Wir leben in einer sehr seltsamen Gesellschaft. Selbst auf kommunaler Ebene merken die Bürger immer öfter, dass die Verwaltungen Dinge tun, die mit dem Willen der Bevölkerungsmehrheit nichts mehr zu tun haben. Die Leipziger haben es ja beim Umgang mit dem WTNK gemerkt, mit dem Politik für 10 Prozent der Bevölkerung gemacht wird. Und beim Umgang mit dem Wald ist es nicht anders, stellt jetzt auch der NABU fest. Er hat die Deutschen befragen lassen.

82 Prozent der Deutschen fordern laut einer Forsa-Umfrage, dass Bund, Länder und Kommunen sich entschiedener für den Wald als natürlichen Lebensraum einsetzen. Für die Mehrheit der Befragten ist der Schutz der biologischen Vielfalt im Wald zudem wichtiger als die forstwirtschaftliche Nutzung.

Die Deutschen empfinden den Wald als besonders schützenswert. Für 91 Prozent der Befragten ist der Wald als Lebensraum für Pflanzen und Tiere sehr wichtig. Das zeigt eine neue Forsa-Umfrage, die von der Naturwald Akademie in Auftrag gegeben wurde. Den Schutz von Wasser, Klima und Böden durch den Wald bewerten fast ebenso viele der Deutschen (89 Prozent) als sehr bedeutend ein.

Mehr Waldnaturschutz, weniger Forstwirtschaft, sagt die Mehrheit der Befragten: 55 Prozent finden es wichtiger, den Wald als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu bewahren, als mit Holzverkauf Geld zu verdienen. Je jünger die Befragten, desto wichtiger ist ihnen der Wald, als Schutzraum für biologische Vielfalt.

Heißt im Klartext: Eigentlich wünschen sich die Bürger ein Umdenken von den staatlichen und kommunalen Forstbehörden – weg von der traditionellen Forstbewirtschaftung, die den Wald quasi mit Wirtschaftsplänen „in Ordnung“ bringt, hin zu einem ganzheitlichen Verständnis von Wald mit seinen reichen und eng vernetzten Lebensgemeinschaften, wie es seit Jahren öffentlichkeitswirksam der Förster Peter Wohlleben vertritt.

Interview mit Peter Wohlleben – VOX POP – ARTE

https://www.youtube.com/watch?v=Sxn0fNczNHQ

„In Zeiten von Artensterben und den sichtbaren Zeichen des Klimawandels in diesem Sommer wird den Menschen in der Stadt und auf dem Land immer bewusster, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Die Umfrage zeigt, dass die Bürger erwarten, dass sich Bundes- und Landesregierung mehr für den Wald einsetzen“, sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke. „Wir fordern daher, dass in den Waldgesetzen endlich der Schutz der Wälder deutlicher niedergeschrieben wird.“

Möglich wäre dies beispielsweise durch eine Definition der sogenannten „Guten fachlichen Praxis“, beziehungsweise der „ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“ nach ökologischen Erfordernissen. Dazu gehört beispielsweise die Förderung von heimischen Baum- und Straucharten, der Verzicht auf eine Bewirtschaftung bei zehn Prozent der öffentlichen Waldfläche oder das Verbot von Pestiziden im Wald.

Ergebnisse der Forsa-Umfrage zum Umgang mit dem Wald. Grafik: Naturwald Akademie
Ergebnisse der Forsa-Umfrage zum Umgang mit dem Wald. Grafik: Naturwald Akademie

Letzteres eigentlich auch in Sachsen angedacht: Zehn Prozent der öffentlichen Waldfläche soll aus der Bewirtschaftung genommen und zu „Prozessschutzfläche“ umdefiniert werden. Das sind Flächen, in denen ohne äußere Eingriffe die natürliche Waldentwicklung nur noch beobachtet wird.

