Sprecher waren zuversichtlich, dass die Besetzung aber auch lange genug gehalten werden könne, um entsprechenden Verhandlungsdruck aufzubauen. Stolz war man zugleich auf das ausgefüllte Tagesprogramm, zu dem Vorträge studentischer wie aktivistischer Gruppen und auch von Professoren, sowie gemeinsames Kochen und abendliche Filmvorführungen gehören. Insbesondere solidarisiert wird sich mit dem Protest in Lützerath und der Gruppe „MLUnterfinanziert“, welche sich gegen die Folgen der Einsparungspolitik an der halleschen Universität wendet. 

Unterstützung erhielten die Besetzer unterdessen vom Sprecher*innenkolleg des Studierendenrates. Dieses begrüßte in einer Rundmail insbesondere die Verbindung von Klima- und Finanzierungskämpfen: „Die notwendige kritische Bildung, ambitionierte Forschungsvorhaben in allen Wissenschaftsbereichen und die Neuausrichtung der MLU braucht Geld, welches durch das strukturelle Defizit fehlt.“ Man räume ein, dass das gewählte Mittel der Hörsaalbesetzung für einige Studierende ärgerlich sei, sehe diese Form des Protests jedoch als legitim und als vom Großteil der Studierendenschaft unterstützt an. 

Ferner solidarisierte sich der Landesverband der Gewerkschaft Bildung und Erziehung (GEW) mit den Besetzern. Die Hochschulen seien „wichtige Akteure“ für die „Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen, die der vom Menschen maßgeblich verursachte Klimawandel nach sich zieht“, erklärte dazu Landesvorsitzende Eva Gerth in einer Pressemitteilung. „Gutes Gelingen“ wünschte auch die hallesche Linkspartei, ebenso gab sich die Grüne Jugend solidarisch.

Kritik an der Besetzung

Kritik kam indes vonseiten der Jungen Union und der konservativen Hochschulgruppe „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS). Luisa Jänicke, stellvertretende Landesvorsitzende des RCDS und StuRa-Mitglied bezeichnete die Besetzung als „Scheinpolitik auf Kosten der Studenten“ und forderte eine schnellstmögliche Unterbindung. Der Kreisvorsitzende der Jungen Union, Friedrich Lembert, legte den Studierenden nahe, doch stattdessen die Bewerbung Halles als Standort des „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ zu unterstützen.

Was das Zentrum, das im Jahr 2028 fertiggestellt werden und sich mit der „Transformation“, die Ostdeutschland nach der Einigung durchlaufen hat, beschäftigen soll, mit dem Anliegen der Besetzung zu tun hat, war aus der Presserklärung nicht ersichtlich. 

In der Besetzung war man sich unterdessen sicher, den größten Teil der Studierendenschaft hinter sich zu haben. Als ärgerlich befand Sprecherin Lynn allerdings, „dass jetzt wieder über die Mittel und nicht über unsere Forderungen an sich“ diskutiert werde.

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