„Anstieg des Medianlohns in Sachsen auf über 3.000 Euro“, meldete die Bundesagentur für Arbeit am Freitag, dem 21. Juli. Eine etwas irreführende Überschrift, denn wie so oft beschäftigte sich auch diese Meldung nur mit einem Teil der Beschäftigten in Sachsen – eigentlich nur der Hälfte. Was dann schon beim nächsten Satz deutlich wurde: „In Sachsen lag vergangenes Jahr das mittlere Einkommen der eine Million Vollzeitbeschäftigten bei 3.012 Euro/Monat. Das waren 155 Euro mehr als im Jahr 2021.“

Denn nicht alle Beschäftigten in Sachsen arbeiten in Vollzeit und das auch noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sondern nur die Hälfte. So meldete das sächsische Landesamt für Statistik für das 1. Quartal 2023 sogar 2,065 Millionen Erwerbstätige in Sachsen, also doppelt so viele, wie in die Statistik der Arbeitsagentur eingeflossen sind. Rund 400.000 sind gar nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, fallen also in dieser Statistik vollkommen durchs Raster. Und über 600.000 sind in Teilzeit oder marginaler Beschäftigung, fallen hier also ebenso durchs Raster.

Deutliche Gehaltsunterschiede

Was das dann beim Entgelt für Unterschiede macht, zeigen ebenfalls Zahlen des Landesamtes für Statistik: Erhielten Vollzeitbeschäftigte im Schnitt 45.485 Euro als Jahresverdienst, waren es bei Erwerbstätigen in Teilzeitbeschäftigung nur 29.328 Euro. Beamte hingegen verdienten noch viel mehr, nämlich 58.689 Euro.

Und das ist nur der Schnitt – denn in manchen Branchen lagen die Durchschnittsverdienste noch deutlich höher, in anderen dafür deutlich niedriger.

Das sächsische Landesamt für Statistik hat im Juni übrigens noch eine ganz andere Zahl herausgegeben. Danach bekamen Vollzeitbeschäftigte in Sachsen im vergangenen Jahr im Schnitt 3.510 Euro brutto pro Monat. Der Unterschied dabei: Die sächsischen Statistiker haben aus der Gesamtbruttolohnsumme tatsächlich einfach den Durchschnitt errechnet, während die Bundesagentur für Arbeit nach jenem Bruttolohn gesucht hat, bei dem tatsächlich die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten mehr bekommt und die andere Hälfte weniger.

Was schon eine Verzerrung deutlich macht, denn die sächsische Statistik suggeriert ein höheres Bruttoniveau, weil einige Branchen und Verwaltungen den Schnitt durch deutlich höhere Löhne nach oben ziehen. Aber die Hälfte der Beschäftigten bekam eben keine 3.510 Euro im Monat, sondern weniger als 3.012.

Fachkräftebedarf macht Druck

Für die Bundesarbeitsagentur war der Hinweis wichtig: „Damit setzt sich der positive Trend fort. Bundesweit lag der Medianlohn bei 3.645 Euro. In allen sächsischen Städten und Landkreisen sind die mittleren Löhne zum Vorjahr gestiegen.“

„Arbeitskräfte sind angesichts der hohen Fachkräftebedarfe für die sächsischen Unternehmen wertvoller geworden. Sie sind bereit mehr zu zahlen und das ist erfreulich. Leider zehrt die aktuelle Inflation wieder den Anstieg real auf“, kommentiert Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, die Zahlen.

„Die Menschen wünschen sich gute Arbeit – von der man leben kann und die Freude bereitet. Dazu gehören faire Arbeitsbedingungen – wie angemessene Löhne und Gehälter, flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen im Unternehmen. Erfreulich ist, dass immer mehr Betriebe hierbei als Vorbild vorangehen. Mit guter Arbeit und fairen Löhnen finden und binden sächsische Unternehmen die begehrten Nachwuchs- und Fachkräfte, die sie brauchen, um künftig wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Aber die Statistik macht eben auch deutlich, dass es Branchen gibt, in denen man wesentlich mehr verdient als in anderen. Und dass die Berufswahl auch in Sachsen langfristig bestimmt, ob jemand reich wird und sich auch die steigenden Lebenskosten in einer Großstadt leisten kann, oder ein Leben lang gerade so über die Runden kommt.

Die Bruttoverdienste nach Wirtschaftszweigen in Sachsen 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik
Bruttoverdienste nach Wirtschaftszweigen in Sachsen 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik

Mehr als die Hälfte der (Vollzeit-)Beschäftigten verdienen mehr als 3.000 Euro

Das Medianentgelt aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten lag im vergangenen Jahr bei 3.012 Euro. Gegenüber dem Jahr 2021 sind die Löhne und Gehälter somit um 155 Euro oder 5,4 Prozent gestiegen, stellt die Arbeitsagentur fest. Neben Tariferhöhungen ist der Anstieg auch mit der hohen Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld während der beiden Pandemiejahre zu begründen. Denn während dieser Zeit bezogen viele Beschäftigte durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ein geringeres Entgelt.

