Ungerecht war das deutsche Rentensystem schon lange. Doch es gerät immer mehr aus dem Gleichgewicht. Um überhaupt noch eine auskömmliche Rente zu erhalten, müssten die Versicherten hohe Einkommen erzielen, die vielen Ostdeutschen überhaupt nicht möglich sind. Das Ergebnis: immer mehr Menschen, die bei Eintritt ins Rentenalter von Anfang an auf Grundsicherung angewiesen sind, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben. Die steigenden Zahlen hat die Linksfraktion im Landtag abgefragt.

Die Zahl der Sächsinnen und Sachsen, die Grundsicherung im Alter benötigen, ist auch 2024 erneut stark gestiegen: Im September 2024 lag ihre Zahl bei 19.325. Zum Vergleich: 2003 waren 6.156 Menschen auf diese Sozialleistung angewiesen. Zu diesem Ergebnis ihrer jüngsten Kleinen Anfrage zu diesem Thema (Drucksache 8/2189) durch die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Susanne Schaper.

„Der Trend bei der Altersarmut weist seit mindestens 20 Jahren steil nach oben. Wir müssen mit immer neuen Spitzenwerten rechnen, zumal die Preise enorm gestiegen sind und weiter steigen“, kommentiert Susanne Schaper die neuen Zahlen. „Armut darf nicht der Lohn für ein langes Arbeitsleben sein. Gerade wir im Osten brauchen eine verlässliche gesetzliche Rentenversicherung, weil hier deutlich weniger Menschen eine Betriebsrente oder Pension beziehen. Zudem haben vergleichsweise wenige Menschen Wohneigentum, das sie selbst bewohnen oder gar vermieten könnten, um eine geringe Rente wenigstens teilweise auszugleichen.“

Menschen in Grundsicherung in Sachsen. Grafik: Linksfraktion Sachsen
Menschen in Grundsicherung in Sachsen. Grafik: Linksfraktion Sachsen

Nur die gesetzliche Rente könne das Problem lösen – doch dazu müsse sie ausgebaut und gerechter gemacht werden, so Schaper: „Alle Erwerbstätigen sollen für ihre gesamten Einkünfte im Job und am Finanzmarkt Beiträge in den Rententopf entrichten, auch Beamte, Selbständige und Freiberufler. Die Beitragsbemessungsgrenzen müssen weg, damit Menschen mit hohen Einkommen pflichtgemäß zur Solidargemeinschaft beitragen.“

In den Zahlen spiegelt sich (neben Verwerfungen der Transformation in den 1990er Jahren) auch die von sächsischen Regierungen über Jahre unterstützte Niedriglohnpolitik. Eine Politik, die auch in Sachsen einen großen Markt schlecht entlohnter und prekärer Beschäftigung geschaffen hat.

Doch da die Rentenpunkte nach den Einkommen der Beschäftigten berechnet werden, entstand dadurch eine regelrechte Drei-Klassen-Gesellschaft mit gut versorgten Staatsangestellten, relativ gut verdienenden Beschäftigten, die die nötigen Einkommen für die Rente erwirtschaften konnten, und vielen Menschen in schlecht bezahlten Branchen, die jetzt nach und nach in Rente gehen und nun die Grundsicherung beantragen müssen.

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Keine Kommentare bisher

Immerhin knapp 2% aller sächsischen Rentner. Bei einem gemeinsamen Rententopf sollte es nicht bleiben, eine gemeinsame Krankenkasse für alle finde ich ebenfalls sympathisch.

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