Dass in Leipzig die Zahl der Sanktionen gegen ALG-II-Empfänger trotz guter Konjunkturentwicklung nach wie vor so hoch ist, hat natürlich auch damit zu tun, dass es für einige tausend Betroffene überhaupt keine sinnvollen Angebote gibt. Sie werden in oft in völlig sinnlose Maßnahmen gestopft, obwohl es eigentlich genug öffentliche Träger gibt, die dringend nach Leuten suchen. Das braucht einen Plan, findet die SPD-Fraktion.

Sie spricht zwar nicht von einem Plan, sonst könnte ja noch jemand auf die Idee kommen, die Verantwortlichen in der Leipziger Stadtverwaltung wären in dieser Sache ziemlich planlos. Sie spricht lieber von Richtlinien, die erarbeitet werden sollen, und bürokratischen Hürden, die gesenkt werden sollen.

Was schon eine Überraschung ist nach all den fadenscheinigen Erfolgsbilanzen, die das Jobcenter dem Stadtrat vorgelegt hat: Dass überhaupt eine Fraktion wagt, dieser Institution bürokratischen Mauerbau vorzuwerfen.

Die Sozialdemokraten haben das in einen Antrag mit dem Titel „Öffentlich geförderte Beschäftigung dem Leipziger Arbeitsmarkt anpassen“ gepackt, der am 18. Oktober erstmals in der Ratsversammlung zur Lesung kommt.

Beschlossen werden soll am Ende: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der Trägerversammlung des Jobcenters Leipzigs eine Überarbeitung der Richtlinien und Hinweise für die öffentlich geförderte Beschäftigung (ögB) zu erreichen.

Eine Überarbeitung soll die übermäßigen bürokratischen Hürden für die Träger senken und sich dazu an den in der Begründung aufgeführten Punkten orientieren.“

In der Begründung des Antrags wird die SPD-Fraktion dann noch deutlicher: „Der Sektor der öffentlich geförderten Beschäftigung in Leipzig ist überschaubar. Dies hängt auch damit zusammen, dass die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Stadt in den vergangenen Jahren überaus positiv war und die Arbeitslosigkeitsquote nunmehr bei 7,8 % und somit auf einem langjährigen Tiefstand ist. Gleichzeitig gibt es noch immer mehrere tausend Langzeitarbeitslose, deren berufliche Wiedereingliederung erstrebenswert ist. Dazu können die Maßnahmen im Bereich der ögB ein wichtiger Baustein sein.“

Und dann verweist man darauf, dass in anderen Jobcentern längst einfache Regeln gefunden wurden, wie Betroffene leicht in öffentlich geförderte Beschäftigung vermittelt werden können: „In vielen Jobcentern gibt es eine grundlegende Übereinkunft, welche Ziele mit der ögB erreicht werden sollen und welche Mittel sich dafür eignen. In den Unterlagen des Leipziger Jobcenters fehlt eine Grunddefinition allerdings völlig.“

Aber in den letzten Jahren haben sich ja lauter grimmige Politiker alle Mühe gegeben, den möglichen Trägern die Schaffung solcher geförderten Stellen fast unmöglich zu machen. Und das Jobcenter Leipzig hat die Mauern besonders hoch gebaut.

Diese Kritik aus der SPD-Fraktion darf man durchaus aufmerksam lesen: So deutlich wagte in Leipzig lange niemand zu werden.

„Ungeachtet dessen gibt es einen umfangreichen Katalog an Einschränkungen und Vorgaben für die Träger der ögB-Maßnahmen, die eine Erwirtschaftung von Eigenanteilen zur Finanzierung der Maßnahmen erheblich erschweren und die Heranführung der Arbeitslosen an den ersten Arbeitsmarkt behindern, da sie oft nur realitätsfremde Tätigkeit in eingeschränktem Maß übernehmen dürfen. Mit diesen Vorgaben geht das Jobcenter weit über die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (Januar 2017) und vergleichbarer Jobcenter hinaus und schränkt die geschäftlichen Aktivitäten der Träger deutlich über das Maß des Nötigen zur Einhaltung der Wettbewerbsneutralität ein.“

Da bleibt durchaus die Frage im Raum stehen: Wer ist eigentlich persönlich für diese zusätzlichen Schikanen verantwortlich? Darf man das überhaupt fragen in Leipzig?

In den Vorschlägen zur Überarbeitung der Richtlinien merkt die SPD-Fraktion so einiges an, was da im Leipziger Jobcenter falsch läuft und wo das JC Leipzig sogar deutlich über seine Kompetenzen hinausgeht.

Das betrifft zum Beispiel alle „Vorgaben, die in die betriebswirtschaftlichen Prozesse oder innerbetriebliche Organisation der Träger eingreifen (Schutzgebühr bei Transporten, Vorgaben zu Käuferkreis, Preisgestaltung, Verkaufsverbote, etc.), da diese in erheblichem Umfang über die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (BfA) hinausgehen“. Da beschäftigt das Jobcenter also extra Leute, die das alles prüfen und damit das amtliche Misstrauen gegen die „Klienten“ auch noch auf die Träger ausweiten. Motto: In Leipzig sind alles nur Spitzbuben.

Das Denken scheint in der Behörde fest verankert zu sein.

Andererseits erfährt kein Mensch, welche Träger in Leipzig überhaupt gefördert werden. Da fordert die SPD-Fraktion eine schlichte Transparenz, wie das auch in Dresden der Fall ist. Ämtern, die was zu verheimlichen haben, darf man durchaus mit deutlichem Misstrauen begegnen.

Die Liste dessen, was die SPD-Fraktion vorschlägt, ist noch deutlich länger, reicht von sinnlosen Obergrenzen bis hin zu intransparenten Anrechnungen.

Deswegen hängen wir den Antrag einfach mit an.

Vielleicht bekommen dann auch die möglichen Maßnahme-Träger irgendwann ein Gefühl dafür, welche Art Stellen in Leipzig unbürokratisch und sinnvoll gefördert werden, wie groß das Kontingent ist und was der Träger(-verein) selbst dafür aufbringen muss, ohne in einem Dickicht von bürokratischem Abrechnungsgewirre zu landen.

Der Antrag der SPD-Fraktion.

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