Entwicklung des Medianlohns in Sachsen (Angaben in Euro):
2018    2.587
2019    2.695
2020    2.742
2021    2.857
2022    3.012

Bundesweit lag der Medianlohn bei 3.646 Euro – reichlich 600 Euro über dem sächsischen Wert. Verglichen mit Westdeutschland, wo die meisten Pendler häufig wegen des Geldes arbeiten, ist der Medianlohn in Sachsen 740 Euro geringer.

Der Freistaat im bundesweiten Vergleich

Mit einem Zuwachs des Medianlohns von 155 Euro im Vergleich zum Vorjahr gehört Sachsen zu den Bundesländern mit der größten Lohnsteigerung. Im Ländervergleich konnten nur Berlin (+175 Euro) und Hamburg (+165 Euro) einen größeren Zuwachs gegenüber 2021 verzeichnen, so die Arbeitsagentur. Mit einem Medianlohn von 3.012 Euro liegt der Freistaat Sachsen im Ländervergleich freilich nach wie vor auf dem fünftletzten Platz.

Ranking der Bundesländer nach Medianlöhnen für Vollzeitbeschäftigte (2022 – Angaben in Euro):
Hamburg 4.127; Baden-Württemberg 3.977; Hessen 3.938; Berlin 3.806; Bayern 3.792; Bremen 3.781; Nordrhein-Westfalen 3.687; Saarland 3.621; Rheinland-Pfalz 3.570; Niedersachsen 3.488; Schleswig-Holstein 3.385; Sachsen 3.012; Brandenburg 3.011; Sachsen-Anhalt 2.993; Thüringen 2.945; Mecklenburg-Vorpommern 2.935.

Gründe für die Lohnunterschiede zwischen den Bundesländern sind die regionalen Wirtschaftsbranchen und Betriebsgrößen. Beispielsweise sind große Betriebe oft tarifgebunden – zahlen deshalb meist auch höhere Löhne. In Sachsen findet sich eher eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur, stellt die Arbeitsagentur Sachsen dazu fest. Auch Konzernsitze und gut bezahlte Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind in Sachsen im Vergleich zu westlichen Regionen weniger präsent.

Lohnunterschiede auch innerhalb Sachsens bis zu 865 Euro

Auch innerhalb Sachsens gibt es erhebliche Lohnunterschiede. So liegt der Medianlohn von Dresden (Maximum) um 865 Euro über dem im Landkreis Görlitz (Minimum). Auch im Kreisvergleich sind die Unterschiede auf die Branchenstrukturen sowie die Anzahl und Größe der Betriebe zurückzuführen. Die höchsten Medianlöhne gab es im vergangenen Jahr in den drei kreisfreien Städten Dresden (3.515 Euro), Leipzig (3.383 Euro) und Chemnitz (3.144 Euro). Die geringsten Medianlöhne werden in Görlitz (2.650 Euro), im Erzgebirgskreis (2.651 Euro) und im Vogtlandkreis (2.744 Euro) gezahlt.

Ranking der Städte und Landkreise nach Medianlöhnen für Vollzeitbeschäftigte (2022 – Angaben in Euro):
Dresden, Stadt 3515; Leipzig, Stadt 3383; Chemnitz, Stadt 3144; Zwickau 3032; Meißen 2922; Nordsachsen 2904; Leipzig 2821; Bautzen 2796; Sächs. Schweiz-Osterzgebirge 2791; Mittelsachsen 2765; Vogtlandkreis 2744; Erzgebirgskreis 2651; Görlitz 2650.

Große Lohnunterschiede in den Wirtschaftsbereichen

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern, Landkreisen und kreisfreien Städten sind auf die Branchenstrukturen, die Beschäftigtenstrukturen sowie die Anzahl und Größe der Betriebe zurückzuführen. So lag vergangenes Jahr beispielsweise das Medianeinkommen im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen bei 4.613 Euro/Monat. Auch die Vollzeitbeschäftigten in den Wirtschaftsbereichen Erziehung und Unterricht (4.437 Euro), Information und Kommunikation (4.144 Euro) und in der öffentlichen Verwaltung (3.877 Euro) lagen deutlich über dem sächsischen Mittelwert.

Hingegen waren im Gastgewerbe (2.151 Euro) und in der Zeitarbeit (2.076 Euro) die mittleren Einkommen am geringsten.

Ranking der Branchen nach Medianlöhnen für Vollzeitbeschäftigte nach Branchen (2022 – Angaben in Euro): 

Finanz- u. Versicherungsdienstleistungen 4.613;

Erziehung und Unterricht 4.437;

Information und Kommunikation 4.144;

öffentliche Verwaltung, Verteidigung, soz. Versicherung, exter. Organisationen 3.877;

Bergbau, Energie- u. Wasserversorgung, Entsorgung 3.627;

Gesundheitswesen 3.541;

Immobilien, freiberufl., wissenschaftl. und techn. Dienstleistungen 3.527;

Heime und Sozialwesen 3.174;

Kunst u. Unterhaltung, sonst. Dienstleistungen, private Haushalte 3.038;

verarbeitendes Gewerbe 2.984;

Baugewerbe 2.751;

Verkehr und Lagerei 2.652;

Handel, Instandhalt. u. Rep. v. Kfz 2.649;

sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 2.308;

Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 2.262;

Gastgewerbe 2.151;

Arbeitnehmerüberlassung 2.076.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar