Am 13. Oktober hat der Sächsische Rechnungshof seinen ersten Band zum Jahresbericht 2015 vorgelegt. Da und dort ist bestimmt der eine oder andere Kämmerer im Quadrat gesprungen. Aber wirklichen Grund zur Aufregung bot er nicht. Nur die Grünen fanden die Stelle mit der Personalplanung beachtenswert. Irgendwie fehlt seit Jahren ein Personalkonzept der Staatsregierung.

“Die Staatsregierung sollte den Bericht nicht ignorieren”, befand deshalb Franziska Schubert, haushalts- und finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag. Sie fühlte sich in ihrer Kritik zu fehlendem Personalkonzept, fahrlässigem Umgang mit den staatlichen Beteiligungen und zur Kurzsichtigkeit bei Investitionsentscheidungen bestätigt.

Der Rechnungshof hat das Thema Personalplanung tatsächlich angesprochen. Aber unter völlig anderem Blickwinkel, als es sich die Grünen wohl gedacht haben.

Ohne Konzept freilich geht es nicht. Das belegt auch die seit Montag, 19. Oktober, wieder top-aktuelle Diskussion um die sächsischen Polizeibediensteten. Denn einfach schrumpfen kann man Polizeiapparate nicht, wenn dadurch die Aufgabenerfüllung gefährdet wird. Und genau das hat ja die “Polizeireform 2020” riskiert.

Aber nicht nur bei der Polizei gab’s bislang keine belastbare Personalplanung.

“Beim Thema Personal lässt die CDU/SPD-Koalition bisher eine weitsichtige Strategie vermissen. Dabei werden bis zum Jahr 2031 nahezu zwei Drittel aller Bediensteten altersbedingt ausscheiden”, kritisierte Schubert. “Der öffentliche Dienst muss aber  funktionstüchtig bleiben und zukunftsfit gemacht werden. Bis heute fehlt ein personalwirtschaftliches Konzept oder wenigstens eine Idee, wie diese radikale Veränderung gesteuert bzw. gestaltet werden kann.”

Dabei dauert die Neuorientierung ziemlich lange, nicht nur bei der Polizei, wo die eingesetzte Expertenkommission im Dezember Ergebnisse vorlegen will. Der Koalitionsvertrag von SPD und CDU hatte auch die Erstellung einer Personalplanung für den gesamten Landesapparat vorgesehen. Wo der bliebe, wollte Franziska Schubert gern wissen.

“Die sächsische Staatskanzlei beantwortete meine Anfrage zum diesem Thema ausweichend. Nach der Antwort sollte bis zum 1. September 2015 ein Zwischenbericht und bis zum Frühjahr 2016 ein abschließender Bericht einer Kommission der Staatsregierung vorliegen”, stellt sie fest.

Den Zwischenbericht sollte bis 01.09. zumindest das Regierungskabinett bekommen. Und der Landtag, fragten sich die Grünen im August und beantragten die Veröffentlichung des Zwischenberichts. Der liegt nach wie vor nicht öffentlich vor. Die Personalplanung der Landesregierung bleibt ein Buch mit sieben Siegeln.

Aber was hat denn dann der Rechnungshof da so massiv kritisiert?

Und worauf baut der seine Kritik auf den Personalkosten der Staatsregierung auf? Es sind – wen wundert es – noch immer die alten Kürzungspläne aus der CDU/FDP-Zeit, auch wenn sie in der von Finanzminister Prof. Georg Unland im Januar 2015 vorgelegten “Mittelfristigen Finanzplanung 2014 – 2018” nur noch in abgeschwächter Form zu finden sind, denn bekanntlich haben sich ja CDU und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, mit dem Personal nicht mehr umzuspringen wie ein Unternehmenssanierer, der ein Unternehmen börsenfähig macht, indem er das Personal rausschmeißt.

Und im Gegensatz zur vorhergehenden “Mittelfristigen Finanzplanung” gesteht Unland nun auch zu, dass der Freistaat keine belastbare Bevölkerungsprognose mehr für die nächsten zehn Jahre hat. Die soll das Statistische Landesamt erst erstellen. Doch sie liegt noch nicht vor.

Die alte, auf der alle Pläne und “Reformen” von Schwarz/Gelb von 2009 / 2010 aufbauten, sah noch einen Bevölkerungsverlust von einer halben Million bis 2025. Doch das wird so nicht eintreten. Schon 2014 ist Sachsens Bevölkerung wieder angewachsen.

Doch der Sächsische Rechnungshof hält beharrlich an den alten Zahlen fest.

