Nachdem es über drei Jahre nicht voranging an der inneren Jahnallee und sich die Unfälle mehrten, geht es nun Schlag auf Schlag. Während Volker Holzendorfs (Grüne) Petition für einen sogar ganz gegen Pkw abgesperrten Radweg bereits die 2.000er Unterstützermarke unter den Leipzigern übersprungen hat, möchte nun die Linksfraktion im Leipzig Stadtrat Nägel mit Köpfen machen. In einem Antrag vom 15. Juni fordert sie: Die Parkplätze auf der inneren Jahnallee entfallen, es werden beidseitig Radwege geschaffen und eine Extraregelung für die Belieferung der Geschäfte muss her.

Und es könnte schnell gehen. Weil es die Linken als Änderungsantrag zum bevorstehenden Beschluss über ein neues Anwohnerparken mit Parkraumbewirtschaftung im Waldstraßenviertel formulieren, könnte bereits am 22. August 2018 die Entscheidung über mehr oder weniger schwere Unfälle im Nadelöhr innere Jahnallee fallen. Weshalb die Linken ihren Änderungsantrag mit dem geplanten Anwohnerparken einleiten und so versuchen, eine schlüssige Lösung für die Zukunft in einem Durchgang zu realisieren.

„Im Zug der Einführung des Anwohnerparkens wirkt die Stadtverwaltung darauf hin, dass das Parken am südlichen und nördlichen Fahrbahnrand bis auf vereinzelte, zeitlich begrenzte Anlieferparkplätze in der inneren Jahnallee (zwischen Waldplatz und Ranstädter Steinweg) verboten wird.“ Um hier einen „Auto-Kompromiss“ für die motorisierten Kunden der Ladengeschäfte und Restaurants an der inneren Jahnallee einzuschließen, sollen, „so notwendig, zusätzliche Kurzzeitparkplätze in den Seitenstraßen südlich der Jahnallee geschaffen“ werden.

Während also im Waldstraßenviertel das Aufstellen von Parkscheinautomaten und die Parkraumbewirtschaftung beginnen wird, sollen die wenigen Pkw-Kunden der Geschäfte auf der Jahnallee Kurzparkmöglichkeiten von bis zu einer Stunde im Beginn der Seitenstraßen (wie der Funkenburg zum Beispiel) erhalten. Anwohner könnten dann weiterhin kostenfrei mit einem Anwohnerparkausweis tiefer im Viertel ihre Autos abstellen.

Für die Anlieferung von Getränken und Waren sollen, so die Linksfraktion, „zeitlich befristete Anlieferparkplätze in Absprache mit den anliegenden Geschäften geschaffen werden.“ Ebenfalls am 15. Juni haben zudem die Grünen den Antrag eingebracht, auch ein paar Flächen für Carsharingangebote in der Gegend rings um die innere Jahnallee auszuweisen. Ein Angebot auch an die Anwohner, mal auszurechnen, ob sie den privaten Pkw-Besitz nicht lieber gegen ein „Fahrzeug to go“ tauschen wollen.

Das Märchen von den „leidenden Geschäften“ bei einem Parkverbot

Fragt man zum Beispiel den Chef des Grill- und Dönerrestaurants “Aspendos” auf der Höhe der inneren Jahnallee, wo der letzte Unfall mit einer schwerverletzten Radfahrerin und einer Straßenbahn geschah, schaut er kurz auf die Blechlawine vor seinem Laden, lacht und sagt: „Alle die hier parken, sind nicht meine Kunden. Die kommen ja mit dem Fahrrad, zu Fuß und sind fast immer hier aus dem Viertel.“

Ähnlich sind längst die Einschätzungen vieler Ladenbetreiber von Fleischereien über “den besten Pizzaladen der Stadt” bis hin zum Spätverkauf auf der Meile oder dem Asialaden am Eck zur Lessingstraße.

