Ja, der Streik der GDL nervt viele Menschen, besonders diejenigen, die auf die Bahn angewiesen sind. Diese wünschen, zu Recht, dass der Streik bald beendet ist und kein weiterer folgt. Ob man den Umfragen glauben darf, wonach die meisten Befragten Verständnis für die Lokführer haben, ist fraglich. Es kommt darauf an, ob diese Umfragen bei Menschen auf den Bahnhöfen gemacht wurden, oder in voll belegten Straßenbahnen und Bussen, wo die vom Streik betroffenen Menschen, mit längeren Fahrzeiten, unterwegs sind.

Aber egal, es geht um das Streikrecht. Wie war das 2014/15?

Sigmar Gabriel (SPD), der damalige Minister für Wirtschaft und Energie der Bundesrepublik Deutschland, sagte im Mai 2015: „Der Tarifstreit bei der Bahn ist für Außenstehende kaum noch nachzuvollziehen“ und „Statt Deutschland lahmzulegen, brauchen wir ernsthafte Verhandlungen“. Alexander Dobrindt (CSU) meinte, die Grenze der Akzeptanz dieses Tarifstreits in der Bevölkerung sei zunehmend erreicht.

Auch damals schon hatten sich vorher die Bahnvorstände ihre Erfolgsprämien für das Jahr 2014 verdoppelt.

Der Arbeitsmarktexperte der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, meinte in der Debatte zu einem Gesetz zur Tarifeinheit im September 2014: „Ein Gesetz zur Tarifeinheit solle keiner Gewerkschaft den Streik verbieten, könne aber wohl versuchen, die Verhältnismäßigkeit von Streiks zu definieren. Auch kleine Gewerkschaften müssen sich überlegen, ob ihr Streik verhältnismäßig ist“.

Letztendlich ging es mit der Diskussion über Verhältnismäßigkeit von Streiksa uch damals um eine Änderung des Streikrechts, wie es auch die anderen Bundestagsfraktionen sahen und ablehnten.

Was fordert Jens Spahn?

Jens Spahn fordert „Änderungen am Streikrecht für Unternehmen der kritischen Infrastruktur“ und die Pflicht eines Schlichtungsverfahrens vor einem Streik.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann präzisiert das, ob nun im Sinne Spahns sei dahingestellt, indem sie argumentiert: Ein künftiges Streikrecht muss ihrer Ansicht nach bei kritischer Infrastruktur wie der Bahn zwingend ein Schlichtungsverfahren vor einem Arbeitskampf beinhalten. Nötig seien außerdem ein Streikvorlauf, ein Notdienst sowie ein Verbot von Streiks an Feiertagen.

Neben der Bahn müsse etwa auch in der Energieversorgung, beim Rettungsdienst und im Flugverkehr Streik das letzte Mittel sein. Dies sei in der momentanen Situation bei den Lokführern aber nicht der Fall.

Die Aussage, Weselsky habe „Maß und Mitte verloren“, erinnert an die BILD-Schlagzeile von 2014 „Der Größen-BAHNSINNIGE“, aber die Forderungen von CDU/CSU bei Streiks der GDL wiederholen sich immer wieder.

Was bedeuten diese Forderungen?

Was bedeutet ein dem Streik zwingend vorausgehendes Schlichtungsverfahren?

„Während des Schlichtungsverfahrens besteht Friedenspflicht. Das Verfahren endet mit der Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission.“ Und: „Einen Zwang zur Schlichtung, das heißt eine gesetzliche Vorschrift, nach der ein Arbeitskampf erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beginnen darf, gibt es nicht“, sagt hier z.B. der Beamtenbund.

Wenn jetzt ein Schlichtungsverfahren vor Streikbeginn Pflicht wird, wird dann auch der Schlichter zwangsweise, im Falle eine Tarifpartei verweigert sich dem, festgelegt? Der Schlichter soll ja als unabhängiger Dritter von beiden Parteien akzeptiert werden.

Wenn die Schlichtungskommission für ihren Vorschlag lange braucht, dann dauert auch die Friedenspflicht so lange und nach dem Scheitern beginnt dann der Streikvorlauf. Wer definiert dessen Dauer?

Ein Notdienst muss eingerichtet werden, wir sehen im Gesundheitswesen, wozu das führt. Ja, die Patientenversorgung ist dort wichtig, aber durch die Sicherstellung des Notdienstes laufen die Einrichtungen weiter und der Streik verliert an Wucht. Wird also im Falle einer Pflicht zur Sicherstellung eines Notdienstes die Bahn einen Notfahrplan vorlegen und nur die Lokführer dürfen streiken, die für diesen nicht benötigt werden?

Es gibt Fragen zu den Forderungen und es gibt gute Gründe, die Finger vom Streikrecht zu lassen.

Fazit: Die Frage, ob der Streik legitim ist, stellt sich nicht. Der Streik ist nach deutschem Gesetz legitim und der Sinn des Streiks ist eindeutig. Die in der GDL organisierten Lokführer und anderen Bahnangestellten wollen für ihre Arbeit angemessene Löhne, sie wollen mehr Freizeit und weniger Überstunden.

Das Streikrecht muss bleiben, denn wenn das Streikrecht für kritische Infrastruktur erst eingeschränkt wird, dann ist das nur der Anfang. Weitere Einschränkungen für wirtschaftlich wichtige Branchen werden folgen. Erst wird es fast unmöglich werden, in den wichtigsten Bereichen der Volkswirtschaft zu streiken – später wird jeder Streik unmöglich.

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