“Das ursprüngliche Ziel der Staatsregierung war, bis zum Jahr 2020 die Personalausstattung der Staatsverwaltung an das Durchschnittsniveau der westdeutschen Flächenländer anzupassen. Im Lehrerbereich sollte ein 5 %iger Qualitätszuschlag hinzukommen. Ziel waren 70.000 Stellen”, heißt es nun im Rechnungshofbericht.

Mal abgesehen davon, dass bei solchen Zahlen keine einheitliche Statistik in der Bundesrepublik existiert (und jede Landesregierung sich die Zahlen zurechtbiegt, wie sie ihr passen), sind die 70.000 Stellen eine Schimäre.

Die aktuellste Zahl zu Landesbediensteten, die für die Bundesebene zu finden war, stammt aus dem Jahr 2004, danach standen 2,12 Millionen Landesbedienstete im Dienst der Bundesländer. Macht auf die damals 82,5 Millionen amtlichen Einwohner berechnet einen Anteil an der Bevölkerung von 2,57 Prozent.

Wer das auf die aktuell offiziell gezählten Sachsen (4,055 Mill.) umrechnet, kommt auf eine Zahl von 104.000 Landesbediensteten. An dieser Stelle wird es natürlich spannend. Denn offiziell beschäftigte das Land Ende 2014 nur noch 80.575 Personen. Also eigentlich deutlich zu wenig. Das Problem wird aber deutlicher, wenn man noch das Personal hinzunimmt, das in rechtlich-selbständigen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen beschäftigt ist. Dazu zählen Hochschulen, staatliche Krankenhäuser, Staatsbetriebe. Dort waren 2014 nach der oberflächlichen Statistik über 33.000 Menschen beschäftigt.

Das würde ja nach Adam Ries 113.000 Staatsbedienstete bedeuten – ist aber Quatsch. Denn gerade der Hochschulbereich ist ja geradezu aufgebläht durch die ganzen Mini-Jobs, mit denen dort Studierende und Lehrbeauftragte beschäftigt sind. Tatsächlich weisen die eigenständigen öffentlich-rechtlichen Landeseinrichtungen nur 20.000 Vollzeitstellen aus.

Womit Sachsen auf ungefähr 100.000 echte Landesbedienstete kommt – also 4.000 weniger, als im Bundesdurchschnitt 2004 zu erwarten gewesen wären.- Freilich haben alle Bundesländer seitdem Personal abgebaut oder heftige Mini-Job-Programme eingeführt. Aber die Erkenntnis ist eigentlich eindeutig: Sachsen hat überhaupt nicht zu viel Landespersonal. Die Kürzungen, die 2009 / 2010 in die Wege geleitet wurden, sind reiner Unfug.

Aber wer erwartet schon von Rechnungshöfen, dass sie die von der Regierung behaupteten Zusammenhänge hinterfragen?

Und so kommt der Rechnungshofbericht 2015 zu der Feststellung: “Nach dem Stellenabbaubericht 2011/2012 waren im Jahr 2018 im Personalsoll A+B+C 80.755 Stellen vorgesehen. Der Stellenentwicklungsbericht 2013/2014 wies schon 82.554 Stellen aus. Die aktuelle Mittelfristige Finanzplanung des Freistaates Sachsen sieht im Jahr 2018 nunmehr 83.603 Stellen vor. Ein Stellenentwicklungsbericht zum Haushalt 2015/2016 muss kurzfristig erstellt werden.”

Die Forderung ist zwangsläufig. Nur die Kritik am Stellenaufwuchs ist falsch. Das Land würde in Teufels Küche kommen, wenn es seine Kernaufgaben nicht mit genügend Personal untersetzt.

Aber die schwarz-gelbe Regierung hat ja die Personalkürzungen seinerzeit nur indirekt mit dem bis heute nicht benannten fiktiven Vorbildland im Westen begründet, sondern mit dem prognostizierten Bevölkerungsschwund und den zu erwartenden Verlusten bei den Einnahmen im Staatshaushalt. Wer weniger Geld einnimmt, kann logischerweise weniger Personal beschäftigen.

Und auch da grummelt der Rechnungshofbericht vor sich hin, als hätte ihn der sächsische Finanzminister mit den Haushaltsplanungen der nächsten Jahre irgendwie beleidigt.

Dazu kommen wir gleich im nächsten Beitrag an dieser Stelle.

Weitere Informationen

Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Schubert “Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben, Personal – und Sachausstattung”. (Drs 6/2046)

Die Mittelfristige Finanzplanung des Sächsischen Finanzministers 2014 – 2018.

Der 1. Band des Rechnungshofberichts 2015.

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