Ihnen ist zudem eher an ihren Freisitzen gelegen, an denen sich von Frühling bis Herbst Gäste niederlassen. Die Chance, dass hier zukünftig weniger oft Fußgänger mit Radfahrern auf dem Gehweg kollidieren oder direkt vor dem Laden Menschen auf der Straße bluten, ist wertvoller, als der Blick vom Freisitz auf abgestelltes Blech unbekannter Herkunft oder oft genug dauergeparkte Anwohnerautos.

Auch den Konsum an der Jahnallee sieht man mehr Fußgänger verlassen, als dass hier Schnellkäufer mit Pkw vorfahren – die stehen längst um die Ecke bei Aldi oder REWE in der Elsterstraße auf dem Kundenparkplatz.

Was auch die Linke und ihre ebenfalls an der Jahnallee wohnende Stadträtin Franziska Riekewald bemerkt haben. Weshalb der Antrag zur Radwegmarkierung und dem Halteverbot mit einer realistischen Beschreibung endet. „… die Händlerstruktur hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Jahnallee ist jetzt vor allem durch Restaurants und Cafés geprägt. Diese werden vor allem von Einheimischen besucht, sodass ein Parkplatz vor der Tür nicht mehr notwendig ist. Für die Geschäfte, die auf die Anlieferung in der Jahnallee angewiesen sind, sollen nach dem Vorbild in der Karl-Liebknecht-Straße und Peterssteinweg zeitlich befristete Anlieferparkplätze in Absprache mit den anliegenden Geschäften geschaffen werden.“

Das Geschäft brummt übrigens besonders, wenn sich Fußgängermassen vor oder nach einem RB Leipzig-Spiel oder einem Konzert am nahegelegenen Arena-Gelände bewegen. Der erfreuliche Rest ist unter anderem das Mittagsgeschäft mit umliegenden Mitarbeitern in Büros, Arztpraxen und so manchem Anwohner.

Stadtverwaltung und LVB als Interessenten einer Lösung

„In den Jahren 2015 bis 2017 gab es 20 Unfälle mit Personenschäden auf der inneren Jahnallee. Laut Aussage der Verwaltung hätten mit Herausnahme des ruhenden Verkehrs 11 Unfälle davon wahrscheinlich verhindert werden können.“, schreibt die Linke noch. Die Unfallkommission der Stadt hat jedenfalls verstanden, dass die Lage schlicht zu unübersichtlich ist, fährt man als einer von täglich 15.500 Pkw-Lenkern oder geschätzt 4.000 Radfahrern in die innere Jahnallee ein.

Das klingt nach einer vorgezogenen Zustimmung der Stadtverwaltung zum Plan, das Zuparken einer Fahrspur je Richtung an der inneren Jahnallee zu beenden und für die Radfahrer zu reservieren. Und so dem gestiegenen Aufkommen an Radfahrern ebenso Rechnung zu tragen wie der Frage, warum die Fußgänger sich weiterhin mit den Radlern einen mit Freisitzen zugestellten Fußweg teilen sollen. Hinzu kommt, dass eine flüssigen Durchquerung von immerhin 800 Bahnen der LVB am Tag auf dieser Teilstrecke zwischen Zentrum und Lindenau längst unmöglich ist.

Wer hier “Tempo 30” fordert, kann dem ÖPNV mal probehalber längst bei durchschnittlich “Tempo 20” im Schnitt täglich zuschauen.

Die Vorlage der Stadtverwaltung zum Anwohnerparken und die Parkraumbewirtschaftung im Waldstraßenviertel (PDF)

Der Antrag der Linksfraktion vom 15. Juni 2018 (PDF)

Die Grünen haben ua. noch Erweiterungsvorschläge für Carsharingflächen

Die Petition von Volker Holzendorf

Online-Petition zur Inneren Jahnallee fand schon über 1.000 Unterstützer in zwei Wochen

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Tod auf dem Rad

(für Freikäufer, aus der LEIPZIGER ZEITUNG Nr. 55, Mai 2018)

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