Man würde es ja so gern glauben, wenn die Mitteldeutschen Flughäfen melden: „Mitteldeutsche Flughäfen senken CO2-Ausstoß deutlich. Zehn Jahre früher als anvisiert, ist das Branchenziel der Halbierung übertroffen“. Das haben sie am Freitag, 4. Juni, tatsächlich getan. Aber es ist eine Feigenblattmeldung, denn die großen CO2-Emissionen erzeugen die beiden sächsischen Flughafen nicht im Flughafenbetrieb, sondern im Flugverkehr. Wir stellen die Zahlen einfach mal nebeneinander.

„Die Mitteldeutschen Flughäfen haben 2020 ihren CO2-Ausstoß um 86 % gegenüber 2019 reduziert. Das hat die Bilanzierung Ende Mai bestätigt. Damit übertrifft das Unternehmen bereits heute deutlich das für 2030 anvisierte Branchen-Ziel der deutschen Verkehrsflughäfen, seine Emissionen gegenüber 2010 um mehr als 50 Prozent zu senken“, meldete die Mitteldeutsche Flughafen AG am Freitag, 4. Juni.„Der geringere CO2-Ausstoß ist unabhängig von der Entwicklung der Pandemie möglich geworden, weil die Flughäfen trotzdem offen waren. Die Mitteldeutschen Flughäfen beziehen klimaneutralen Strom und setzen energieeffiziente LED-Technologie ein. Außerdem wird der Fuhrpark schrittweise auf alternative Antriebe umgestellt und der CO2-Ausstoß von Erdgas kompensiert. Die Mitteldeutschen Flughäfen haben so die durch den Flughafenbetrieb verursachten CO2-Emissionen signifikant auf 2.770 Tonnen pro Jahr gesenkt. Das Unternehmen leistet damit seinen Beitrag, den Anteil des internationalen Luftverkehrs an den weltweiten CO2-Emissionen von drei Prozent weiter zu senken.“

Götz Ahmelmann, CEO der Mitteldeutschen Flughafen AG, erklärte zu dieser kleinen Erfolgsmeldung: „Klimaschutz ist für uns ein wesentliches Unternehmensziel. Wir verfolgen auch mit Blick auf unsere Nachbarn eine ambitionierte Umweltstrategie und arbeiten kontinuierlich darauf hin, unsere Airports frühestmöglich klimaneutral zu betreiben. Auch unsere Kunden wollen wir auf diesem Weg mitnehmen.“

Na ja, das Ambitionierte verschwindet in dieser Meldung. Auch wenn es durchaus von Fleiß zeugt, wenn man die CO2-Emissionen an den beiden Mitteldeutschen Flughäfen von 35.000 Tonen im Jahr 2010 auf 22.000 Tonnen im Jahr 2019 senken konnte.

Und auch wenn 2020 noch eine weitere deutliche Einsparung auf 2.770 Tonnen gelungen sein sollte, ist diese Zahl kaum aussagekräftig, denn 2020 entfiel ja ein Großteil des Passagierverkehrs, mussten Büros, Läden und Terminals nur wenige Monate genutzt werden. Aussagekräftig wird diese Zahl, wenn sie auch im Dauerbetrieb nach der Pandemie erreicht wird.

Wie die Airports die CO2-Emissionen seit 2012 erfassen

Seit zehn Jahren erfassen und überwachen die Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle den auf den Betrieb der Flughafenanlagen zurückzuführenden – und damit durch sie direkt beeinflussbaren – CO2-Ausstoß. Dieser umfasst die CO2-Emissionen der Unternehmensgruppe, die aus dem Betrieb der Infrastruktur sowie des Fahrzeug- und Geräteparks der Airports resultieren, beschreibt die Flughafen AG das Vorgehen.

Durch die Umrüstung der Beleuchtung in Parkhäusern, Terminals und Außenbereichen auf energieeffiziente LED-Technik und die schrittweise Umstellung flughafeneigener Fahrzeuge und Geräte auf alternative Antriebe, konnten die CO2-Emissionen im Zeitraum 2012 bis 2019 bereits um mehr als 35 Prozent gesenkt werden. Zurzeit wird außerdem die Befeuerung der Start- und Landebahn Nord am Flughafen Leipzig/Halle auf LED-Technik umgerüstet.

