Vor einem Jahr reichten fünf deutsche Umweltverbände eine Verfassungsklage für wirksamen Klimaschutz ein. Da regierte in Berlin noch die Ampel-Koalition, die ohne Not selbst die windelweichen deutschen Klimaziele noch einmal gelockert hatte. Doch unter der neuen Regierung hat sich an diesem inakzeptablen Zustand nichts geändert. Im Gegenteil.

Nun hat die Klimaklage eine wichtige Hürde genommen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung, Bundesrat, Bundestag und mehrere Ministerien sowie Fachgremien offiziell zur Stellungnahme aufgefordert.

Diese Aufforderung bedeutet, dass sich das Gericht mit der rechtlichen Argumentation und den gestellten Anträgen im Detail auseinandersetzt. Die Institutionen haben bis zum 15. Oktober 2025 Zeit, Stellung zu nehmen.

Unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) – initiiert vom BUND Sachsen – hatte im September 2024 gegen das weiterhin unzureichende Ambitionsniveau des deutschen und des EU-Klimaschutzes Beschwerde eingelegt. Die Argumentation der Klagen hat durch das jüngste Votum des Internationalen Gerichtshofs (IGH) Rückenwind erhalten. Dieser stellte fest, dass alle Staaten durch Menschenrechte und Völkerrecht zu mehr Klimaschutz verpflichtet sind.

„Der IGH hat deutlich gemacht, dass sich die Klimapolitik rechtsverbindlich an 1,5 Grad orientieren muss, nicht an 2 Grad – und dass dafür viel schneller und ambitionierter gehandelt werden muss, als es Deutschland und die EU bisher tun“, geht Professor Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, auf das wichtigste Anliegen der Klage ein.

„Außer unserer gemeinsamen Verfassungsklage 2018/2021 war bisher keine Umweltklage vor dem Verfassungsgericht erfolgreich. Die jetzige Zwischenentscheidung stimmt uns positiv. Der verantwortungslose Kurs zurück ins fossile Zeitalter muss schnellstens beendet werden.

Wir brauchen einen deutlich beschleunigten Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, statt wie die Sächsische Staatsregierung weiter an der Braunkohle festzuhalten. Ansonsten drohen nach dem IGH-Gutachten Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe der Länder des globalen Südens gegen Industriestaaten wie Deutschland, einschließlich ihrer Bundesländer.“

Der BUND und der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) hatten im September 2024 gemeinsam mit vier Klagenden – Kerstin Lopau, Karola Knuth, André Wendel, Dr. Mareike Bernhard – beim Bundesverfassungsgericht eine Klimaklage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Das Ziel- und Ambitionsniveau der deutschen Klimapolitik ist deutlich zu niedrig. Maßstab des Handelns muss die klimawissenschaftlich fundierte, rechtlich verankerte Grenze von global 1,5 Grad maximaler Erderhitzung sein, um die Folgen der Klimakrise noch beherrschbar zu halten.

Das „Treibhausgas-Budget“, welches Deutschland bei fairer Verteilung 2020 noch zustand, ist inzwischen aufgebraucht und sogar überzogen, wie die Klageschrift unter Hinweis auf IPCC-Berechnungen aufzeigt. Durch die letzte Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) von 2024 ist wahrscheinlich, dass Deutschland nicht einmal mehr seine eigenen – unambitionierten – Klimaziele einhält.

Die Verfassungsbeschwerde wird von der Fachanwältin für Verwaltungsrecht Dr. Franziska Heß (Baumann Rechtsanwälte) und Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt juristisch vertreten, die zugleich Vorsitzender und stellvertretende Vorsitzende des BUND Sachsen sind. Beide hatten bereits 2018 für SFV und BUND die erste Verfassungsbeschwerde erarbeitet. Sie war 2021 in Kernpunkten erfolgreich. Der weitere Prozessverlauf liegt, auch zeitlich, im Ermessen des Gerichts.

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