In großen „Natura 2000“-Schutzgebieten wie dem Leipziger Auwald dürfte selbst die Ausweisung noch größerer Prozessschutzflächen kein Problem sein – wenn nur die Stadt bereit ist, natürliche Revitalisierungsprozesse wieder zuzulassen, das Schutzgebiet tatsächlich wieder dem Fluss zu öffnen und auf die forstwirtschaftliche Dominanz im Wald zu verzichten.

„Die Befragung zeigt, Bürger wünschen sich natürliche Wälder mit einer intakten Natur. Aber im Wald steht oft die Gewinnung von Holz im Vordergrund. Wir brauchen dringend einen Systemwechsel in der Forstwirtschaft“, sagt Pamela Scholz, Geschäftsführerin der Naturwald Akademie.

Das Forsa-Institut hat im Auftrag der Naturwald Akademie repräsentativ 1.000 Bürger im Spätsommer 2018 zur „Bedeutung des Waldes“ befragt.

Grüne wollen mehr richtige Wildnisgebiete in sächsischen Wäldern

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Es gibt 3 Kommentare

Schizophren

ist aber das Verhalten der Menschen. Die Möbel sollen Öko sein. Aus nachhaltigem Holz. IKEA uns die Naturholzmöbelhändler boomen. Woher das Holz kommt? Scheinbar egal.
Holzöfen haben Konjunktur. In den Edelsanierten/gebauten Quartieren sowieso, aber auch als Zusatzofen in zahlreichen EFH und Gartenlauben. Ein Gang in den Baumarkt reicht. Wenn die Dinger unverkäuflich wären, stünden sie nicht in der Eingangszone. Ein Blick auf die Brennholzpaletten klärt auf. Das Hackholz stammt aus Osteuropa (PL, BY, Lt, LV). St. Florian, St. Florian, verschon mein Wald, zünd andere an.
Die blaue Tonne quillt über. Nicht nur die Einkaufstipps der örtlichen Händler, auch die Kartons von Amazon & Co. Alles aus Holz.
Wunderbar recycelbar, natürlich, nachhaltig weil nachwachsend, und schadstoffrei. Man informiere sich über den Herstellungspr0ze0 von Papier und Pappe. Allein der Wassergebrauch….
Das Holz soll natürlich nicht aus heimischen Wäldern kommen. Die sind zum Spazieren, für Bambi und den lieben Wolf. Der Auewald verwandelt sich gerade durch das falsche Stangenbecherchen in eine Todeszone. Dem Pilz fallen 45% aller Auenwaldbäume zum Opfer. Die Eschen. Großflächige Betretungsverbote sind die logische Konsequenz, denn auch dicke Bäume fallen ganz spontan um.
Zur Erinnerung: “Nachhaltigkeit” wurde vom sächsischen Spitzenbeamten v. Carlowitz geprägt. Sie besagt, daß man nicht mehr Holz aus dem Wald herausholen darf, als nachwächst. Das war der Beginn der Forstwirtschaft.

“Wenn wir Natur schützen wollen, muß der Menschen seine Hände in der Hosentasche lassen.” (Zitat Wohlleben aus dem Video).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Doch: In Leipzig wird Natur “INWERT gesetzt”…. (Das ist nun eine Formulierung des sogenannten Grünen Rings Leipzig – Rosenthal, Lantzsch, Bergmann, König etc.pp.) Mit dem sogenannten “WTNK”, von dem der Auwald besonders betroffen ist.

Und da gibt es noch 11 Wissenschaftler, diverse Umweltunternehmen, wie das UFZ, die Uni Leipzig u.a. und den Stadtrat, die gerade das Gegenteil beschlossen haben – Forstwirtschaft pur. Aber die wollen ja auch in die Hände spucken und diese nicht in der Hosentasche lassen. Dabei spucken sie nur in den Wald…

Tolle Befragung (wie repräsentativ?), starkes Ergebnis. Bin gespannt, ob es Einfluss darauf hat, wie der NABU RV in Leipzig sich fürderhin zur Forstwirtschaft im Auwald positioniert. Momentan heißt es ja (noch), dass dies alles naturschutzfachlich richtig sei. So unterschiedlich ist das, selbst innerhalb des NABU.

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