Seit 2020 beziehen die mitteldeutschen Flughäfen Grünen Strom und haben damit rund 6.800 Tonnen CO2-Emissionen vermieden. Für die CO2-Emissionen des Erdgasverbrauches, welches insbesondere beim Betrieb des Blockheizkraftwerks und in Gebäudeheizungen am Flughafen Leipzig/Halle zum Einsatz kommt, wurde ein Äquivalent von 8.000 Tonnen CO2 durch Zertifikaterwerb kompensiert.

Die CO2-Einsparungen aus Sicht der Mitteldeutschen Flughafen AG. Grafik: MFAG
Die CO2-Einsparungen aus Sicht der Mitteldeutschen Flughafen AG. Grafik: MFAG

Aber das heißt eben nicht eingespart. Die 8.000 Tonnen müssen also in einer ehrlichen Rechnung weiter mitgezählt werden. Womit wir wieder bei 10.770 Tonnen sind.

„Mit ihren Anstrengungen für mehr Klimaschutz stehen die Mitteldeutschen Flughäfen nicht allein. Die deutschen Verkehrsflughäfen verfolgen einen 4-Punkte-Plan fürs Klima. Laufende Projekte betreffen Gebäudetechnik, Energieversorgung, Stromverbrauch und die eigenen Fahrzeugflotten. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft hat einen Masterplan Klimaschutz verabschiedet“, betont die Mitteldeutsche Flughafen AG noch.

„Im Mittelpunkt stehen emissionsärmere Flugzeuge, der Ersatz fossiler Flugkraftstoffe, CO2-neutraler Flughafenbetrieb, effizientere Flugführung im europäischen Luftraum, die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene sowie die wettbewerbsneutrale CO2-Bepreisung von Treibhausgas-Emissionen.“

Die realen Emissionen

Aber Fakt ist auch, dass sich die erwähnten „emissionsärmeren Flugzeuge“ in der CO2-Bilanz der Flughäfen noch nicht spürbar bemerken lassen. Und sie werden in der oben erwähnten CO2-Bilanz der Flughäfen auch nicht erfasst. Sie landen in einer völlig anderen Statistik. Die hat hier die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ in eine sehr eindeutige Grafik gepackt.

Denn die Hauptlast der Emissionen erzeugen Flugzeuge nun mal bei Start, Flug und Landung. Um das auf einen Flughafen berechnen zu können, verwendet man in der Regel das Halbstreckenprinzip: Der Kerosinverbrauch für die halbe Strecke wird jeweils dem Startflughafen zugerechnet, die andere Hälfte dem Zielflughafen.

Die CO2-Emissionen des Flughafens Leipzig / Halle nacxh dem Halbstreckenprinzip. Grafik: Bürgerinitiative "Gegen die neue Flugroute"
Die CO2-Emissionen des Flughafens Leipzig/Halle nach dem Halbstreckenprinzip. Grafik: Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“

Und da geht es nicht nur um geradezu winzige 22.000 oder 35.000 Tonnen. Für 2008 ergab diese Berechnung allein für den Flughafen Leipzig/Halle 1,167 Millionen Tonnen oder ausgeschrieben: 1.167.000 Tonnen. Und weil gerade der Frachtflugverkehr seitdem dramatisch zugenommen hat, stehen für 2018 schon 1,99 Millionen Tonnen zu Buche. Inzwischen dürften es um die 2 Millionen Tonnen sein und mit der Flughafenerweiterung ist um 2030 mit 3 Millionen Tonnen zu rechnen.

Das heißt: Während die Stadt Leipzig ihre CO2-Last von derzeit rund 3,4 Millionen Tonnen senken will auf perspektivisch 1 Million Tonnen, will der Flughafen seine CO2-Last sogar noch steigern. Die auf den Flughafenbetrieb berechneten rund 10.000 Tonnen von 2019 machen am derzeitigen Gesamtaufkommen an CO2-Emissionen, die dem Flughafen Leipzig/Halle zugerechnet werden können, gerade einmal 0,5 Prozent aus. Die CO2-Reduktion ist zwar richtig und wichtig, aber in der Gesamtbilanz des Flughafens nur ein Feigenblatt.

Es deckt den Blick darauf zu, dass die Zahl der Starts und Landungen mit teils großen und treibstoffschluckenden Maschinen immer weiter steigt und dass emissionsärmere Flugzeuge in der Gesamtbilanz bislang noch kaum eine Rolle spielen. Ein Flughafenausbau würde übrigens auch sämtliche Klimaschutzziele in der Region Leipzig ad absurdum führen.

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