Es gibt Themen, die kehren alle Jahre wieder auf den Tisch des Leipziger Stadtrates zurück – genauso ungeklärt wie vor Jahren. Das betrifft auch die Zukunft der Leipziger Icefighters, die jetzt für ein paar Jährchen nach Taucha ausweichen konnten. Aber das Taucha-Abenteuer geht auch zu Ende. Jetzt machen Leipzigs Ratsfraktionen lauter Vorschläge, wie man dem Eishockey-Club kurzfristig helfen könnte. Aber eigentlich hilft das nichts, kommentieren das die Grünen.

Die erste Vorlage für die Stadtratssitzung hatten ursprünglich die Mitglieder des Fachausschusses Sport gemeinsam verfasst. Sie wünschten eigentlich nur eine Prüfung, „unter welchen Bedingungen, in welcher Höhe, in welcher Form, an welchen Empfänger und ggf. unter welchen dinglichen Rechten ein finanzieller Zuschuss zur Betreibung einer überdachten Eisfläche durch die Stadt Leipzig bzw. andere Fördermittelgeber gewährt werden kann. Diese Prüfung ist dem Stadtrat bis zum 31.01.2018 vorzulegen. Auf Grundlage dieses Prüfergebnisses behält sich der Stadtrat vor, eine Entscheidung zu treffen, ob und ggf. in welcher Höhe eine Förderung beschlossen wird.“

Vernünftiger geht es nicht. Solange kein belastbares Prüfergebnis vorliegt, kann kein Mensch abschätzen, was eine nachhaltige Etablierung der Icefighters in der Stadt eigentlich kosten würde.

Aber in der letzten Zeit prasselten lauter Änderungsanträge ins Ratsinformationssystem. Unter anderem aus der Freibeuter-Fraktion, die für eine kurzfristige Lösung mit Unterstützung der Stadt in Höhe von bis zu 200.000 Euro eintritt.

„Der Eissport in Leipzig bedarf einer schnellen Lösung. Wir haben die einmalige Chance, die Icefighters Leipzig kurzfristig nach Hause zu holen, den Leipzigern endlich wieder das Eislaufen zu ermöglichen. Mit dem Kohlrabizirkus ist ein Standort im Gespräch, der kurzfristig hergerichtet werden könnte“, erklärte Naomi-Pia Witte, die als Freidemokratin die Freibeuter im Fachausschuss Sport vertritt.

Mit Blick auf die eher langfristigen Lösungsvorschläge der anderen Fraktionen appelliert Witte an die Stadtratskollegen, die eigenen Befindlichkeiten hintanzustellen: „Wir haben keine Zeit, wir haben keine freien Flächen für eine neue Eishalle, aber wir haben einmalig bis zu 200.000 Euro für die Icefighters Leipzig! Die Stadt selbst sieht beihilferechtliche Regelungen eingehalten. Weitere finanzielle Mittel wird der Verein von Privat einwerben können.“

Zeitdruck ist kein guter Ratgeber in solchen Situationen

200.000 Euro würden hinten und vorn nicht reichen, auch wenn sich die Ratsfraktionen die Rückkehr der Icefighters so sehr wünschen. Seit Monaten wird zwischen den Fraktionen und insbesondere den Mitgliedern des Sportausschusses diskutiert, ob und wie ein Umzug der Icefighters von Taucha nach Leipzig realisiert und von der Stadt Leipzig unterstützt werden könne. Auf einen gemeinsamen Weg konnte sich der Sportausschuss nicht einigen, sodass nun einzelne Änderungsanträge der Fraktionen zu dem am Mittwoch, 18. April, auf der Tagesordnung des Stadtrates stehenden Antrag „Eine Eishalle für Leipzig“ eingereicht wurden.

