Dass der Leipziger Stadtordnungsdienst aufgestockt werden soll, darüber sind sich im Stadtrat fast alle Fraktionen einig. Nur so kann er die Aufgaben in einer wachsenden Stadt noch erfüllen. Aber diese Einigkeit nutzt die CDU-Fraktion jetzt, um ihr eigenes Anliegen zum Antrag zu machen. Denn sie will den Ordnungsdienst zur Polizeibehörde machen und auch mit polizeilichen Eingriffsrechten ausstatten.

Das steht in einer längeren Linie, die Leipzigs CDU immer wieder vertritt, wenn es um Ordnung, Sicherheit und Kriminalität in Leipzig geht. Bekanntlich das Thema, das vor allem die älteren Leipziger besonders aufregt. Aber immer wieder stellte sich heraus, dass die CDU damit versuchte, das eigentliche Problem zu kaschieren: Dass in Leipzig tatsächlich viel zu wenige richtige Polizisten im Einsatz sind, 200 allein, wenn man die Personalkürzungen seit 2009 betrachtet. Und weniger Polizisten bedeuten nun einmal auch weniger Kontrollen im ruhenden und im fahrenden Verkehr.

Dagegen wirken die schon beschlossenen Aufstockungen um 10 Leute beim Ordnungsdienst eher winzig, um weitere 10 Stellen kämpft der Stadtrat ja noch.

Und trotzdem hält die CDU-Fraktion an ihrer Meinung fest, der Ordnungsdienst, der mit der Kontrolle der Parkverstöße in Leipzig schon lange nicht hinterherkommt, nicht nur als Polizeibehörde zu betiteln, sondern ihm auch zusätzliche Polizeibefugnisse zu übertragen.

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Stadtordnungsdienst als Polizeibehörde zum wirksamen Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit aufzuwerten“, heißt es im Antrag der CDU-Fraktion. „Zu den notwendigen Maßnahmen gehören insbesondere:

– die Verwendung des Begriffes Polizeibehörde in der Außenwirkung (Dienstkleidung, Fahrzeuge usw.), so wie bereits in Dresden und Chemnitz praktiziert;

– eine personelle Aufstockung, die eine Ausweitung der Einsatzzeiten bis in die Nachtstunden hinein und an Wochenenden ermöglicht;

– eine wirksame Ausrüstung der Bediensteten zum Selbstschutz und zur Erfüllung der Vollzugsaufgaben (z. B. Handfessel und Rettungsmehrzweckstock, wie in Chemnitz);

– Ahndung von Verkehrsdelikten durch Radfahrer

– die Entlastung der Bediensteten von zeitraubenden sachfremden Aufgaben wie Zeugendienste.“

In Chemnitz hat man – mit Hinweis auf die gefährdete Sicherheitslage – 2016 tatsächlich einen Beschluss gefasst, die Ausrüstung des Stadtordnungsdienstes zum Beispiel mit einem Rettungsmehrzweckstock zu erweitern. Handfessel und Reizgas dürfen die dortigen Ordnungsdienstmitarbeiter schon länger mit sich führen. Und sie werden auch im Status von Polizeibeamten geführt. Eingesetzt werden sie vor allem gegen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung.

„Schwerpunkte der Tätigkeit des Stadtordnungsdienstes in Chemnitz sind somit die Kontrolle von Spielplätzen, Grünanlagen, von Hunden (ohne Steuer, ohne Leine), von Autos (abgelaufene Hauptuntersuchungen, nicht zugelassener Fahrzeuge), und die Ahndung von ungenehmigten Sondernutzungen und aggressivem Betteln“, heißt es in der Chemnitzer Beschlussvorlage. Dazu kommen dann noch die Auseinandersetzungen mit Betrunkenen im öffentlichen Raum, Verhinderung von Vandalismus, Graffiti und öffentlicher Randale.

Von einer „Ahndung von Verkehrsdelikten durch Radfahrer“ haben wir in der Chemnitzer Vorlage erst einmal nichts gefunden. Wahrscheinlich, weil es auch in Chemnitz wenig Grund gibt, besonders die Radfahrer unter die Lupe zu nehmen. Auch in Leipzig geht der Löwenanteil von Verkehrsdelikten auf das Konto von Kraftfahrern. Ob es freilich das Leipziger Sicherheitsempfinden stärkt, wenn der Ordnungsdienst nun auch noch als Polizeibehörde beschriftet durch die Gegend fährt, ist wohl eine Frage, die sich der Stadtrat genau überlegen sollte.

Der Chemnitzer Beschluss zum Stadtordnungsdienst.

Der Antrag der Leipziger CDU-Fraktion – mit Begründung.

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