„Meine Fraktion hat große Bauchschmerzen mit der anstehenden Entscheidung“, sagt Michael Schmidt, Stadtrat und sportpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Die vorliegenden Optionen sind weder sport- noch finanz- und stadtentwicklungspolitisch nachhaltig. Der Vorschlag, den SPD und Linke eingereicht haben, den Umzug der Icefighters in ein angemietetes Objekt mit 200.000 Euro zu unterstützen, ist nicht mehr als ein Feigenblatt. Bislang steht außer dem Kohlrabizirkus kein anderes Objekt zur Verfügung. Es erscheint vollkommen illusorisch, dass angesichts der notwendigen Vorarbeiten und der damit verbundenen genehmigungsrechtlichen Planung eine Realisierung zur neuen Saison erfolgen könnte.”

Schmidt weiter: “Zudem würden die notwendigen Investitions- und Mietkosten, die zur Realisierung des Eissports im Kohlrabizirkus notwendig wären, ein Vielfaches des vergaberechtlich möglichen städtischen Zuschusses von 200.000 Euro (innerhalb von drei Jahren) erfordern und so eine enorme finanzielle Leistungsfähigkeit des Vorhabenträgers, der Icefighters, verlangen. Dass die mittlerweile einige Jahre zurückliegende Leipziger Eishockey-Historie bereits mehrere Insolvenzen aufzuweisen hat, dürfte auch dem potenziellen Vermieter nicht entgangen sein.“

Auch der von einigen Stadträten in die Diskussion eingebrachte Vergleich des unter Auflagen vom Stadtrat beschlossenen, aufgrund der zwischenzeitlichen Insolvenz aber nicht ausgereichten Zuschusses an den Frauenhandball-Club HCL im vergangenen Jahr sei nicht geeignet, das Problem der Icefightters zu lösen.

„Beim vorliegenden Beschlussvorschlag zur finanziellen Unterstützung des Leipziger Eissports werden keine derart weitreichenden Bedingungen wie seinerzeit beim HCL gestellt. Wie es also um die finanzielle Zukunft der Icefighters angesichts ihrer kühnen Eisdom-Visionen steht, lässt sich überhaupt nicht abschätzen. Dennoch werden von SPD, Linken blindlings 200.000 Euro Unterstützung in Aussicht gestellt, ohne dass sie sagen, wo das Geld herkommen soll“, wundert sich Schmidt.

„Nach meiner Kenntnis beträgt der benötigte Kapitalbedarf in den nächsten drei Jahren mindestens das Sechsfache dessen, was die Stadt Leipzig aus vergaberechtlichen Gründen überhaupt beisteuern könnte. Wie dies seitens des Vereins kompensiert werden soll, ist vollkommen unklar. Die bisher kolportierten Rahmenbedingungen des Finanzkonzeptes gehen von gänzlich anderen Voraussetzungen aus und sind nicht geeignet, diese zentrale Frage zu beantworten. Wenn man auf dieser Grundlage den Verein mit in Aussicht gestellten 200.000 Euro in eine absehbar finanzielle und existenzielle Katastrophe lockt, könnte dies das steuerfinanzierte Ende des Leipziger Eissports sein. Dies in Kauf zu nehmen, werde ich nicht unterstützen.“

Die Zukunft des Leipziger Eissports brauche stattdessen eine nachhaltige Lösung und müsse mit der Sicherheit einhergehen, dass ein möglicherweise damit verbundener städtischer Zuschuss weder verloren ist, noch die Stadt und den Club in Verpflichtungen begibt, aus denen sie nicht ohne größeren Schaden wieder herauskommen, fordert Schmidt.

„Denkbar wäre beispielsweise die interimistische Zurverfügungstellung des städtischen Grundstücks am Deutschen Platz, sollte das zuständige Landratsamt den Weiterbetrieb am derzeitigen Standort weiter blockieren. In einem zweiten Schritt muss dann gemeinsam an einem langfristigen und finanziell tragfähigen Konzept gearbeitet werden“, so Schmidt.

„Wer hingegen suggeriert, dass eine kurzfristige Lösung mit städtischer Unterstützung im Kohlrabizirkus möglich wäre, betreibt nichts als Augenwischerei. An einem öffentlichen Überbietungswettbewerb kurzsichtigen Verschleuderns von Steuermitteln wird sich meine Fraktion daher nicht beteiligen und sich stattdessen weiter aktiv für eine nachhaltige Lösung für den Leipziger Eissport einsetzen.“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar